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13. Januar 2023
„Mein Fokus ist und bleibt die Beratung meiner Kunden“

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„Mein Fokus ist und bleibt die Beratung meiner Kunden“

„Mein Fokus ist und bleibt die Beratung meiner Kunden“

In der Beratung von Frauen heißt es, es braucht keine anderen oder speziellen Produkte. Wie ist es bei queeren Personen?

Vielleicht keine speziellen Produkte, aber angepasste Risikoprüfung. In der gewöhnlichen biometrischen Risikoprüfung kriege ich keine Person nach Transition platziert.

Oder auch Produkte, mit denen ich mich wohler fühle als Teil der Community. So wie der ökologische Nachhaltigkeitsaspekt in aller Munde ist, sprechen wir viel zu wenig über soziale Nachhaltigkeit. Dies ist für mich in der Beratung meiner Kunden sehr wichtig.

Das Interesse aus der Community, etwas für die Community zu tun, ist groß. Hierzu schweben mir einige Ideen vor, wie man in Zukunft Produkte für die LGBTQ+-Community glaubhaft entwerfen könnte – ohne Pink Washing.

Der Adviris-Slogan heißt ja „komm wie du bist“. Du und dein Team wollt unabhängige und diskriminierungsfreie Beratung bieten. Welcher Diskriminierung sind diese Menschen in der Beratung ausgesetzt?

Alleine bei der Frage schmerzt mein Herz, dass wir über so etwas im Jahr 2023 noch reden müssen. Aber ja, es gibt in Deutschland und weltweit Hass und Diskriminierung gegenüber LGBTQ+ und auch vielen anderen Lebensformen. Weltweit haben wir Attentate auf Andersartigkeit. Ich frage mich an erster Stelle immer: Was macht eigentlich den Menschen so viel Angst an Vielfalt? Sie ist die Basis unserer sozialen Gesellschaft.

Eine Umfrage unter LGBTQI*-Menschen zu Diskriminierung aus dem Jahre 2020 sagt, dass 40% in der Öffentlichkeit/Freizeit bereits Diskriminierung erfahren haben. 30% am Arbeitsplatz. Das ist viel, finde ich. Mit „komm wie du bist“ möchten wir eigentlich ein New Normal begründen – gerne auch außerhalb der LGBTQ+-Community. Der Slogan könnte auch heißen: Hier bist du Mensch! Denn um was anderes geht es nicht.

Kannst du vielleicht Beispiele aus der Praxis nennen?

Ein männliches Paar kommt zu mir, weil es sich bei der Beratung in einer Bank zum Thema „gemeinsame Eigenheimfinanzierung“ anhören musste, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften eh nicht lange halten.

Oder: ein Frauenpaar, das einen Kinderwunsch hat und deshalb höchstwahrscheinlich auf eine künstliche Befruchtung angewiesen ist. Hier kommen Fragen auf: Wer zahlt generell? Wie handhaben es gesetzliche und private Kranken­versicherung?

Oder: Auch die Finanzierung einer Leihmutterschaft war bereits Thema in meiner Beratung. Vielleicht wird anhand dieser Beispiele deutlich, dass man mit solch sensiblen Themen nicht noch an die Grenzen im Kopf des Gegenübers stoßen möchte.

Gibt es denn auch so was wie einen Pay Gap oder einen Pension Gap? Bei Frauen sprechen wir ja gerade viel davon.

Nein. Dieses Thema bezieht sich ja schlichtweg auf die Rolle der Frau, meist in einer heteronormativen Beziehung. Die Pension Gap ist schlichtweg ausgelöst dadurch, dass Frauen die Kinder bekommen und die Wirtschaft in der Entlohnung immer noch keine Gleichstellung der Frau hinbekommen hat. Dies ist für lesbische Frauen nicht per se anders, aber dieses Problem lässt sich nicht auf LGBTQ+ übertragen.

Wie hast du die Diskussion um die One-Love-Binde bei der Fußball-WM der Herren in Katar wahrgenommen?

Die Verbindung mit der One-Love-Binde finde ich falsch, da sie das Problem Katar nicht umreißt und den Fokus auf nur ein Thema lenkt. Katar hat nicht ausschließlich ein Problem mit Rechten für gleichgeschlechtliche Liebe, sondern tritt generell Menschenrecht und Frauenrecht mit Füßen.

Seit Corona wissen wir alle, was Quarantäne bedeutet und welche psychischen Folgen es hinterlassen kann. In Katar dürfen viele Frauen nur mit Zustimmung ihres männlichen Vormundes das Haus verlassen. Anfangs fragt ihr nach der Pension Gap, fragt an der Stelle doch mal nach der Gender Gap. Im Global Gender Gap Index 2021 liegt Katar auf Platz 142 von 156 zu vergebenden Plätzen. Ich habe nichts gegen freie Liebe, ganz im Gegenteil – aber wenn ein Mann mit mehreren Frauen verheiratet sein kann, dann auch gleiches Recht für beide Seiten.

Die One-Love-Binden-Diskussion betrifft definitiv eine Minderheit des Landes und ist an der Stelle unbedeutend und zu klein geführt. Sie hätte besser One-Life-Binde heißen sollen.

Ich habe den Fernseher ausgelassen und habe eine klare Meinung dazu, wenn man trotzdem hin- und zugeschaut hat. Nicht weil ich den Regenbogen vertrete, sondern weil ich Mensch, Frau und Mutter bin.

 
Ein Interview mit
Marie Christina Schröders