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Assekuranz bAV allgemein

bAV-Kompetenzrating: 80% der Anbieter laut IVFP „exzellent“

Das IVFP hat sein aktuelles bAV-Kompetenzrating vorgelegt. Seit dem Erstrating im Jahr 2010 hat sich die Anzahl der Anbieter, die die Bestnote erhalten, deutlich erhöht. Dieses Jahr konnten sich 18 von 23 teilnehmenden Anbietern die höchste Bewertung sichern.

Eine betriebliche Altersversorgung (bAV) kann eine wichtige Komponente zur zusätzlichen Vorsorge für das Leben nach der Erwerbstätigkeit sein. Allerdings: Laut dem Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) ist die bAV eine der wichtigsten, aber zugleich auch komplexesten Eckpfeiler im Bereich der Altersvorsorge.

Neben der Produktseite sei auch die „bAV-Kompetenz“ der Anbieter von großer Bedeutung, so das IVFP. Nun hat das Rating- und Analysehaus die aktuelle Auflage seines bAV-Kompetenzratings veröffentlicht. Das Rating, welches erstmals im Jahr 2010 aufgelegt wurde, wurde nun zum achten Mal durchgeführt. Die Untersuchung basiert auf einer interaktiven Analyse von 87 Einzelkriterien, die in die vier Teilbereiche Beratung, Haftung, Service und Verwaltung eingeteilt sind. Die finale Gesamtbewertung ergibt sich aus den gewichteten Teilbereichsnoten.

Aktuell deutlich mehr Anbieter mit Höchstbewertung

Seit dem Beginn im Jahr 2010 haben durchschnittlich 26 Anbieter an dem freiwilligen Rating teilgenommen. 13 Anbieter sind seit dem Auftaktrating mit dabei. Dabei hat sich die Quote der Anbieter, die Bestnoten erhalten, deutlich verbessert. „Im Rating 2010 vergab das IVFP fünf Mal die Bestbewertung – was einer Quote von ca. 20% der Teilnehmer entsprach“, erklärt Prof. Dr. Thomas Dommermuth, Gesellschafter und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des IVFP. „14 Jahre später hat sich die Anzahl auf 18 erhöht und entspricht einer Quote von knapp 80% – gemessen an den 23 teilnehmenden Anbietern 2024.“

IVFP verzichtet auf Nennung von niedriger bewerteten Anbietern

Wie gewohnt verzichtet das IVFP darauf, Tarife auszuweisen, die eine schlechtere Bewertung als „sehr gut“ erhalten. Laut den Analysten soll dadurch einer „negativen Berichterstattung über Anbieter entgegengewirkt werden, deren Strukturen sich beispielsweise noch im Aufbau befinden, die sich aber dennoch bereiterklärt haben, am Rating teilzunehmen“.

Auch werden die Anbieter nur alphabetisch aufgeführt und nicht in der Reihenfolge ihrer Bewertungsergebnisse. Als Begründung dazu schreibt der IVFP: „Kompetenz kann nicht auf eine einzelne Stelle hinter dem Komma heruntergebrochen werden – teilweise würden Rangfolgen entstehen, bei denen sich Anbieter nur in Nuancen unterscheiden“.

Diese Anbieter sind „exzellent“

Die Unternehmen, die die Gesamtnote „exzellent“ erhalten haben, sind: Allianz, Alte Leipziger, AXA, Bayern-Versicherung, Canada Life, Continentale, Dialog, die Bayerische, ERGO, Generali, HDI, LV 1871, SIGNAL IDUNA, Stuttgarter, Swiss Life, Württembergische, WWK sowie Zurich. Die Bewertung „sehr gut“ erhalten die neue Leben sowie der VOLKSWOHL BUND. (js)

Die Gesamt- und Teilbewertungen sowie die Bewertungsgrundlage kann hier eingesehen werden.

Bild: © opolja – stock.adobe.com

 

Angebot für Sozialpartnermodell im Chemie-Tarifbereich erweitert

Die chemische und pharmazeutische Industrie kann ihren Beschäftigten bald ein neues Angebot für das Sozialpartnermodell machen. Die ZielrenteCHEMIE steht Unternehmen und Mitarbeitenden ab Dezember 2024 über die Höchster Pensionskasse zur Verfügung.

Die Sozialpartner der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und Chemiegewerkschaft IGBCE, haben der neuen ZielrenteCHEMIE in ihrem Tarifbereich zugestimmt. Durchgeführt wird sie von der Höchster Pensionskasse und gemeinsam mit dem globalen Vermögensverwalter Fidelity International organisiert.

Zweites Angebot im Chemie-Tarifbereich

Es ist das zweite Angebot auf Basis des 2022 im Tarifvertrag eingeführten Sozialpartnermodells Chemie, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Für die rund 1.700 Unternehmen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie bedeute dies, zum ersten Mal die Möglichkeit zu haben, ihren Mitarbeitenden über eine Pensionskasse eine moderne betriebliche Altersvorsorge (bAV) in Form der reinen Beitragszusage anzubieten.

Höhere Rentenleistung und mehr Sicherheit

Insbesondere aufgrund der höheren Freiheitsgrade in der Kapitalanlage können die Beschäftigten demnach eine höhere Rendite auf ihre Sparbeiträge und damit auch eine höhere Rentenleistung erwarten. Ein zusätzlicher Arbeitgeberbeitrag soll die Sicherheit des Systems stärken. Mit diesen Beiträgen wird ein kollektiver Sicherungspuffer geschaffen, der mögliche Rentenschwankungen ausgleichen soll.

War for Talents

Bei dem Sozialpartnermodell denken die Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie vermutlich auch an den Wettbewerb um die besten Talente. Für teilnehmende Arbeitgeber seien zudem der einfache Anschluss an die ZielrenteCHEMIE, ein hohes Maß an Planungssicherheit, die Eliminierung von Haftungsrisiken sowie die nicht bestehende Beitragspflicht in der gesetzlichen Insolvenzsicherung von Vorteil.

Kapitalanlage mit höherer Aktienquote

Kernelement der ZielrenteCHEMIE sei eine robuste Kapitalanlage mit einer höheren Aktienquote, wie es weiter heißt. Die Sozialpartner und die Höchster Pensionskasse setzen beim Management von Versorgungskapital maßgeblich auf die Expertise von Fidelity International. Ziel ist eine langfristig attraktive und vergleichsweise schwankungsarme Rendite. Die Beiträge für die späteren Betriebsrenten werden über verschiedene Anlageklassen, Länder und Regionen sowie Branchen hinweg breit gestreut. Die ZielrenteCHEMIE über die Höchster Pensionskasse steht für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden ab Dezember 2024 bereit.

Zukunftsfestes Modell und Vorbild

„Die ZielrenteCHEMIE ermöglicht unseren Mitgliedern eine weitere attraktive Form der betrieblichen Altersversorgung“, sagt IGBCE-Tarifvorstand Oliver Heinrich. „Dass es im Chemie-Tarifbereich nun ein zweites Angebot für ein Sozialpartnermodell gibt, ist eine gute Entwicklung, die beweist, dass das Modell zukunftsfest und gefragt ist. Gleichzeitig kann es so zum Vorbild für weitere Branchen und Unternehmen werden.“

(lg)

Bild: © sdecoret – stock.adobe.com

 

CHARTA und Xempus starten Zusammenarbeit

Der Maklerverbund CHARTA Börse für Versicherungen AG und der Technologieanbieter Xempus kooperieren. Somit erhalten an CHARTA angebundene Makler Zugang zur Plattform von Xempus. Über diese können Vermittler zu bAV, bKV und betrieblicher Arbeitskraftabsicherung digital beraten.

Im Rahmen der neuen Kooperation zwischen der CHARTA Börse für Versicherungen AG und der Xempus AG können alle an den Düsseldorfer Maklerverbund angeschlossenen Vermittler die Plattform von Xempus vollumfänglich nutzen. Mit dem Portal beraten und verwalten Vermittler die betriebliche Altersversorgung (bAV), die betriebliche Krankenversicherung (bKV) sowie die betriebliche Arbeitskraftabsicherung (bAKS) ganzheitlich und digital. Zudem ermöglicht der Verbund den kostenfreien Bezug von Arbeitnehmer-Infoportalen, mit denen Arbeitgeber ihre Beschäftigten zu ihrem bAV-Angebot informieren können. Der „XEMPUS manager“ soll zudem zudem die Verwaltung größerer Versorgungsverträge erleichtern.

„Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Xempus und dem damit verbundenen Mehrwert für unsere Mitglieder. Mit dem umfangreichen Onboarding-Service, den wir gemeinsam mit Xempus anbieten, richten wir uns nicht nur an versierte Vermittlerinnen und Vermittler im Bereich der betrieblichen Vorsorge, sondern auch an jene, die in der stetig wachsenden Nachfrage durch Arbeitgeber ein neues Potenzialfeld für sich erkennen“, erklärt Marvin Pfanschilling, Leiter Vertrieb & Marketing bei der CHARTA Börse für Versicherungen AG.

„Die ganzheitliche Beratung in der betrieblichen Vorsorge gewinnt zunehmend an Bedeutung. Arbeitgeber erkennen den Wert der betrieblichen Vorsorge und wollen verstehen, wie sie für ihre Belegschaft ein passendes Versorgungskonzept erstellen können. Digitale Beratungsstrecken helfen dabei, die Bedürfnisse des Arbeitgebers zu analysieren und mit wenigen Klicks eine individuelle Lösung zu entwickeln“, betont Martin Bockelmann, Gründer und Co-CEO der Xempus AG. „Daher freuen wir uns, die CHARTA als Technologieanbieter auf diesem Weg zu unterstützen und die betriebliche Vorsorge für alle einfach und effizient zu machen.“ (tik)

Bild: ©  Artern – stock.adobe.com
 

bAV-Reform: Es dürfte auch ein bisschen mehr sein

Seit Kurzem ist das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz auf den Weg gebracht, der Entwurf zur bAV-Reform steht zur Diskussion. Der bAV-Fachverband aba geht davon aus, dass die geplanten Maßnahmen mehr Menschen in die bAV führen werden. Es ginge aber noch besser, so die Ansicht des Verbands.

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist eine wesentliche Säule der Altersvorsorge in Deutschland und leistet einen entscheidenden Beitrag zur finanziellen Absicherung im Ruhestand. Allerdings kam die Verbreitung der bAV zuletzt immer mehr ins Stocken, was nun mithilfe eines zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) geändert werden soll. Ein entsprechender Reformentwurf ist im Umlauf und steht zur Diskussion.

Der Entwurf (bAV: Referentenentwurf zum BRSG II geht in Ressortabstimmung) setzt grundsätzlich weiterhin auf eine freiwillige bAV (erleichtert aber firmeninterne Opting-Out-Modelle zur automatischen Entgeltumwandlung) und unter anderem auf eine Erhöhung der Geringverdiener-Förderung sowie eine Weiterentwicklung des Sozialpartnermodells.

Während sich die Versicherer schon zu den geplanten Maßnahmen geäußert hatten und diese in Teilen unterstützt, hatte am Freitag die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) zur Pressekonferenz geladen. Auch vonseiten des anerkannten Fachverbands heißt es, man begrüße den Referentenentwurf. „Die geplanten Änderungen können ein Stück weit helfen, die Betriebsrenten zu stärken und die Verbreitung zu erhöhen”, sagt aba-Vorsitzender Georg Thurnes, schiebt aber hinterher, dass man sich mehr Reformelan gewünscht hätte.

„Optionsmodelle, das zeigen die Erfahrungen im Ausland, sind in der Lage, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu steigern. Es ist daher zu begrüßen, dass in Zukunft auch bei uns mehr Betriebe eine automatische Entgeltumwandlung für ganze Belegschaften rechtssicher vereinbaren können“, erklärt Thurnes. Der Referentenentwurf sehe allerdings als Voraussetzung vor, dass sich der Arbeitgeber mit einem 20%-igen Zuschuss beteiligen müsse. Thurnes befürchtet, dass daran viele solcher Modelle schon im Voraus scheitern würden.

Immerhin eine Erweiterung des Sozialpartnermodells

Beim geplanten Ausbau des Sozialpartnermodells zeigt sich die aba nicht unzufrieden. So soll in Zukunft in einem Arbeitsvertrag ein nicht einschlägiger Tarifvertrag über ein Sozialpartnermodell auch dann in Bezug genommen werden können, „wenn das Arbeitsverhältnis in den Organisationsbereich einer Gewerkschaft fällt, die das Sozialpartnermodell trägt. Der Verband hatte sich zwar für eine nicht-tarifliche Erweiterung des Modells ausgesprochen, erkennt aber auch in der Entwurfsregelung Chancen für eine größere Verbreitung.

Förderung der Geringverdiener mit Haken

Ein weiterer interessanter Aspekt betrifft die Förderung für Geringverdiener. Diese soll mit dem zweiten BRSG dynamisiert werden. „Das Betriebsrentenstärkungsgesetz hat mit dem § 100 EStG ein neues, höchst erfolgreiches steuerliches Fördermodell zum Ausbau der betrieblichen Altersversorgung speziell für Geringverdiener eingeführt. Es ist gut, dass man im Referentenentwurf unserer Empfehlung gefolgt ist und die relevante Einkommensgrenze jährlich in dem Umfang der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ansteigen lassen will“ erklärt Thurnes. Es sei aber bedauerlich, dass es keine Verbesserung der Anreize für Arbeitgeber gebe, die Förderquote bleibe bei 30%.

Nicht zuletzt bedauert die aba auch, dass sich in dem bAV-Reformpaket nichts zur Verbesserung der Direktzusage enthalten sei. Die ertragssteuerliche und handelsbilanzielle Bewertung von Direktzusagen müsse dringend angepasst und so weit wie möglich vereinheitlicht werden, so der Verband, der zum Schluss noch anprangert, dass die Bürokratie weiter hoch bleibe und es wenig Schritte in Richtung Digitalisierung gebe.

Zur Umsetzung des Gesetzesvorhabens hieß es kürzlich noch aus den verantwortlichen Ministerien, dass man zügig vorankommen will. Inhaltlich wird sich wohl noch das ein oder andere zum vorliegenden Entwurf ändern. (bh)

Bild: © Ruzanna – stock.adobe.com

 

„Sehe immer wieder Frauen, die keine Vorsorge getroffen haben“

Frauen stehen häufig im Alter finanziell weniger gut da als Männer. Nicht selten ist ein Faktor für diese Lücke die Care-Arbeit. Auch im Trennungsfall stehen sie oft schlechter da als ihre Partner. Justine Ivakovic weiß aus eigener Erfahrung, welche Auswirkungen dies auf das Leben von Frauen haben kann.

Interview mit Justine Ivakovic, Geschäftsführerin DI Frau GmbH
Frau Ivakovic, Ihr Unternehmen „DI Frau“ fokussiert sich auf Finanzberatung speziell für Frauen. Wie kam es zu dieser Spezialisierung?

Meine Geschäftspartnerin und ich sind beide Scheidungskinder und haben aus erster Hand erfahren, welche finanziellen Herausforderungen eine Scheidung mit sich bringen kann. Frauen sind besonders häufig von finanziellen Schwierigkeiten betroffen, vor allem wenn aus einer Lebenspartnerschaft Kinder hervorgehen. Im Berufsalltag sehe ich immer wieder Frauen Ende 40 bis Mitte 50, die keine eigene finanzielle Vorsorge getroffen haben. Dabei ist es gerade in jungen Jahren, am besten mit dem ersten Einkommen, wichtig, mit dem Aufbau von Rücklagen und Investitionen zu beginnen. Der Faktor Zeit wird oft unterschätzt.

Dass Frauen im Alter häufig weniger Geld zur Verfügung haben als Männer, das ist nichts Neues. Laut Destatis liegt die Rentenlücke aktuell bei 27,1%, ohne Hinterbliebenenrente sogar bei 39,4%. Wie erschreckend sind für Sie diese Zahlen?

Diese Zahlen sind sehr erschreckend! Man muss dabei auch berücksichtigen, dass die Rente selbst bei Männern oft nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu halten. Die Rentenlücke zeigt deutlich, dass viele Frauen im Alter finanziell schlechter gestellt sind und dringender Handlungsbedarf besteht. Entsprechend setze ich mich an unterschiedlichen Stellen für finanzielle Bildung ein.

Überlassen Ihrer Ansicht nach immer noch viele Frauen die finanzielle Vorsorge ihren männlichen Partnern?

