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10. Mai 2024
Gibt es eine Zeitenwende in der Weltwirtschaft?

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Gibt es eine Zeitenwende in der Weltwirtschaft?

Zeitenwende…

Als hochkarätigen Gast aus der Wirtschaftsforschung hatte Amundi Moritz Schularick, den Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, eingeladen. Sein 30-minütiger Vortrag beschäftigte sich mit der „Weltwirtschaft von morgen“ und der Frage, ob es derzeit auch in der Weltwirtschaft eine Zeitenwende gibt – und die Devise „Wandel durch Handel“ noch aktuell ist.

Grundsätzlich habe die Globalisierung ihr ökonomisches Versprechen erfüllt, denn viele Menschen seien aus der Armut gehoben worden, die Welt insgesamt sei reicher geworden. Tatsache sei aber: Die Welt ist kein stabilerer, sichererer Ort. Durch das „Globalisierungsparadigma“ seien wir verletzlich, denn es seien viele Abhängigkeiten entstanden. Jetzt jedoch bewege sich die Welt von einem regelbasierten System hin zu einem System, in dem politische Entscheidungen das Ausmaß der wirtschaftlichen Öffnung und die Handelsströme bestimmen. Die Marktintegration werde bei der Entscheidungsfindung nun geopolitischen Zielen untergeordnet und ökonomische Werkzeuge werden vermehrt für diese Ziele eingesetzt. Machtfragen werden immer prominenter, es herrsche vermehrt wieder das Recht des Stärkeren. Der „Geoökonomische Giftschrank“ komme in solchen Situationen zum Einsatz, der bspw. die Versicherung der Versorgung mit Schlüsselrohstoffen beinhalte, oder den Erwerb und Erhalt absoluter technologischer Vorteile.

Was wäre, wenn…?

Schularick ging auch auf die potenziellen Auswirkungen ein, die eine wirtschaftliche Trennung von China für Deutschland nach sich ziehen könnte. Angenommen, Deutschland müsste sich über Nacht von China trennen, würde man einen kurzfristigen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts von 5% bis 7% verspüren. Dies wäre ein harscher Wirtschaftseinbruch verglichen mit dem in der Finanzkrise oder der Coronapandemie – aber auch kein zweistelliger Verlust. Deutschland wäre zwar in Europa am stärksten betroffen, wäre allerdings „in einer zweiten Runde“ auch Profiteur, da Deutschland einen komparativen Vorteil bei der Herstellung von diversen Kapitalgütern habe.

Problematisch sei für Schularick auch die Tatsache, dass die deutsche und europäische Politik darauf beruhe, dass die USA unsere Rückversicherung sei. Doch in einem Land, in dem man sich gerne gegen alles Mögliche versichere, halte er dies für eine recht riskante Strategie. So langsam verstehe man in Berlin allerdings, dass man dauerhaft sehr viel mehr für Investitionen in „unsere Sicherheit“ ausgeben müssen.

In Deutschland sei man bei der Politik drei Wetten eingegangen: günstige russische Energie, die Globalisierung und chinesisches Wachstum als Exportmotor sowie die amerikanische Sicherheitsgarantie und die Dauerhaftigkeit der Friedensdividende. Doch aus diesen drei Wetten seien mehrere hausgemachte Herausforderungen entstanden: der Rückstand bei der Digitalisierung und der öffentlichen Infrastruktur, die abnehmende Innovations- und Risikobereitschaft, eine Strukturkrise bei der Autoindustrie oder die Wachstumsbremse am Wohnungsmarkt. (mki)

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