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16. Januar 2025
Vermögenstransfer: Die Gefahr, Kunden zu verlieren

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Vermögenstransfer: Die Gefahr, Kunden zu verlieren

Vermögenstransfer: Die Gefahr, Kunden zu verlieren

Mit der Alterung der Gesellschaft wechselt viel Vermögen seinen Besitzer. Für Berater entsteht dabei die Gefahr, Kunden zu verlieren. Denn nicht jeder Berater hat gleich eine gute Beziehung zu Partnern oder Nachkommen. Sebastian Lewis von Vanguard erläutert Herausforderungen und Lösungsansätze.

Interview mit Sebastian Lewis, CFA bei Vanguard
Herr Lewis, Sie sind mitverantwortlich für das Vanguard Advisory Research Centre (ARC). Können Sie kurz erläutern, worum es sich dabei handelt?

Vanguard verwaltet das Vermögen von 50 Millionen Investoren und Tausenden Finanzberatern weltweit. Das ARC ist ein Expertenteam mit Sitz in London, das die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Vanguard für Finanzberater und Intermediäre nutzbar macht. Wir führen eigene Forschungen durch und lokalisieren Forschungsergebnisse aus Vanguards globalem Geschäft. Unser Ziel ist, Erkenntnisse und empirische Forschungsergebnisse zu liefern, mit Hilfe deren Berater die bestmöglichen Ergebnisse für ihre Kunden erzielen können. Unsere Arbeit umfasst Studien zum Mehrwert der Beratung, Advisor’s Alpha und spezifischere Themen wie Verhaltenscoaching und den großen Vermögenstransfer.

Das Thema Vermögenstransfer dürfte in Zukunft wichtiger werden. Worum geht es hierbei und wie groß wird dieser denn voraussichtlich?

Der Vermögenstransfer von einer Generation zur nächsten ist in erster Linie eine emotionale und planerische Herausforderung für Berater. Das Thema ist anspruchsvoll und kann schwer zu besprechen sein, doch der Wert der Planung ist sehr hoch. Eine Analyse der Boston Consulting Group schätzt, dass in den nächsten drei Jahren 1,2 Bio. Euro den Besitzer wechseln werden, was wir als den großen Vermögenstransfer bezeichnen. Eine Studie der Universität Oxford aus dem Jahr 2021 zeigt, dass 12,4% der deutschen Haushalte Schenkungen erhalten – der zweithöchste Wert in Europa nach Frankreich (17,4%) und höher als in Großbritannien (8,5%) oder den USA (2,4%). Die Zahlen sind bedeutend.

Welche spezifischen Herausforderungen entstehen durch den Vermögenstransfer für Finanzanlagenberater?

Wie ich bereits erwähnt habe, ist dies ein unangenehmes Thema voller Unsicherheiten, das Kunden gerne vermeiden würden. Wie lange werde ich leben? Wie werden meine Erben mit Erbschaften oder Schenkungen umgehen? Habe ich alle meine Wünsche und Bedürfnisse klar kommuniziert, solange ich noch gesund bin? Der Einfluss von kognitivem und körperlichem Verfall kann erheblich sein. Die Wünsche der Kunden ändern sich im Laufe der Zeit, ebenso wie ihre finanziellen Verhältnisse. Schließlich kennen die Berater möglicherweise nicht alle familiären Dynamiken – eine langfristige und vertrauensvolle Partnerschaft braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Das bringt neue Herausforderungen für Finanzberater mit sich, wenn sie nicht gut vorbereitet sind.

Laut einer aktuellen Studie befürchten viele Finanzanlageberater, ihre Kunden durch den Transfer zu verlieren. Ist das denn realistisch?

Unsere Erfahrung zeigt, dass Berater bestrebt sind, das Beste für ihre Kunden zu tun. Die Herausforderung besteht darin: Haben sie sich um ihre Kunden UND deren Partner, Ehepartner und Erben gekümmert? Wenn Vermögen nach einem Todesfall auf einen Ehepartner übertragen wird, ist häufig auch die Beraterbeziehung gefährdet. Unsere US-Daten zeigen, dass Frauen statistisch gesehen länger leben als Männer und daher in der Regel zuerst erben. Es besteht aber eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Frauen nach dem Tod ihres männlichen Partners den Finanzberater wechseln.

Der Grund dafür ist in der Regel, dass der Berater keine Beziehung zur Partnerin aufgebaut oder nicht ausreichend gezeigt hat, dass er die Perspektive, Ziele und bevorzugten Kommunikationswege der Frau versteht. Die Neuausrichtung der Beratungsbeziehung auf die Familie statt auf das Individuum kann helfen. Wenn ein Berater erfolgreich ist, Familien zu betreuen, kann er sich in eine Position bringen, in der der große Vermögenstransfer nicht nur Herausforderungen, sondern auch Vorteile für diejenigen bringt, die sich entsprechend vorbereitet haben.

Wie sorgt man hier als Berater am besten vor?

Die besten Berater passen sich den Bedürfnissen und Emotionen der Kunden an. Neben ihrer technischen Expertise sind sie ausgezeichnete Zuhörer, setzen die Erwartungen der Kunden frühzeitig um und halten eine konsistente Kommunikation aufrecht. Sie sind häufig proaktiv statt nur reaktiv. Ihr Erfolg als vertrauenswürdiger Partner ist das Ergebnis des richtigen Handelns, jeden Tag, in jeder Interaktion. Die erfolgreichsten Beratungsunternehmen setzen teamorientierte Ansätze ein, um Kundenfamilien über Generationen hinweg zu unterstützen. Es ist selten, dass ein Berater alle Antworten hat, daher kann ein vertrauenswürdiges Team eine noch bessere Lösung für die Kunden sein.

 
Ein Interview mit
Sebastian Lewis