Ein Artikel von Dag Rodewald, Head ETF & Index Fund Sales Deutschland & Österreich bei UBS Asset Management
Bei der Frage, wie „nachhaltig“ ETFs überhaupt sein können, steht diese Anlageklasse vor dem gleichen Problem wie jede andere auch: Dem Mangel an einer einheitlichen und klaren Definition des Begriffs Nachhaltigkeit. Das Beispiel Atomenergie veranschaulicht dies sehr gut. Während sie in Deutschland schon seit vielen Jahren unter anderem vor dem Hintergrund der ungeklärten Endlagerthematik als nicht nachhaltig gilt, haben unsere Nachbarn in Frankreich und Polen durchaus einen wohlwollenderen Blick auf Kernenergie. Auch die EU-Kommission hat im vergangenen Jahr Atomkraft und Erdgas als unter bestimmten Bedingungen klimafreundlich eingestuft.
ETF-Investoren haben unterschiedliche Ansprüche
Hinzu kommen unterschiedliche Ansprüche auf Investorenseite. Beispielsweise möchten manche Anleger unter keinen Umständen in Unternehmen aus dem Bereich fossiler Brennstoffe investieren. Andere wiederum sehen im „Engagement“ eine Chance zur Verbesserung der Situation und investieren in Unternehmen, die sich dazu verpflichten, ihren Kohlenstoffverbrauch im ersten Schritt zu reduzieren. Daher wird eine breite Diversifizierung von Indizes immer wichtiger. Sie unterscheiden sich vermehrt durch verschiedene Ausschluss- und Filterprinzipien, um die differenzierten Ansprüche abbilden zu können.
Institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen hingegen unterliegen oftmals strikten Vorgaben, vor allem im Hinblick auf die Abweichung vom Mutterindex. So darf oft der Trackingerror zum Mutterindex für diese Investorengruppen aus Rendite-Risiko-Abwägungen nicht zu hoch sein, was wiederum besonders strenge Auswahlkriterien, wie sie beispielsweise bei SRI-Indizes (Socially Responsible Investing) angewendet werden, ausschließen kann. Für die Vermögensverwaltungen wiederum kann ein ETF auf SRI-Grundlage jedoch genau die richtige Nachhaltigkeitslösung darstellen, aber am Ende nur noch ein Viertel des ursprünglichen Anlageuniversums widerspiegeln.
Auf das G in ESG achten
Im Zusammenhang mit Nachhaltigkeits-ETFs sollten Anleger besonders die Unternehmensführung, das heißt das „G“, das in ESG-Investitionen (Environment, Social, Governance) steckt, immer im Blick haben. Analysen zeigen, dass Unternehmen, die in allen Bereichen gut und nachhaltig geführt werden, deutlich seltener in Unternehmensskandale verwickelt sind als Unternehmen, die hier weniger gut bewertet werden. Daher steht die Bewertung von „Governance“ bei vielen Nachhaltigkeitsanalysen an erster Stelle.
Für Anbieter von ETFs heißt das alles: Den „einen“ nachhaltigen ETF kann es nicht geben. Die Frage, was „nachhaltige“ Investitionen eigentlich sind, ist stark vom individuellen Anleger abhängig. Deshalb sind diese mit in der Verantwortung. Sie selbst müssen sich zuallererst fragen: Welche nachhaltigen Aspekte sind für mich bei meinen Investitionen am wichtigsten? Die ETF-Industrie ist mittlerweile so flexibel und breit aufgestellt, dass sie durch die Entwicklung unterschiedlichster Indizes eine große Bandbreite an Anlegerbedürfnissen abdeckt.
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