Ein Artikel von Dr. Thomas Granetzny, Rechtsanwalt und Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB, sowie Roland Sternisko und Lara Diederichs, wissenschaftliche Mitarbeiter bei Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB
Deutschland hat zuletzt einige Jahre von erheblicher Inflation hinter sich. Die Inflationsrate, die auf Grundlage des Verbraucherpreisindex (VPI) ermittelt wird, lag 2021 bei 3,1%, 2022 bei 6,9% und 2023 bei 5,9%. Hochinflationsphasen bringen stark steigende Lebenshaltungskosten und Kaufkraftverlust mit sich, was besonders für Bezieher von Betriebsrenten problematisch ist; die Inflation entwertet diese Ansprüche. Um sicherzustellen, dass Betriebsrenten mit dieser Entwicklung Schritt halten, verlangt § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG), dass Arbeitgeber alle drei Jahre die Anpassung der laufenden Betriebsrenten prüfen und dann ggf. anpassen.
Problembehandlung
Arbeitgeber haben zwei Möglichkeiten, den Anpassungsbedarf der Betriebsrente zu ermitteln. So gilt die Anpassungsprüfungspflicht des Arbeitgebers gem. § 16 Abs. 2 BetrAVG als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des VPI (Nr. 1) oder der Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens (Nettolohnmethode) (Nr. 2) im jeweiligen Prüfungszeitraum. In Zeiten niedriger Inflation war eine Anpassung für Arbeitgeber, die sich am VPI orientieren, damit recht kostengünstig möglich. Doch mit der jüngsten Hochinflationsphase stellt die Anpassung anhand des VPI durchaus eine Herausforderung dar. Für die (Beibehaltung der) Anpassung anhand des VPI spricht die öffentliche Verfügbarkeit erforderlicher Daten und die verhältnismäßig leichte Nachprüfbarkeit. Die Anpassung anhand des VPI führt aber jedenfalls bei einer anhaltenden Hochinflation dazu, dass sich erheblicher Anpassungsbedarf bildet, der schnell zu einer ernstlichen Be- und ggf. Überlastung des Unternehmens führt.
Problemlösung: Handlungsalternativen für Arbeitgeber
Der Arbeitgeber steht vor der Wahl, entweder den aktuellen Anpassungsmechanismus beizubehalten und steigende Rentenausgaben zu akzeptieren oder nach Alternativen zu suchen. Dem Arbeitgeber stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, den steigenden Mehrkosten entgegenzutreten und dennoch seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen. Eine Möglichkeit ist der Wechsel des Anpassungsmaßstabs gem. § 16 Abs. 1, 2 BetrAVG. Eine Alternative kann aber auch sein, dass der Arbeitgeber die Anpassung der Betriebsrenten ganz oder teilweise aussetzt, soweit die Anpassungslast die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens übersteigt.
Anpassung nach Maßgabe vergleichbarer Nettolöhne
Da die Löhne der aktiven Mitarbeiter zuletzt oft nicht mit der Inflationsrate Schritt halten konnten, würden bei der Anpassung am Maßstab des VPI die Renten oft stärker steigen, als dies bei einer Anpassung anhand der Nettolohnmethode der Fall wäre. Ein Übergang zur Anpassung anhand vergleichbarer Nettolöhne kann auf den ersten Blick eine Gleichstellung von aktiver Belegschaft und Rentnern bewirken. Auch diese Option ist aber im Einzelfall vor dem Hintergrund der Versorgungslandschaft im Unternehmen zu prüfen. Hierbei gilt es jedoch zu beachten: Für den Anpassungsbedarf einer Rente eines Versorgungsberechtigten ist der Zeitraum vom Rentenbeginn bis zum jeweiligen Anpassungsstichtag maßgeblich zu berücksichtigen. Da in der Vergangenheit – anders als im derzeitigen Umfeld – die Nettolöhne vielfach oberhalb der Inflation angehoben wurden, mag die Nettolohnmethode häufig nicht die gewünschte Entlastung bringen. Zudem ist es vielfach ausgesprochen schwierig, die relevanten historischen Lohndaten zu ermitteln. Auch die Identifikation konkret vergleichbarer Beschäftigtengruppen bereitet häufig erhebliche Schwierigkeiten.
Seite 1 Anpassung der Betriebsrenten in Zeiten der Hochinflation
Seite 2 Verweigerung der Anpassung aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
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