Leider ja. Finanzielle Unabhängigkeit bedeutet für mich, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Dies war mir immer wichtig und ist auch mein Ziel für meine Mandantinnen. Schließlich wissen wir alle nicht, was das Leben für uns bereithält. Jede Frau sollte ihre finanzielle Zukunft selbst in die Hand nehmen – denn die Frau bestimmt selbst!

Vor allem Frauen mit Familie erzielen niedrigere Erwerbseinkünfte als Männer. Was sind die besten Strategien, auch mit einem niedrigeren Einkommen vorzusorgen?

Es ist entscheidend, so früh wie möglich mit dem Sparen und Investieren zu beginnen, idealerweise bereits vor der Familiengründung. In dieser Phase sind die finanziellen Mittel in der Regel noch höher, was den Aufbau entsprechender Rücklagen erleichtert und die Elternzeit sorgenfreier gestalten kann. Beim Vermögensaufbau ist es sinnvoll, die verschiedenen Förderungen und Zuschüsse der drei Schichten der Altersvorsorge zu prüfen, um das begrenzte Budget optimal einzusetzen. Frühzeitige Immobilieninvestitionen können ebenfalls ratsam sein. Durch eine Finanzierung wird die Sparrate gehebelt und im besten Fall entsteht ein positiver Cashflow, sodass sich die Immobilie in Elternzeit selbst trägt.

Was sollten Frauen vor und während Ausfallzeiten wie Mutterschutz und Elternzeit beachten?

Im Rahmen der Familiengründung sollten Einkünfte und Ausgaben des gesamten Haushalts sorgfältig geplant und Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben geschaffen werden. Es ist sinnvoll, alle laufenden Fixkosten zu überprüfen und unnötige Ausgaben wie Abonnements zu kündigen. Zudem sollte man sich im Voraus mit den Themen Elterngeld, Kindergeld und anderen Fördermöglichkeiten auseinandersetzen. Sofern die Möglichkeit besteht, kann eine berufliche Weiterbildung oder zusätzliche Qualifikation während der Elternzeit den beruflichen Wiedereinstieg erleichtern.

Im Trennungsfall haben Frauen oft ein finanzielles Problem. Auch wenn es vielleicht unromantisch klingt: Wie können Frauen vorsorgen, um im Fall der Fälle nicht ohne finanzielles Polster dazustehen?

Geld sollte in der Beziehung kein Tabu-Thema sein. Eine transparente und offene Kommunikation in der Partnerschaft ist unerlässlich, insbesondere wenn die Familiengründung dazu führt, dass eine Person überwiegend der Erziehungsarbeit nachgeht und dadurch ein geringeres oder gar kein Einkommen hat. Es ist wichtig, dass Frauen von Anfang an finanzielle Eigenverantwortung übernehmen, unabhängig von ihrem Partner vorsorgen und dies auch während der Elternzeit aufrechterhalten. Frauen sollten zudem eigene Sparkonten und Investitionen haben, um ihre finanzielle Unabhängigkeit zu sichern. Ein gemeinsames Budget und eine klare Aufteilung der finanziellen Verantwortung können dazu beitragen, dass beide Partner gleichermaßen abgesichert sind. Schließlich kann der Abschluss eines Ehevertrags helfen, klare Regelungen für den Fall einer Trennung zu treffen und damit finanzielle Unsicherheiten zu minimieren.

Auch beim Thema Investieren hängen Frauen häufig noch hinterher. Woher stammt diese Zurückhaltung und wie können Frauen sie Ihrer Meinung nach überwinden?

Die Zurückhaltung beim Investieren hat oft historische und kulturelle Gründe. Doch laut dem Aktieninstitut haben 2022 sogar mehr Frauen den Kapitalmarkt neu für sich entdeckt als Männer. Wir sind also auf einem guten Weg. Soziale Medien tragen dazu bei, auf Gender Gaps aufmerksam zu machen, und es gibt spezielle Angebote für Frauen wie unsere Finanz-Bildungs-App „finance, baby!“. Neben digitalen Bildungsangeboten sind auch Netzwerke und Communities wichtig, in denen Frauen sich gegenseitig unterstützen und Erfahrungen austauschen können. Durch gezielte Workshops und Seminare können Frauen ihr Finanzwissen vertiefen und selbstbewusst in ihre finanzielle Zukunft investieren.

Worauf sollten Frauen achten, wenn sie finanzielle Beratung in Anspruch nehmen? Wie findet man hier den richtigen Makler bzw. die richtige Maklerin?

Ich empfehle immer eine ganzheitliche Beratung, da alles irgendwie zusammenhängt. Es macht Sinn, den Status quo sowie die geplanten Lebensphasen, Ziele und Wünsche zu definieren, um darauf aufbauend eine Finanzplanung zu erstellen. Ein guter Berater wird sich Zeit nehmen, um die individuellen Ziele und Bedürfnisse zu verstehen und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Bestenfalls geschieht dies zusammen mit einem CERTIFIED FINANCIAL PLANNER® (CFP®). Hier hat man die Sicherheit, sich in kompetente Hände zu geben. So oder so sollte man sich über die Qualifikationen und Zertifizierungen des Beraters informieren, um sicherzustellen, dass man fundierte und unabhängige Unterstützung erhält.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Justine Ivakovic, DI Frau GmbH

 
Ein Interview mit
Justine Ivakovic

Mehr Vorsorge für Frauen, mehr bAV für die Rente

Der Einkommensunterschied im Alter zwischen Frauen und Männern liegt bei mehr als 40%. Die Gründe für das Gender Pension Gap sind vielschichtig. Eine betriebliche Altersversorgung kann helfen, diese Lücke zu schließen. Auch Berater spielen eine wichtige Rolle.

Ein Artikel von Heinke Conrads, Vorstand der Allianz Lebensversicherung für das Ressort Firmenkunden

Die Diskussion um die Zukunft der Rente und der Altersvorsorge in Deutschland ist gefühlt so alt wie die Rentenversicherung selbst. Aber jetzt scheint ein bedeutender Meilenstein erreicht: Lange wurde über den demografischen Wandel geredet, nun ist er da, wenn jetzt und in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen. Und so laufen Diskussionen um die Erhöhung des Renteneintrittsalters, um mehr Einzahler in der gesetzlichen Rente, um Generationengerechtigkeit und ein sicheres Auskommen im Alter.

Eine Hälfte der Bevölkerung muss sich dabei noch mehr Sorgen machen um das Einkommen im Alter: Frauen. Am Beispiel des sogenannten Gender Pension Gaps zeigen sich drei Punkte, die für die gesamte Systemdebatte bedeutend sind: Erstens sind die Herausforderungen in Sachen Rente und Altersvorsorge vielschichtig, daher gibt es zweitens nicht die eine, alles umfassende Lösung, aber man muss sich drittens der Aufgabe pragmatisch und in einer Kombination von neuen Ideen und bewährten Konzepten stellen. Und es ist eine Binsenweisheit, aber nur zur Erinnerung: Wer die Vorsorge von und für Frauen verbessert, verbessert immer auch das ganze System der Altersvorsorge.

Gründe für Gender Pension Gap vielschichtig

Laut Statistischem Bundesamt liegt das Gender Pension Gap, also der Unterschied im Alterseinkommen zwischen Männern und Frauen, bei mehr als 40%. Selbst wenn Einkünfte aus der Hinterbliebenenrente berücksichtigt werden, liegt das Gender Pension Gap in Deutschland immer noch bei 30%. Eine Ursache ist die unterschiedliche Bezahlung, aber eben nicht nur – die Gründe sind vielschichtig, so der erste Punkt. Frauen arbeiten öfter in Teilzeit, meist beginnend mit der Familiengründung: Zwei Drittel aller Mütter mit minderjährigen Kindern arbeiten nicht voll. Familie, Pflege, Care-Arbeit und ein ungleich schwierigerer Wiedereinstieg in den Beruf lassen eine Summe an Ausfallzeiten auflaufen, die sich nachhaltig negativ auf die spätere Rente auswirkt, und das bei einer um fünf Jahre höheren Lebenserwartung. Die gesetzliche Rentenversicherung berücksichtigt zwar Erziehungszeiten und Pflegezeiten, dennoch reichen die erworbenen Rentenansprüche oft nicht aus, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Ausfallzeiten sowie geringeres Einkommen zeigen ihre Wirkung auch bei der betrieblichen und privaten Vorsorge.

