AssCompact suche
Home
Management & Wissen
18. November 2024
Wie gelingt der familienfreundliche Betrieb?

1 / 2

Wie gelingt der familienfreundliche Betrieb?

Wie gelingt der familienfreundliche Betrieb?

Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Arbeitgeber die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Menschen sehen und berücksichtigen, meinen Ute Geishauser und Sabrina Kraft. Gemeinsam haben sie die Idee der Balance von Beruf und Familie weiterentwickelt.

Interview mit Ute Geishauser, Beraterin und Coach für Frauen in der Versicherungsbranche bei Flow im Business, und Sabrina Kraft, Beraterin und Mediatorin bei KRAFT Consulting
Frau Kraft, welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Arbeit bisher gemacht: Wie divers „denken“ Unternehmen in der Versicherungsbranche?

Sabrina Kraft Bei vielen Gesellschaften ist das Thema Diversität bereits präsent. Es wurden Verantwortliche für Chancengleichheit benannt, Positionen für Frauen- und DEI-Beauftragte geschaffen und Maßnahmen zur Steigerung der Diversität beschlossen. In Bezug auf diverses Denken und diverses Handeln gibt es – aus unserer Sicht – im Markt allerdings sehr große Unterschiede und im Vergleich zu anderen Branchen Handlungsbedarf.

Können Sie drei Aspekte nennen, die Frauen sich von einem Arbeitgeber wünschen? Oder kann so etwas nicht verallgemeinert werden?

SK Definitiv nehme ich wahr, dass sich die Bedürfnisse der Frauen decken. Vorab möchte ich jedoch schon einmal deutlich sagen, dass flexible Arbeitszeitmodelle heutzutage schlichtweg erwartet werden, und das nicht nur von Frauen. Darüber brauchen wir spätestens seit Corona nicht mehr viel zu reden und damit kann sich auch kein Arbeitgeber mehr abheben. Was sich die Frauen wirklich wünschen und was Mitarbeiter*innen bindet, sind ein Verständnis für Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sprich der erlebte Perspektivwechsel im Alltag durch die Führungskraft und die Kolleg*innen, Wertschätzung und tatsächliche Chancengerechtigkeit sowie Unterstützung bei der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung. In Summe bedeutet es, dass die Arbeitgeber*innen sehen, dass es sich lohnt, in die Frauen zu investieren, und die „Gefahr“ von (drohender) Care-Arbeit nicht mehr als Manko, sondern als Chance gesehen wird. Insbesondere Angebote zur individuellen Karriereplanung und zu persönlichem Coaching können Frauen enorm unterstützen, sich gezielt weiterzuentwickeln und ihre beruflichen Ziele zu erreichen. Der Mehrwert, der sich so deutlich zeigt, ist für beide Seiten enorm – wenn Energie durch gewonnene Klarheit frei wird.

Frau Geishauser, Sie geben u. a. Coachings und Mentorings für Karriere-Einsteigerinnen. Was ist darunter zu verstehen und wer sind Ihre Kundinnen?

Ute Geishauser Die Coachees oder Mentees kommen sowohl von Versicherungskonzernen, mittelständischen Gesellschaften als auch aus Maklerorganisationen, von denen sich momentan die Mehrzahl neu ausrichtet. Im Coaching für Karriere-Einsteiger*innen geht es in der Vorbereitung auf die Führungsrolle u. a. um Laufbahnentscheidungen und die Identifizierung und Entwicklung ausbaufähiger Skills bei der Übernahme neuer Verantwortungsbereiche.

Mit welchen Zielen kommen die Menschen und mit welchen neuen Perspektiven gehen sie heraus? Und kommen mehr Männer oder mehr Frauen?

UG Bei den Karriere-Einsteigerinnen stellt sich die Frage nach dem Karrierepfad „Führungskraft vs. Expert*in“ und dem persönlichen „Career Family Design“. Die Balance von Beruf und Familie wird von den Frauen oft schon vor der Familienplanung bewusst thematisiert. Außerdem geht es bei erfahrenen Führungskräften um eine Karriere-Neuausrichtung, die Zusammenarbeit mit der Generation Z und New-Work-Rahmenbedingungen. In diesem Bereich beträgt der Anteil der männlichen Coachees über 40%. Ein häufiges Thema ist der Umgang mit Umstrukturierungsprozessen, Unternehmenszusammenschlüssen und der damit verbundenen Unsicherheit in Bezug auf die eigene Karriereauswirkung.

Sie beide haben kürzlich eine Kooperation gestartet. Worum geht es dabei und welche Rolle spielt soziale Nachhaltigkeit?

UG Der Aufbau sozialer Nachhaltigkeitskompetenzen ist für Versicherer gleich in zwei Dimensionen erforderlich, da die Unternehmen sowohl als Arbeit­geber*innen als auch als Risikoträger*innen und Lösungsanbieter*innen in einem volkswirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Geschäftsfeld vertreten sind. Unser neues Qualifizierungsprogramm hat direkten Impact auf die soziale Nachhaltigkeit der Branche in deren Rolle als Arbeitgeber*in.

SK Die Zukunft erfordert mehr als den optimalen Einsatz von Personalressourcen. Es geht darum, die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Menschen zu erkennen und zu berücksichtigen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Klassische Vereinbarkeitsgedanken, die ihren Ursprung vor über 20 Jahren hatten, stoßen hier an ihre Grenzen. Es ist an der Zeit, den Schritt zu echt gelebten, familien- und sozialbewussten Strategien zu machen – Strategien, die die Bereicherungspotenziale einer ausgewogenen Verbindung von Beruf und Privatleben anerkennen und fördern. Dazu haben wir die Konzepte von Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit weiterentwickelt. Wir setzen auf die Integration von Menschlichkeit und digitaler Transformation. Durch die Entwicklung der Unternehmenskultur, unterstützt von digitalen Tools und Frameworks, die die Verantwortlichen befähigen und vor allem im Alltag bei der Mach- bzw. Handhabbarkeit unterstützen, schaffen wir eine Arbeitswelt, in der Beruf und Privatleben sich nicht ausschließen, sondern gegenseitig bereichern.

 
Ein Interview mit
Ute Geishauser
Sabrina Kraft