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25. Juni 2024
Anpassung der Betriebsrenten in Zeiten der Hochinflation

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Anpassung der Betriebsrenten in Zeiten der Hochinflation

Verweigerung der Anpassung aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit

Bei der nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung über die Anpassung ist (unabhängig vom Orientierungsmaßstab des § 16 Abs. 2 BetrAVG) neben dem Interesse der Arbeitnehmer am Ausgleich des Kaufkraftverlustes auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers angemessen zu berücksichtigen. Die Anpassung der Betriebsrente muss nur im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfolgen. Ein Anspruch auf Anpassung jenseits der wirtschaftlichen Leistungs­fähigkeit besteht nicht. Die Darlegung fehlender wirtschaft­licher Leistungsfähigkeit setzt eine Prognose auf Basis einer Auswertung der bisherigen Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren voraus. Zukünftige Entwicklungen finden nur Berücksichtigung, sofern sie auf hinreichend konkreten und verlässlichen Tatsachen gründen. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung erst dann, wenn das Ergebnis der Prognose eine übermäßige Belastung nahelegt, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gefährden würde. Eine solche übermäßige Belastung kann entweder in Form einer unzureichenden Eigenkapital­rendite oder einer Eigenkapitalaufzehrung bestehen.

Keine Anpassung wegen unzureichender Eigenkapitalrendite

Von einer Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit ist einerseits dann auszugehen, wenn keine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals erwirtschaftet wird. In diesem Fall reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus, um die Anpassungen zu finanzieren. Sobald die Eigenkapitalverzinsung die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen zuzüglich eines Risikoaufschlags von 2% unterschreitet, wird eine Anpassung als in der Regel wirtschaftlich unzumutbar betrachtet, sodass der Arbeitgeber diese berechtigt verweigern kann. Die Angemessenheit dieses Schwellenwerts ist zwar umstritten, entspricht aber geltender Rechtsprechung.

Keine Anpassung wegen Eigenkapitalaufzehrung

Dem Arbeitgeber kann eine Betriebsrenten­anpassung weiterhin erst recht nicht zugemutet werden, wenn er nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Hier muss es gestattet sein, dass zunächst die verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut wird, bevor an eine Betriebsrentenanpassung zu denken ist. Die Betriebsrenten­anpassung kann auch dann verweigert werden, wenn Verluste im Eigenkapital nur durch Einlagen der Gesellschafter ausgeglichen wurden oder neues Kapital nur durch die Thesaurierung von künftigen Gewinnen gebildet werden kann. Eine Eigen­kapitalaufzehrung dürfte für den Arbeitgeber in der Regel am einfachsten zu begründen sein.

Fazit

Im Rahmen der Anpassungsprüfung der Betriebsrenten ist mit Blick auf den Handlungs­bedarf des Arbeitgebers zu unterscheiden: In Zeiten der Hochinflation ist für solche Betriebsrenten, deren Beginn in jüngerer Vergangenheit liegt, eine Anpassung nach Maßgabe des VPI in der Regel kostenträchtiger als eine Anpassung anhand der Nettolohnmethode. Die Umstellung ist aber häufig mit Unsicherheiten (Datenlage, vergleichbare Arbeitnehmergruppen) verbunden und es besteht die Gefahr, dass sich der Trend auch wieder umkehrt. Historisch ist die VPI-Anpassung die sicherere Option und stellt insbesondere für länger laufende Betriebsrenten häufig die sinnvollere Variante dar.

Vielfach wird sich auch in den Fällen, in denen die Umstellung auf die Nettolohnentwicklung zunächst eine vielversprechende Option darstellt, herausstellen, dass die Umstellung mit zu vielen Risiken/Unbekannten einhergeht. In beiden Fällen ist jedoch insbesondere auf die Möglichkeit der begründeten Verweigerung einer Anpassung aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit hinzuweisen. Mithilfe der aufgezeigten Handlungsoptionen dürften die sich stellenden Herausforderungen einer Betriebsrentenanpassung in Zeiten der Hoch­inflation zu bewältigen sein.

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Bild: © LALAKA – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Dr. Thomas Granetzny
Roland Sternisko
Lara Diederichs