Lösungen müssen in der Breite ansetzen

Und damit zum zweiten Punkt: So vielschichtig die Ursachen, so breit müssen die Lösungen ansetzen. Das beginnt mit Information und Aufklärung in der öffentlichen Debatte, in Medien und Kommunikation, in der persönlichen Beratung. Denn 75% der Frauen in Deutschland sind sich des Gender Pension Gaps überhaupt nicht bewusst, wie eine Befragung der Allianz Lebensversicherung im Frühjahr 2024 ergeben hat. Gut ein Drittel der befragten Frauen weiß nicht, mit wieviel Einkommen sie im Alter rechnen können – aber die Hälfte ist sich sicher, dass das eigene Einkommen im Alter nicht reichen wird. Wo mehr Bewusstsein entsteht, können Betroffene an den oben genannten Wendepunkten des Erwerbslebens gemeinsam mit Partnern und Familie überlegen, wie sie den Ausfall der künftigen Vorsorge kompensieren können. Gemeinsam – denn wenn Frauen später mehr Rente bekommen, steigt das Alterseinkommen der Familie auch.

Die Allianz hat gute Erfahrungen mit dem für jeden kostenlos zugänglichen digitalen Rentenkompass gemacht, mit dem Interessierte ihr künftiges Alterseinkommen transparent machen und planen können. Der Rentenkompass zählt schon über 900.000 Nutzerinnen und Nutzer und ist auch mit der staatlichen Digitalen Rentenübersicht verbunden.

Berater können helfen, Vorsorge ins Bewusstsein zu bringen

Das gilt für Frauen und (!) Männer: Die Vorsorge für die Zukunft erst einmal zum Thema machen, das ist der wichtige erste Schritt, den viele nur zaghaft gehen. Bewusstsein schaffen für die eigene Vorsorge, das ist der Ansatzpunkt von Beraterinnen und Beratern vor Ort: Sie erstellen mit ihren Kundinnen und Kunden einen Plan für die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Um Risiken abzusichern, Vermögen aufzubauen, Lücken zu schließen und sich im Alter auf ein lebenslanges zusätzliches Einkommen verlassen zu können. Lebensversicherer bieten dafür die passenden Lösungen – mit modernen Produkten, mit Zukunftsvorsorge und Vermögensaufbau im Kollektiv, das über lange Zeiträume Ergebnisse glättet, attraktive Anlagechancen nutzt und volatile Entwicklungen ausgleicht.

bAV ist ideale Ergänzung der gesetzlichen Rente

Und Lebensversicherer stehen, um zum dritten Punkt zu kommen, für einen starken Lösungsansatz: die betriebliche Altersversorgung. In ihrer Geschichte reicht die bAV bis ins 19. Jahrhundert zurück, und zugleich ist sie heute so modern und so gefragt wie nie. Über 50% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland haben eine aktive bAV-Anwartschaft – das ist gut, aber da steckt noch Potenzial drin. Die Betriebsrente bietet eine ideale Ergänzung der gesetzlichen Rente, weil hier Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam für ein zusätzliches Einkommen sorgen. Die sinnvolle und notwendige Verbreiterung der bAV ist zuverlässig und kostengünstig möglich, weil die Lebensversicherer über Strukturen und Lösungen verfügen, um Millionen von Menschen zusätzlich eine bAV zu bieten.

Gerade Frauen würde eine Verbreiterung der bAV besonders zugutekommen. Denn sie arbeiten vielfach auch in Branchen, in denen die Durchdringungsquote noch vergleichsweise gering ist, zum Beispiel Handel oder Gastronomie, und sie arbeiten häufig in kleineren Unternehmen, die ebenfalls weniger häufig eine bAV anbieten. Unter den Frauen wächst auch die Akzeptanz für die betriebliche Altersversorgung, wie die Befragung der Allianz ergeben hat: Beim Thema Vorsorge vertrauen 21% der Befragten jetzt schon auf ihren Arbeitgeber – mit 8 Prozentpunkten ein deutlicher Vertrauenszuwachs gegenüber der Befragung vier Jahre zuvor. Auch hier steckt noch einiges an Potenzial, denn zwei Drittel der Frauen fänden mehr gute bAV-Angebote für ihre eigene Vorsorge hilfreich.

Der Ansatz heißt daher, die bAV zu verbreitern: Mit Angeboten für Frauen, Ausfallzeiten nachzuholen, etwa mit Elternzeitmodellen, bei denen vorher oder nachher Beiträge aufgestockt werden. Und natürlich, indem viele weitere Unternehmen dafür gewonnen werden – vor allem mit der Strategie, die Benefits der betrieblichen Vorsorge für Unternehmen darzulegen, um Fachkräfte zu gewinnen und dauerhaft zu halten.

bAV kann zur Bewältigung des demographischen Wandels beitragen

Nochmal ein Blick auf die eingangs genannte große Herausforderung, den demografischen Wandel: Es ist wichtig, darüber hinwegzukommen, das Problem zu beschreiben und nur darüber zu sprechen, wie man Folgen finanziert. Es geht darum, gerade die heute Über-50-jährigen im Arbeitsleben zu halten, sie dafür zu begeistern. Die betriebliche Vorsorge, die neben der bAV auch weitere Elemente beinhaltet, kann hier einen Teil beitragen: Etwa mit Zeitwertkonten zur Schaffung flexibler Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand oder auch mit einer betrieblichen Krankenversicherung als spürbarem Vorteil.

Mehr betriebliche Vorsorge sichert das Einkommen von Familien, stärkt die Wirtschaft und damit auch das System der Altersvorsorge in Deutschland an sich. Auch im Sinne der Solidargesellschaft: Je mehr Menschen im Alter von ihrem Einkommen leben können und nicht auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen sind, umso besser kann man die unterstützen, die Hilfe brauchen.

Bild: © Allianz

 

Selbstständige in Rente: Deutliche finanzielle Einschränkungen

Knapp die Hälfte der ehemals Selbstständigen muss im Ruhestand starke finanzielle Abstriche machen, wie eine HDI-Studie feststellt. Ein Drittel der ehemaligen Selbstständigen bekommt weniger als 700 Euro Rente. Neben Selbstständigen sind Frauen im Rentenalter klar im finanziellen Nachteil.

Eine repräsentative Befragung im Auftrag von HDI Deutschland unter deutschen Rentnerinnen und Rentnern zwischen 63 und 70 Jahren macht teils erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen deutlich. 81% aller Befragten können sich demnach insgesamt weniger leisten als gedacht. 45% der Selbstständigen, 39% der Angestellten und 19% der Beamten können ihren bisherigen Lebensstandard gar nicht halten.

Selbstständige im Ruhestand: Erhebliche finanzielle Einschränkungen

Demnach müssen sich 45% der Selbstständigen im Ruhestand erheblich finanziell einschränken. Für sie wird es damit äußerst schwierig, den Lebensstandard zu halten. So müssen unter den ehemals Selbstständigen 33% trotz oftmals späterem Rentenantritt mit einer Nettorente von unter 700 Euro zurechtkommen. Bei den Angestellten sind es laut HDI-Studie 9%, bei den Beamten 4%.

„Das hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet“

Fabian von Löbbecke, im Vorstand der HDI Lebensversicherung AG verantwortlich für den Bereich Neugeschäft Leben und betriebliche Altersversorgung, sagt: „Selbstständige stehen in der Rente mit Abstand am schlechtesten da. Aber auch Angestellte schöpfen ihre Vorsorgemöglichkeiten nicht ausreichend aus und müssen im Ruhestand auf vieles verzichten. Das hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet. Es zeigt uns, wie nötig es ist, sich rechtzeitig mit der eigenen Rentensituation zu beschäftigen und geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um dem Ruhestand gelassener entgegenzublicken.“

An das frühere „Ich“: Mehr vorsorgen!

Insgesamt würde eine deutliche Mehrheit von 61% rückblickend mehr in die private Altersvorsorge stecken, 32% sogar deutlich mehr. Diese Meinung spiegelt sich auch in den Antworten der befragten ehemals Selbstständigen wider. Hier würden sogar 67% mehr vorsorgen und 44% deutlich mehr. 63% der ehemals Angestellten würden das ebenfalls tun, und 32% würden deutlich mehr vorsorgen. Bei den Beamten würden lediglich 46% mehr vorsorgen, 16% deutlich mehr.

