AssCompact suche
Home
Assekuranz
29. Juli 2023
Grenze der Versicherbarkeit bei Elementarrisiken

1 / 3

Wo liegt die Grenze der Versicherbarkeit bei Elementarrisiken?

Grenze der Versicherbarkeit bei Elementarrisiken

Die Zunahme von Naturkatastrophen führt zu erheblichen Schäden. Die Versicherbarkeit bestimmter Risiken stößt daher an ihre Grenzen. Wie könnte die Versicherungswirtschaft darauf reagieren, ohne dass die Risikoprämien stark ansteigen? Welche Konzepte könnten die Grenze der Versicherbarkeit weiter hinausschieben?

Wie könnten Versicherungslösungen künftig aussehen, ohne die Prämien in astronomische Größenordnungen steigen zu lassen?

Neben den bereits genannten Maßnahmen wie verbesserte Datenanalyse und Risikomodellierung, der Zusammenarbeit zwischen Versicherern und staatlichen Stellen können etwa Investitionen in präventive Maßnahmen zur Risikominderung die Schadenhäufigkeit und -kosten reduzieren. Versicherungsunternehmen könnten Anreize schaffen, um Hausbesitzer und Unternehmen dazu zu ermutigen, bauliche Maßnahmen zum Schutz vor Elementarschäden wie etwa Hochwasserschutzmaßnahmen oder verbesserte Entwässerungssysteme, umzusetzen.

Parametrische Versicherungen könnten an Bedeutung gewinnen. Sie basieren auf vordefinierten Messgrößen wie zum Beispiel Niederschlagsmengen oder Windgeschwindigkeiten. Anstatt individuelle Schäden zu bewerten, wird eine vorher festgelegte Schwelle überschritten, um eine Entschädigung auszulösen. Parametrische Versicherungen können effizienter sein, da sie den administrativen Aufwand und die Unsicherheit bei der Schadenbewertung reduzieren können.

Neben traditionellen Versicherungslösungen könnten auch alternative Finanzierungsinstrumente und Risikotransfermechanismen eingesetzt werden wie etwa Katastrophenanleihen (Cat Bonds), Rückversicherungsverträge oder andere Formen der Kapitalmarktfinanzier­ung. Diese Instrumente ermöglichen es Versicherungsunternehmen, das Risiko auf Investoren zu übertragen und zusätzliche Kapazitäten für die Abdeckung von Elementarschadenrisiken bereitzustellen.

Und würde das bei einem stark hochwassergefährdeten Immobilienstandort überhaupt noch helfen?

Bei einem stark hochwassergefährdeten Immobilienstandort könnten die genannten Ansätze helfen, den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten oder zu verbessern. Allerdings gibt es Grenzen, insbesondere wenn das Risiko extrem hoch ist. In solchen Fällen könnten andere Maßnahmen erforderlich sein wie beispielsweise die stärkere Fokussierung auf präventive Maßnahmen und Anpassungsstrategien, um die Auswirkungen von Hochwasserereignissen zu minimieren.

Versicherer sind Risikomanager. Ihre Kernaufgabe ist der Risikotransfer. Warum fällt selbst diesen Spezialisten bei Hochrisikobereichen wie der hochwassergefährdeten Immobilie das risikogerechte Pricing immer schwerer?

Hierfür kann es unterschiedliche Gründe geben. Hochwasserrisiken sind oft komplex und vielfältig. Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko beeinflussen, wie geografische Lage, Höhe des Gebiets über dem Meeresspiegel, Nähe zu Gewässern, historische Hochwasseraufzeichnungen oder lokale Infrastruktur. Das Zusammenspiel all dieser Faktoren kann die Bewertung und das Pricing des Risikos erschweren.

Der Klimawandel führt zudem zu einer erhöhten Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Wetterereignisse und deren Auswirkungen. Dies erschwert die Vorhersage von Hochwasserrisiken und die Berechnung von angemessenen Prämien. Darüber hinaus können begrenzte historische Daten zu Hochwasserschäden vorhanden sein, insbesondere bei seltenen oder extremen Ereignissen, was die Risikobewertung zusätzlich erschwert.

Außerdem müssen Versicherer langfristige Verpflichtungen eingehen, da Versicherungsverträge oft über mehrere Jahre laufen. Bei hochwassergefährdeten Gebieten besteht die Herausforderung darin, das langfristige Risiko und die potenziellen Schadenkosten über einen längeren Zeitraum zu bewerten. Die Unsicherheit in Bezug auf zukünftige Klimaentwicklungen und die möglichen Veränderungen in den Hochwasserrisiken erschweren eine genaue Abschätzung der langfristigen Risiken.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich Versicherer aufgrund der steigenden Schadenkosten und des erhöhten Risikos möglicherweise aus Hochrisikobereichen zurückziehen oder den Versicherungsschutz einschränken. Dies kann dazu führen, dass die verbleibenden Versicherer ein höheres Risiko übernehmen müssen, was wiederum das Pricing erschwert.

Und auch die regulatorischen Rahmenbedingungen können die Flexibilität der Versicherer bei der Festlegung von Prämien einschränken. In einigen Ländern gibt es Vorschriften, die die Prämienhöhe begrenzen oder Risikopools erfordern, um die Versicherbarkeit in hochrisikoreichen Gebieten aufrechtzuerhalten.

Die Herausforderungen beim risikogerechten Pricing spiegeln die Komplexität und Unsicherheit der Hochwasserrisiken, insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel, wider. Die Branche arbeitet kontinuierlich daran, die Bewertungsmethoden und Prämienmodelle zu verbessern, um den Veränderungen in den Risikolandschaften gerecht zu werden.

 
Ein Interview mit
Dr. Ulrich Keunecke

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Jan Lanc (392496) am 31. Juli 2023 - 10:06

Es lässt sich doch jedes Haus versichern, natürlich muss ein exponiertes Risiko mehr kosten aber da könnte die Politik ja mit Förderung helfen. So wären diese lästigen Staatshilfen bei Schäden nicht mehr nötig.