Nach zahlreichen Urteilen in den Vorinstanzen und lang andauernder Unklarheit ist es nun soweit: Der BGH hat zu den Ansprüchen aus einer Betriebsschließungsversicherung im Corona-Lockdown geurteilt. Die Bundesrichter haben entschieden, dass dem klagenden Versicherungsnehmer aus Schleswig-Holstein auf der Grundlage der vereinbarten Versicherungsbedingungen keine Ansprüche aus seiner Betriebsschließungsversicherung zustehen. Die Entscheidung dürfte wegweisenden Charakter haben, da der beklagte Versicherer (AXA) sich bei der Formulierung seiner AVB eng an den Mustern des GDV orientiert hat.
Worum ging es?
Dr. Vincent Schreier von der FU Berlin stellt den verhandelten Sachverhalt vor dem BGH in der kommenden Februar-Ausgabe von AssCompact folgendermaßen dar: „Der Kläger, ein Gaststättenbetreiber aus Schleswig-Holstein, beansprucht von seinem Versicherer Versicherungsleistungen für den Ertragsausfall, der ihm aufgrund des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 entstanden ist. Ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, hängt von der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen in der Betriebsschließungsversicherung ab. Dreh- und Angelpunkt ist hierbei eine Formulierung in den Versicherungsbedingungen, in der definiert wird, was unter meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern zu verstehen ist."
„Dort wird eine ganze Reihe von Krankheiten und Krankheitserregern aufgezählt, bei deren Auftreten der Versicherer leistet“, fährt Schreier fort. „Genannt werden hierbei unter anderem Cholera, Diphtherie, Salmonellen und viele weitere, jedoch nicht das neuartige Coronavirus, das man zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht kannte. Gleichzeitig nimmt diese Definition aber auch Bezug auf die im Infektionsschutzgesetz genannten Krankheiten und Krankheitserreger. Die Frage ist nun, ob nur diejenigen Krankheiten und Krankheitserreger versichert sind, die in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich genannt werden, oder ob die Bezugnahme auf das Infektionsschutzgesetz als dynamischer Verweis zu verstehen ist. Letzteres würde bedeuten, dass auch das Coronavirus unter die versicherten Krankheitserreger fallen würde, das im Mai 2020 in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen wurde.“
BGH entscheidet zugunsten des Versicherers
Die Bundesrichter haben nun wie auch die Vorinstanzen gegen den klagenden Versicherungsnehmer entschieden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setze der Eintritt des Versicherungsfalls zwar nicht die Verwirklichung einer aus dem Betrieb selbst erwachsenden, sogenannten intrinsischen, Infektionsgefahr voraus. Die Vorinstanz habe aber zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen die AXA keine Ansprüche zustehen. Das sei darauf zurückzuführen, dass eine Betriebsschließung zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit Covid-19 oder des Krankheitserregers SARS-CoV-2 nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist, so der BGH.
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