Dem früheren „Ich“ würden 40% der ehemals Selbstständigen einen frühzeitigen Abschluss von Lebens- oder Rentenversicherungen empfehlen. Es folgen mit 37% die Angestellten und mit 29% die Beamten. Mehr Investitionen in Wertpapiere wie Aktien und Fonds würden 43% der Beamten, 37% der Selbstständigen und 23% der Angestellten stecken.

44% der Rentnerinnen können Lebensstandard nicht halten

Im Vergleich zeigt sich zudem, dass 44% der Rentnerinnen ihren Lebensstandard gar nicht halten können. Bei den männlichen Rentnern sind es 34%. Auch der Anteil derjenigen, die nicht privat fürs Alter vorgesorgt haben, liegt bei den Frauen mit 67% noch einmal höher als bei den Männern mit 61%. Im Durchschnitt bekommen die befragten Frauen ca. 1.170 Euro – deutlich weniger als Männer, die 1.450 Euro erhalten. 27% der Frauen waren im Laufe ihres Erwerbslebens mehr als fünf Jahre alleinerziehend. Bei den Männern trifft dies auf lediglich 3% der Männer zu. Außerdem waren 22% der befragten Rentnerinnen aufgrund der Kindererziehung mehr als fünf Jahre ihres Lebens nicht erwerbstätig. Bei den befragten Männern, die heute Rentner sind, nur 1%.

„Es ist erschreckend, schwarz auf weiß zu sehen, wie schlecht insbesondere Frauen im Ruhestand finanziell dastehen“, so Holm Diez, im Vorstand von HDI Deutschland und für das Ressort Bancassurance verantwortlich.

Pessimistischer Blick in die finanzielle Zukunft

Die Hälfte der Befragten glaubt, dass sie den jetzigen Lebensstand in Zukunft noch weiter einschränken müssen. Dieser ist gegenüber dem Erwerbsleben allerdings ohnehin schon oft reduziert. Besonders pessimistisch sehen in diesem Zusammenhang Frauen (53%) und Selbstständige (54%) ihre Zukunft. Bei den Männern gehen 48% von einem schlechteren zukünftigen Lebensstandard aus, bei den Angestellten sind es 52%. Die Beamten liegen bei lediglich 28%.

Über die HDI Rentner-Studie

Die HDI Rentner-Studie wurde in Kooperation mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland durchgeführt. Dafür wurden im Februar 2024 insgesamt 1.053 Rentnerinnen und Rentnern zwischen 63 und 70 Jahren befragt. Die Mehrheit aller Befragten (58%) ist zwischen 63 und 65 Jahren in Rente gegangen. (lg)

Bild: © Goran – stock.adobe.com

 

Wirtschaftsweiser Werding: Wohin steuert die Rentenpolitik?

Das Altersvorsorgesystem in Deutschland ist unter Druck. Vor allem aufgrund des bevorstehenden Renteneintritts der Babyboomer sind Reformen unumgänglich geworden. Wie ist die Lage im Moment? Welche Veränderungen sind angedacht? Und werden sie zeitnah die nötigen Lösungen bringen? Das beleuchtet Prof. Dr. Martin Werding für AssCompact.

Ein Artikel von Prof. Dr. Martin Werding, Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen, Ruhr-Universität Bochum, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Die Renteneintritte der Babyboomer erzeugen in Deutschland in den nächsten 10 bis 15 Jahren einen massiven Alterungsschub. Mit einschneidenden Reformen hat sich die Rentenpolitik Ende der 1980er- und Anfang der 2000er-Jahre schrittweise auf diese seit Langem absehbare Herausforderung vorbereitet. 2018 setzte die damalige Große Koalition eine Kommission ein, die weitere Reformpläne für die nun anstehende Phase akuter demografischer Alterung erarbeiten sollte, aber keinen Konsens erreichte. Im Koalitionsvertrag für die jetzige Legislaturperiode hat sich die neue Bundesregierung von einer Fortsetzung des Reformkurses für die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) weitgehend abgewandt. Geplant sind jedoch Neuregelungen im Bereich der privaten Altersvorsorge sowie der betrieblichen Altersversorgung.

„Rentenpaket II“: Ein Schritt in die falsche Richtung

Die demografische Alterung setzt die Finanzen umlagefinanzierter Alterssicherungssysteme wie der GRV unter Druck. Mit den Reformen der Jahre 2001 bis 2007 wurde in Deutschland eine Reformstrategie eingeschlagen, bei der die daraus resultierenden Lasten zwischen den beteiligten Generationen geteilt werden. Ältere Versicherte sollten länger arbeiten und mit anhaltenden Dämpfungen der Anhebungen ihrer Renten leben. Jüngere Versicherte sollten verstärkt für eine ergänzende Altersvorsorge sparen und gleichzeitig langsam, aber sicher steigende Beitragssätze zur GRV zahlen. In der Folgezeit hat eine unerwartete Trendwende bei der Arbeitsmarktentwicklung in Verbindung mit stark gestiegener Zuwanderung den Anstieg der Beitragssätze zwar aufgehalten, für die Zukunft sind die Perspektiven diesbezüglich aber weiter ungünstig.

Trotzdem beendet das aktuell im Gesetzgebungsverfahren stehende „Rentenpaket II“ die bisher vorgesehene Lastenteilung. Die geplante Fixierung des Sicherungsniveaus gesetzlicher Renten und die bereits im Koalitionsvertrag festgehaltene Absage an weitere Anhebungen der Regelaltersgrenze, die bis 2031 auf 67 Jahre steigt, stellen ältere Versicherte von einer Beteiligung an den ab sofort stark steigenden Lasten der demografischen Alterung frei. Die Rechnung dafür wird einseitig den zukünftigen Beitragszahlern des Rentensystems sowie – wegen eines verstärkten Anstiegs des Bundeszuschusses zur GRV – zukünftigen Steuerzahlern auferlegt.

Ergänzende Kapitaldeckung als Ausweg

Dies engt nicht nur die Handlungsspielräume im Bundeshaushalt bezüglich anderer großer Herausforderungen ein. Es nimmt jüngeren Versicherten auch die Mittel für eine ergänzende, kapitalgedeckte Vorsorge. Dabei bleibt diese für die Lebensstandardsicherung im Alter selbst nach einer Fixierung des Rentenniveaus nötig. Längerfristig könnte sie – und nur sie – sogar einen Ausweg aus dem in der bisherigen Rentenpolitik angelegten Dilemma bieten, dass das Sicherungsniveau der staatlichen Umlage-Renten trotz steigender Beitragssätze ständig sinkt. Darauf hat der Sachverständigenrat neben verschiedenen Optionen für nachhaltige Reformen der GRV in seinem Jahresgutachten 2023/24 deutlich hingewiesen.

Die kapitalgedeckte Altersvorsorge auszubauen, stellt eine ursachengerechte Reform für die Folgen des ausgeprägten Geburtenrückgangs dar, der in Deutschland unmittelbar auf den Babyboom folgte – so wie eine weitere Heraufsetzung des Rentenalters ursachengerecht auf den absehbaren Anstieg der Lebenserwartung reagieren würde. Seit der Einführung der „Riester-Rente“ bildet ergänzende Kapitaldeckung ein wichtiges Element der Reformstrategie zur Bewältigung der demografischen Alterung. Aufgrund von Design-Fehlern und einer lang anhaltenden Niedrigzinsphase ist sie bis heute aber unter ihren Möglichkeiten geblieben.

Mit Spannung ist daher abzuwarten, welche Schritte die Bundesregierung in ihrer verbleibenden Amtszeit noch unternimmt, um die Rahmenbedingungen für die ergänzende kapitalgedeckte Altersvorsorge zu verbessern. Vorbereitungen dafür wurden, anknüpfend an den Koalitionsvertrag, in der Fokusgruppe „private Alterssicherung“ getroffen, deren Abschlussbericht seit dem Sommer 2023 vorliegt. Neben dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz waren in dieser Gruppe die Sozialpartner, verschiedene Stakeholder sowie die Wissenschaft vertreten. Ziel der Beratungen war vor allem, einen verbesserten Ersatz für die „Riester-Rente“ zu entwickeln.

