Ein Artikel von Natalia Wolfstetter, Director of Manager Research bei Morningstar Deutschland
Als börsengehandelte Fonds sind ETFs ein Anlageinstrument, das die Vorteile von traditionellen Investmentfonds – Risikostreuung durch das Investment in eine Vielzahl einzelner Titel – mit der Flexibilität und Zugänglichkeit des Handels an der Börse vereint. Die meisten Anleger denken bei ETFs zunächst einmal an passives Investieren. Tatsächlich liegt der Großteil des verwalteten Vermögens in ETFs in Produkten, die einen Index nachbilden. Allerdings ist ein ETF nur ein Mantel, den sich prinzipiell alle überziehen können, darunter auch aktiv verwaltete Strategien, deren Anlageziel typischerweise darin besteht, einen Index zu übertreffen.
In den letzten Jahren ist das ETF-Vermögen in Europa exponentiell gewachsen. Ende September 2024 standen Anlegern in Europa 183 aktive ETFs zur Verfügung, mit einem verwalteten Vermögen von fast 45 Mrd. Euro. Während zunächst Anleihen im Fokus standen, da aktive Strategien vor dem Hintergrund niedriger Zinsen attraktiv erschienen, haben aktive Aktien-ETFs in den letzten zwei Jahren stark aufgeholt.
Grafik: Entwicklung des verwalteten Vermögens in aktiven ETFs, aufgeteilt nach Asset-Klassen
Aktive ETFs im Aufschwung
Obwohl aktive ETFs Ende September 2024 nur etwa 7,8% des gesamten ETF-Vermögens in den USA und 2,1% in Europa ausmachten, gewinnen aktive ETFs in beiden Regionen Marktanteile. Der „Startschuss“ in den USA erfolgte durch die sog. „ETF Rule“ im Jahr 2019, die den Weg für aktive ETFs frei gemacht hat. In den USA wurde 2020 erstmals ein traditioneller Investmentfonds in einen aktiven ETF umgewandelt. In Europa sind große, namhafte Asset-Manager in den Markt eingetreten, was auch hierzulande für ein bedeutendes Wachstumspotenzial spricht.
Die Zuflüsse in aktive ETFs haben in den letzten Jahren zugenommen, wobei der Großteil in Aktienstrategien floss. Die meisten dieser Produkte verzeichneten im letzten Zwölfmonatszeitraum bis Ende September 2024 positive Nettozuflüsse. Das ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass traditionelle aktive Aktienfonds in Europa in diesem Zeitraum große Abflüsse zu verkraften hatten. Die „Research Enhanced“-Produkte von J.P. Morgan und Fidelity vereinten dabei den Großteil der Zuflüsse auf sich. Die Mittelflüsse in aktive Anleihen-ETFs haben sich allerdings eher uneinheitlich entwickelt.
Die meisten europäischen ETFs und fast alle aktiven ETFs sind in Irland oder Luxemburg domiziliert. In Europa genießen ETFs zwar nicht dieselben Steuervorteile wie in den USA. Allerdings halbiert sich durch die Domizilierung in Irland der Quellensteuersatz auf US-Aktiendividenden von 30% auf 15%. Unterdessen hat Luxemburg beschlossen, aktiv verwaltete ETFs ab 2025 ebenso von der Zeichnungssteuer zu befreien wie passive ETFs.
Vorteile von ETFs: Transparenz, leichter Zugang, niedrige Gebühren
Der ETF-Mantel bietet in der Regel vollständige Transparenz in Echtzeit. ETF-Anleger sind somit selten im Unklaren darüber, was ihr Fonds hält. In den USA haben regulatorische Änderungen den Vertrieb nicht vollständig transparenter ETFs ermöglicht. Allerdings konnte dieses Format bisher nur schwer Fuß fassen. In Europa sind derweil alle ETFs weiterhin verpflichtet, ihre Bestände vollständig offenzulegen.
Aktive ETFs bieten aktiven Managern die Möglichkeit, sich gegen die Konkurrenz durch passive Anbieter besser zu behaupten. Sie ermöglichen den Zugang zu einer breiteren Kundenbasis in verschiedenen Märkten, ohne überall ein eigenes Vertriebsnetz aufbauen und unterhalten zu müssen. Für Anleger ergeben sich zwei Vorteile: Geringere Eintrittsbarrieren erweitern die Auswahl. Zweitens umgehen ETFs die traditionellen provisionsbasierten Vertriebsmodelle. Durch die Vermeidung von Retrozessionen sind die Gebühren eines aktiven ETFs deutlich niedriger als bei einem vergleichbaren aktiven Fonds.
Trotz geringerer Gebühren können auch Anbieter aktiver Fonds vom Wachstum des ETF-Markts profitieren, soweit sie in der Lage sind, eine kritische Masse zu aufzubauen.
Seite 1 Aktive ETFs – Heilsbringer, aber kein Allheilmittel?
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