Je mehr Zeit vergeht und je mehr sich die Welt verändert, umso mehr könnte man den Eindruck gewinnen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Rede zur Zeitenwende, unmittelbar nach Beginn des Ukraine-Kriegs, Recht gehabt haben könnte – bei aller Kritik, die er als Person des öffentlichen Lebens, sei sie verdient oder unverdient, einstecken muss. Denn mehr und mehr taucht der Begriff „Zeitenwende“ nicht nur auf nationaler und europaweiter Ebene auf (finanzpolitisch auch in der Variante „Zinswende“), sondern auch global sieht das Feld zunehmend anders aus. Und das könnte großen Einfluss auf wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Faktoren haben.
U. a. war die „Zeitenwende in der Weltwirtschaft“ Thema der „Amundi Investment Konferenz“, die alle paar Monate stattfindet. Am vergangenen Mittwoch war es wieder soweit. Moderiert wurde die Sendung wie gewohnt von ntv-Börsenexpertin Sabrina Marggraf. Im Fokus diesmal: die Zinsen (natürlich) und die Inflation, die aktuelle Marktlage, vor allem aber die derzeitigen globalen geopolitischen Fragen.
Was machen die Notenbanken?
Mittlerweile sind sich die meisten Experten sicher: Die erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt im Juni, also bei der nächsten Sitzung. So sieht es auch Amundi-Chefanlagestratege Thomas Kruse. Für den Rest des Jahres erwartet er drei weitere Schritte nach unten.
Doch wie sieht es mit der Inflation aus? Hier sieht vor allem Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Deutschland, aktuell mehr Druck und erwartet daher eine eher zurückhaltende Politik von Fed und EZB. Ende des Jahres rechnet Brzeski in der Eurozone mit einer Teuerungsrate von 2,5 bis 3%. Den Inflationsdruck sieht er vor allem auf geopolitischer Ebene, u. a. aus den USA mit der potenziellen Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Diese könne die EZB zu einer weiteren geldpolitischen Wende zwingen und auch zu Spekulationen, über etwaige Handelskriege oder aber die Mitgliedschaft der USA in der NATO, führen. Sollte Trump wiedergewählt werden und seine Wirtschaftspolitik für ein schwaches Wachstum in Europa sorgen, werde die EZB umdenken und die Zinsen stärker senken, um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen, so Brzeski.
Dem entgegenwirken könnte der Export der Disinflation aus China, wo aktuell eine schwächelnde Wirtschaft vorherrscht. Doch das würde, findet Brzeski, nicht reichen, um den Inflationsdruck, der bspw. von Lohnsteigerungen durch den demografischen Wandel oder gestiegene Kosten durch den Umbau von Lieferketten ausgelöst wird, auszugleichen.
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