Verbesserter Ersatz für „Riester-Rente“

Einigkeit herrschte in der Fokusgruppe, dass die ergänzende Altersvorsorge einfacher und renditestärker werden muss als bisher. Folgerichtig wurde darüber gesprochen, förderfähige Produkte stärker zu standardisieren und die bisher geforderte Garantie für die eingezahlten Beiträge, die eine Anlage mit hohem Aktienanteil faktisch ausschließt, zu lockern oder sogar aufzugeben. Diskutiert wurde auch darüber, die in Deutschland besonders hohen Vertriebs- und Verwaltungskosten durch weniger Produktanforderungen und Bürokratie sowie intensiveren Wettbewerb bei leichterem Anbieterwechsel zu senken. Weiteres Thema der Beratungen war, den Kunden in der Auszahlungsphase mehr Optionen für die Nutzung ihres Vorsorgevermögens zu geben.

Kein Konsens bestand in der Gruppe darüber, die ergänzende Vorsorge durch eine automatische Einbeziehung aller Erwerbstätigen mit Opt-out-Möglichkeit verbindlicher zu machen, wie es der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten empfohlen hat. Auch zeichnete sich keine Einigung auf ein klar definiertes Standardprodukt ab. Stattdessen stehen im Bericht der Fokusgruppe Konzepte des GDV für ein versicherungsförmiges Produkt mit verringerten Garantien („Bürgerrente“) bzw. des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V. für ein wenig reguliertes „Fondsspardepot“ nebeneinander.

Kurz vor der Veröffentlichung steht schließlich noch ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein „Betriebsrentenstärkungsgesetz II“. Er zielt vor allem darauf, das für die betriebliche Altersversorgung zuletzt eingeführte „Sozialpartnermodell“ mit rein beitragsbasierten Zusagen auf breiterer Basis in die Praxis umsetzen und zumindest hierbei eine automatische Beteiligung mit Opt-out zu realisieren.

Perspektiven

Die Aufgabe, ergänzende Kapitaldeckung der Altersvorsorge auf eine neue Grundlage zu stellen, ist dringlich, da diese immer eine gewisse Ansparzeit erfordert. Hierzu sind schnelle Entscheidungen jetzt also wünschenswert. Durch die derzeit geplanten Reformen der GRV geht dagegen Zeit verloren. In der nächsten Legislaturperiode springt der Beitragssatz schnell auf annähernd 20%. Dann stehen neue Diskussionen über einen vertretbaren Kompromiss für die Entwicklung von Sicherungsniveau und Beitragssätzen an, die unweigerlich auch das Renteneintrittsalter betreffen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Sachverständigenrat Wirtschaft bzw. © Gohgah – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Prof. Dr. Martin Werding

KMU-Studie: Unternehmen im „War for Talents“

Was unternehmen Betriebe, um Fachkräfte zu gewinnen und zu binden? Mit dieser Frage hat sich die Gothaer in einer aktuellen Studie beschäftigt, mit dem Ergebnis: Eine große Mehrheit ergreift bereits Maßnahmen. Nichts zu tun, kann man sich nicht mehr leisten.

Einer aktuellen Studie der Gothaer zufolge ist es bereits für knapp die Hälfte aller kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) herausfordernd, qualifiziertes Personal zu finden. Untätigkeit bei der Mitarbeiterbindung und -gewinnung können sich KMU daher nicht mehr leisten, heißt es in einer Pressemitteilung zur Studie. Die Ergebnisse zeigen: Lediglich 6% der befragten Unternehmen ergreifen keine Maßnahmen, um Fachkräfte zu finden oder zu binden. Aktiv sind dagegen 94%.

 

KMU-Studie: Unternehmen im „War for Talents“

 

Ein weiterer interessanter Aspekt ist zudem: je größer das Unternehmen, desto schwieriger die Personalsuche. Unter den größeren Unternehmen mit 201 bis 500 Mitarbeitenden klagen 59% über dieses Problem, bei den kleineren (ein bis zehn Mitarbeitende) sind es 30%.

Diese Maßnahmen ergreifen Unternehmen zur Mitarbeitergewinnung

 

KMU-Studie: Unternehmen im „War for Talents“

 

Und was tun die Unternehmen konkret, um Mitarbeitende anzuziehen bzw. zu binden? Das Angebot von flexiblen Arbeitszeiten landet mit 49% auf Platz 1. Auch die Möglichkeit zum Home-Office (39%) und attraktive Gehälter (39%) gehören zu den am weitesten verbreiteten Maßnahmen.

Oliver Brüß, Vertriebsvorstand der Gothaer, weist jedoch darauf hin: „Seit Jahren rangieren flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten und attraktive Gehälter auf den ersten drei Plätzen der beliebtesten Arbeitgeberleistungen. Unternehmen müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, dass diese Angebote von Arbeitnehmenden mittlerweile als Standard betrachtet werden. Es braucht schon etwas mehr, um auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt nachhaltig zu überzeugen.“

Je kleiner das Unternehmen, desto seltener ist bAV

Auch das Angebot einer betrieblichen Altersvorsorge (bAV) wird zunehmend genutzt. Derzeit gibt es laut Studie bei 34% der KMU eine bAV für die Beschäftigten. Die bAV ist und bleibt damit die beliebteste Versicherung zur Mitarbeiterbindung. Aber: Je kleiner das Unternehmen, desto weniger wird die bAV als Instrument zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung eingesetzt. Im Gegensatz zu den größeren Unternehmen (48%) bieten bei den kleinen Unternehmen nur 14% eine bAV an.

Wie hoch steht die Gesundheit der Belegschaft im Kurs?

Und wie steht es um die betriebliche Gesundheitsförderung? Insgesamt können 18% der befragten Unternehmen damit bei Miterbeitergewinnung und -bindung auftrumpfen. Darunter fallen etwa Sport- und Entspannungskurse während der Arbeitszeit. Gleichauf liegt das Jobticket (18%); Zeitwertkonten kommen mit 17% knapp dahinter. Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) liegt jedoch erst bei 14%.

Im Gesundheitsbereich fällt auf, dass größere Unternehmen häufiger Gesundheitsleistungen anbieten, und zwar 29%. Nur 7% der Kleinstunternehmen setzen auf betriebliche Gesundheitsförderung. Bei der bKV sieht es ähnlich aus: Bei 5% der Kleinstunternehmen erhalten Mitarbeitende diesen zusätzlichen Krankenversicherungsschutz. Bei größeren Unternehmen sind es 17 bis 18%.

„Die Zahlen zeigen, dass wir weiter an der Durchdringung betrieblicher Gesundheitsangebote arbeiten müssen. Vielen kleineren Arbeitgebern scheint nicht bewusst zu sein, dass eine betriebliche Krankenversicherung eine wirksame und kostengünstige Maßnahme ist, um Fachkräfte von sich zu überzeugen“, meint Dr. Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung. Hinzu komme: „Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen. Es kann daher nur im Interesse eines jeden Arbeitgebers sein, seine Belegschaft möglichst lange fit und gesund zu halten. Dazu können betriebliche Gesundheitsangebote einen wichtigen Beitrag leisten.“

Wissen und Informationen: Beraterinnen und Berater sind gefragt

Auch zum Angebot einer betrieblichen Unfallversicherung wurden die Unternehmen befragt. Insgesamt bieten 12% sie bereits für ihre Beschäftigten an. Die Absicherung der Arbeitskraft, z. B. Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung, liegt bei 11%.

„Fast die Hälfte der Unternehmen, die noch keine Versicherungen als Benefits in ihrem Angebot für die Beschäftigte haben, gibt an, zu wenig Wissen und Informationen über diese Instrumente zu haben“, so Brüß. Empfehlung sei daher, sich von Expertinnen und Experten beraten zu lassen, denn eine starke betriebliche Absicherung biete nicht nur finanziellen Schutz für die Mitarbeitenden, sondern sei auch ein entscheidender Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Talente.

Über die KMU-Studie

2024 befragte die Gothaer Versicherung erneut deutsche KMUs in einer Online-Befragung. Im Zeitraum vom 09. bis 29.01.2024 haben 1.022 Personen teilgenommen, die in ihren Unternehmen für das Thema Versicherungen (mit-)verantwortlich sind. Durchführendes Institut war die HEUTE UND MORGEN GmbH aus Köln. (lg)

Bild: © ink drop – stock.adobe.com; Grafiken: Gothaer

 

Unterfinanzierte betriebliche Versorgungen von GGF

Derzeit dürfte es ca. eine Million Direktzusagen an GGF von Kapitalgesellschaften geben. IVFP-Experte Prof. Dr. Thomas Dommermuth äußert sich zum Thema unterfinanzierte Direktzusage und zeigt Lösungen auf.

Ein Artikel von Prof. Dr. Thomas Dommermuth, Gesellschafter, Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH (IVFP)

Destatis zählt für 2022 rund 815.000 Kapitalgesellschaften, fast ausschließlich GmbH, UG und wenigen AG bzw. SE in den Rechtsformen. Bei durchschnittlich zwei Gesellschafter-Geschäftsführern (GGF) pro Kapitalgesellschaft und schätzungsweise mind. 60% GGF mit bAV, vorwiegend in Direktzusage-Form, kann aktuell von ca. einer Million bestehenden Direktzusagen an GGF von Kapitalgesellschaften ausgegangen werden. Die meisten dieser Verträge sind fehlerhaft bzw. problembehaftet. Entweder wurden Fehler bei Vertragsschluss übersehen oder das Problem entstand im Lauf der Zeit, da Anpassungen an veränderte Rechtsgrundlagen unterblieben sind, Aktiv­bezüge reduziert wurden (mit der möglichen Folge einer gegen § 6a EStG verstoßenden Überversorgung) oder Unterdeckungen entstanden sind (da ­z. B. Rückdeckungsvermögen schlechter rentierte als ­ursprünglich erhofft). Der letzte Punkt ist ein aktuell zu beobachtendes Standardproblem bestehender Direktzusagen. Er belastet die Kapitalgesellschaft, weil die Unterfinanzierung insoweit eine Saldierung gem. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB und eine neutrale Wirkung auf die handelsrechtliche Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) verhindert, aber auch den betroffenen GGF, weil ein angestrebter Verkauf seiner Firmenanteile oft unterbleiben muss, solange sich die unterfinanzierte Direktzusage noch im Unternehmen befindet. Letzteres ist aktuell allgegenwärtig, da sich in der „Babyboomer“-Generation gerade viele von ihrer Firma trennen möchten. Die unterfinanzierte Direktzusage und ihre Problemlösung sollen daher Gegenstand dieses Beitrags sein. Es existieren verschiedene Lösungsalternativen.

Unterfinanzierte betriebliche Versorgungen von GGF
Lösung 1: Ausfinanzierung einer unterdotierten GGF-Versorgung

Ist die Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft in gutem Zustand, ist eine Ausfinanzierung durch Erhöhung des Rückdeckungsvermögens zu erwägen. Das gilt besonders, wenn die GGF-­Versorgung keine reine Kapitalleistung beinhaltet, sondern biometrische Risiken in Form lebenslanger Alters-, Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenverpflichtungen einschließt. Während nämlich Kapitalleistungen auch durch Thesaurierung im Unternehmen angesammelt und damit durch Anlage mit der unternehmensinternen Rendite akkumuliert werden können, addieren sich nicht gedeckte biometrische Risiken zu den schon vorhandenen unternehmensspezifischen Risiken und steigern damit die Gefahren auch für ein florierendes Unternehmen.

Praxistipp

Kurzanalyse

Handelsbilanz: Vorteil ist, dass es gem. §§ 246 Abs. 2 Satz 2 und 253 Abs. 1 Sätze 3 und 4 HGB zur Saldierung und damit grundsätzlich zur Ausbuchung der Pensionsrückstellungen kommt.

Steuerbilanz: Vorteil ist, dass es keine steuererhöhende Auflösung gibt und der Verlauf unverändert bleibt. Nachteil: Die Aufstockung der Rückdeckung durch die Versicherung führt zur Besteuerung des Aktivwertzuwachses in der Anwartschaftsphase. Mit Fonds könnte die Wirkung optimiert werden, diese können aber keine biometrischen Risiken absichern.

Liquiditätsbelastung auf Unternehmensebene: Die Belastung ist teilweise erheblich.

Die Zusatzbeiträge sind oft so hoch, dass der Ausfinanzierung in der Praxis geringe Bedeutung zukommt. Häufig sucht man nach alternativen Möglichkeiten, wie nachfolgend genannt.

Lösung 2: Reduzierung der Belastung aus der GGF-Versorgung
(1) Verschiebung des Rentenbeginns

Eine „lautlose“ und einfach zu praktizierende Maßnahme der Schließung von Dotierungslücken ist, einen Nachtrag inklusive Gesellschafterbeschluss zur bestehenden Pensionszusage zu vereinbaren, der das Ausscheiden des GGF aus dem aktiven Dienstverhältnis voraussetzt. Ist dieser Ausscheidepassus bereits in der Pensionszusage enthalten, muss nichts weiter getan werden, als über die Altersgrenze hinaus weiterzuarbeiten. Ohne einen solchen Ausscheidepassus würde die Verschiebung des Rentenbeginns zu einem Verzicht auf Pensionszahlungen und damit zu einer verdeckten Einlage in Zusammenhang mit bereits erdienten Rentenansprüchen (Past-Service) führen, da der GGF ab Erreichen der Altersgrenze einen zivilrechtlichen Anspruch hätte, auf den er jedoch verzichtet.

Praxistipp

Praxishinweis:

Wird der Rentenbeginn derart verschoben, was in der Praxis häufig vorkommt, ist ab einem bestimmten Zeitpunkt Vorsicht geboten. Zuerst nimmt das Finanzamt eine solche Verschiebung problemlos hin, wenn sie durch den genannten Ausscheidepassus legitimiert ist. Es kommt aber ein einzelfallabhängiger Zeitpunkt, ab dem der Betriebsprüfer eine andauernde Verschiebung so interpretiert, dass die „Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme“ durch die Pensionsvereinbarung ab dann nicht mehr gegeben ist. Er versucht dann, die in der Steuerbilanz gebildeten Pensionsrückstellungen unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 26.01.2010 (BStBl. I 2010, 138, bestätigt durch BMF-Schreiben vom 23.03.2015, BStBl. I 2015, 278, Nr. 62) und die Rechtsprechung des BFH in den Urteilen vom 05.04.2006 und 08.10.2008 (I R 46/06, BStBl. II 2006, 688 bzw. I R 3/06, BStBl. II 2010, 168) komplett und in einer Summe steuererhöhend aufzulösen. Die Gefahr tritt meist dann ein, wenn die Altersgrenze um über 15% überschritten wird.

Das Reißen des finanzbehördlichen Gedulds­fadens ab dem Zeitpunkt der mangelnden „Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme“ setzt der Strategie der „Schließung der Unterdotierungs­lücke durch geplantes Hinausschieben des Rentenbeginns“ eine Grenze. Bis zu jenem kritischen Zeitpunkt kann das Unternehmen im besten Fall so viel Rentenzahlungen gegenüber seinem GGF einsparen, dass das bis dahin gebildete Rückdeckungskapital zur Finanzierung der bis zum Ableben noch ausstehenden Rentenzahlungen ausreicht.

Praxistipp

Kurzanalyse

Der Nachteil bei der Handelsbilanz „Keine Auflösung, Verlauf unverändert“ wird zum Vorteil bei der Steuerbilanz.

Liquiditätszufluss beim GGF: Zwar keine Rente innerhalb des Verschiebungszeitraums, dafür jedoch i. d. R. GGF-Gehalt und Freude bei der Arbeit.

Nicht selten ist die Unterdeckung in der Praxis derart groß, dass eine Lückenschließung allein durch eine Verschiebung des Rentenbeginns nicht möglich ist, da der o. g. „kritische Zeitpunkt“ dann längst überschritten wird. In derart krassen Fällen sind andere Maßnahmen zu ergreifen, wie im Folgenden dargestellt.

(2) Verzicht auf den Future-Service

Die am wenigsten kreative Maßnahme in Lösungsalternative 2 ist der Verzicht auf Teile der Renten­anwartschaften, max. auf den ab dem Verzichtszeitpunkt noch zu erdienenden Future-Service. Dennoch kommt diese Maßnahme in der Praxis besonders häufig vor. Die Begrenzung des Verzichts auf den Future-Service hängt damit zusammen, dass, soweit der Verzicht auch den bereits erdienten Past-Service erfasst, eine verdeckte Einlage entsteht, die die Entscheidungsträger vermeiden wollen.

Dennoch sind auch hier meist erhebliche Teile der bereits erdienten steuerbilanziellen Pensionsrückstellung steuererhöhend aufzulösen, obwohl die Rückstellung der Handelsbilanz im Geschäftsjahr des Verzichts grundsätzlich unverändert bleibt. Dieses vermeintliche Phänomen entsteht, wenn handelsbilanziell, wie häufig, die Projected-Unit-Credit-Methode (PUC, vgl. IDW RS HFA 30, WPg 2/217, Randziffer 61) an Stelle des modifizierten Teilwertverfahrens Anwendung bei der Rückstellungskalkulation findet. Für die Steuerbilanz hingegen ist das Teilwertverfahrens gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG zwingend mit folgender Konsequenz: Wird z. B. auf 40% der ursprünglichen Rente (Future-Service) verzichtet und bleibt das Dienstverhältnis des GGF bestehen, sind im Verzichtsjahr 40% der steuer­bilanziellen Rückstellung des Vorjahres gewinn­erhöhend aufzulösen und die neue Rückstellungszuführung kann lediglich zu 60% erfolgen.

Praxistipp

Kurzanalyse

Handelsbilanz: Vorteil ist, dass der künftige Verlauf gemindert wird; nachteilig: keine Auf­lösung im Jahr des Verzichts.

Nachteil bei der Steuerbilanz: Gewinnerhöhende Auflösung im Jahr des Verzichts, künftiger Verlauf reduziert.

Beim Liquiditätszufluss beim GGF sind die Steuerminderbelastungen ab Rentenbezug vorteilig; Nachteil: verringerte Nettorente aufgrund des Verzichts.

Wer die spürbaren Steuermehrbelastungen aufseiten der Kapitalgesellschaft in der Anwartschaftsphase vermeiden will, sollte diese Maßnahme nicht ergreifen.

(3) Umwandlung der Renten- in Kapitalleistungen

Wandelt man lebenslange Renten in eine einmalige Kapitalleistung um, die zum ursprünglichen Rentenbeginn fällig ist, wird das bisher für die Kapitalgesellschaft bestehende biometrische Risiko O beendet. Die Umwandlung muss natürlich „wert­äquivalent“ erfolgen, damit dem GGF kein zivilrechtlicher Nachteil entsteht und damit auch kein steuerbilanzielles Problem für die Kapitalgesellschaft infolge eines Verstoßes gegen § 6a EStG und darüber hinaus keine verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlage eintreten können. Im Gegensatz zu der in § 3 BetrAVG enthaltenen Abfindung wird jene Kapitalleistung nicht vorzeitig (vgl. Lösungsalternative 3), sondern erst zum ursprüng­lichen Rentenbeginn fällig. Per Vereinbarung, auch als Nachtrag zur ursprünglichen Pensionszusage, kann der Einmal­betrag optional auch in Raten von bis zu 15 Jahren gezahlt werden, um den GGF steuerlich zu entlasten, da die bei Einmalzahlung anwendbare Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG bei gut verdienenden GGF regelmäßig keinen Vorteil bringt. Die Bandbreite für die Interpretation des Attributs „wert­äquivalent“ reicht in der Praxis

  • von der im BMF-Schreiben vom 06.04.2005 (BStBl. I 2005, 619) am Ende von Textziffer 2 definierten absoluten Untergrenze des „Barwertes der künftigen Pensionsleistungen gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG“ (kurz: „6a-Barwert“)
  • bis zur absoluten Obergrenze des Einmalbeitrags, der in einen Rentenversicherungsvertrag mittlerer Art und Güte bei Rentenbeginn einzuzahlen wäre.

Immer mehr Finanzämter argumentieren jedoch, dass ein Fremdgeschäftsführer im Rahmen des doppelten Fremdvergleichs mehr fordern würde als jene Untergrenze. Mittlerweile setzt sich bei vielen Oberfinanzdirektionen und Landesämtern die Auffassung durch, der Barwert im Sinne des § 253 Abs. 2 HGB auf Basis des zehnjährigen Abzinsungssatzes sei eine sinnvolle Größe zur Beurteilung der betrieblichen Veranlassung.

Praxistipp

Kurzanalyse

Vorteil für die Handelsbilanz: vollständige Auflösung der Pensionsrückstellungen.

Vorteil für die Steuerbilanz: Vollständige Auflösung der Pensionsrückstellung wird durch Abfindungszahlung überkompensiert.

Liquiditätszufluss beim GGF: Bei „kurzem“ Leben erhält der GGF einen Vermögensvorteil. Hoher Kapitalzufluss führt u. U. zu höherer Progression, ohne dass Fünftelung evtl. etwas nützt; kann aber durch Ratenzahlung abgemildert werden. Bei „langem“ Leben erleidet der GGF einen Vermögensnachteil.

Hinterbliebenenversorgung: Stirbt der GGF irgendwann nach Fälligkeit der Kapitalleistung oder nach Ratenbeginn, kann der noch vorhandene Rest auf Personen vererbt werden, die bei Rentenzahlung nicht bezugsberechtigt wären, da sie nicht dem engen „Hinterbliebenen“-Begriff zuzuordnen sind.

Für Unternehmen, die sich nicht viel mehr als den „6a-Barwert“ als Abfindung leisten können, ist die derartige Umwandlung der Rente in eine Kapitalleistung eine sinnvolle Maßnahme. Die erwähnte Bandbreite ermöglicht eine hohe Flexibilität in der Gestaltung. Allerdings sehen zahlreiche Finanz­ämter den „HGB-Barwert“ als Voraussetzung für die betriebliche Veranlassung an.

Lösung 3: Beendigung der GGF-Versorgung im Vorfeld eines geplanten Anteilsverkaufs

Vorzeitige Abfindungen werden oft als Maßnahme im Vorfeld eines geplanten Anteilsverkaufs oder der Sanierung des Unternehmens ergriffen, um die bisherige Direktzusage auf Wunsch des Erwerbers in zeitlichem Zusammenhang mit der Anteilsübertragung aus der Kapitalgesellschaft des GGF zu eliminieren bzw. die Gesellschaft von Lasten zu befreien. Zivilrechtlich ist eine solche Entschädigung für den Verzicht des GGF auf seine Rentenanwartschaften unproblematisch, wenn er im arbeitsrechtlichen Sinn beherrschend ist oder das Dienstverhältnis noch besteht. Für nicht beherrschende GGF gilt aber unter den Voraus­setzungen des § 3 Abs. 1 und 2 BetrAVG ein Abfindungsverbot, wenn der GGF den Dienstvertrag mit unverfallbarer Anwartschaft bereits beendet hat. In der ursprünglichen Versorgungsvereinbarung oder einem späteren Nachtrag kann dieses Verbot jedoch zwischen der Kapitalgesellschaft und diesem GGF auf analoger Basis des § 19 BetrAVG abbedungen werden, da er Organmitglied des Unternehmens ist (vgl. BGH v. 23.05.2017 – II ZR 6/16, DB 2017, 1769; ausführlich in: Dommermuth/Linden, Steueroptimierte Altersversorgung für Gesellschafter-Geschäftsführer und Unternehmer, 2. Aufl. 2021, Randziffer 1179 und 1257). Steuerrechtlich ist das erwähnte BMF-­Schreiben v. 06.04.2005 in Textziffer 2 zu beachten, d. h., dass der Abfindungsbetrag die Untergrenze in Höhe des „6a-Barwertes“ (voller, unquotierter Anspruch) zum Zeitpunkt der Abfindung nicht unterschreiten darf, um einen steuerschäd­lichen Widerrufsvorbehalt im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG zu vermeiden. Zusätzlich ist für beherrschende GGF zu beachten, dass die Abfindung nicht in engem zeitlichen Zusammenhang vor deren Realisierung vereinbart werden sollte und ein wichtiger betrieblicher Grund für die vorzeitige Auflösung gegeben sein muss. In jenem dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Fall war der Nachtrag mit der Abfindungsvereinbarung nur einen Monat vor Zahlung des Abfindungsbetrages vereinbart worden. Kurzanalyse: vgl. (3).

Diesen Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition Betriebliche Versorgung und in unserem ePaper.

Bild: © beermedia – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Prof. Dr. Thomas Dommermuth