In den vergangenen Jahren wurde viel über die Alternativen zur BU-Versicherung gesprochen. Heute grenzt man wesentlich deutlicher ab. Haben die Grundfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung ihren – richtigen – Platz am Markt gefunden?
Wäre die Abgrenzung deutlich, würde niemand eine Grundfähigkeitsversicherung als Möglichkeit der Arbeitskraftabsicherung oder gar als Alternative zur BU-Versicherung bezeichnen.
Erst neulich habe ich in einem Blogbeitrag einen realen Fall geschildert: Der Kunde hat eine unheilbare, tödlich verlaufende Krankheit, wird ein sicherer Leistungsfall für eine Grundfähigkeitsversicherung werden. Er kann nicht mehr arbeiten, ist voll erwerbsgemindert und bekommt ganze 990 Euro Erwerbsminderungsrente. Bis er aber so stark eingeschränkt ist, dass eine Grundfähigkeitsversicherung leisten würde, können noch Jahre vergehen. Aber wovon soll er bis dahin die Beiträge dafür zahlen? Und wie viele Jahre Leistungsdauer bleiben dann überhaupt noch?
Ich kann absolut gut verstehen, dass Lebensversicherer nach neuen Produkten suchen. Aber wenn wir als Branche wieder einmal gegenüber Verbrauchern falsche Vorstellungen wecken, wird uns das allen irgendwann auf die Füße fallen.
Zur Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Sie wäre eigentlich wirklich eine gute BU-Alternative zum Beispiel für handwerkliche Berufe. Aber sie ist quasi tot. Zu aufwendig in der Gesundheitsprüfung, zu schwer ist der Leistungsauslöser zu verdeutlichen. Ich frage mich da manchmal, warum wir noch keine private Erwerbsminderungszusatzrente haben. Angelehnt an die Anforderungen und Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung (DRV): Wenn und solange die DRV eine Erwerbsminderungsrente zahlt, zahlen wir. Zahlt sie nur eine halbe Erwerbsminderungsrente, zahlen wir auch nur die Hälfte. Zahlt die DRV nichts, zahlen wir auch nichts. So etwas muss sich doch kalkulieren lassen? Vermitteln ließe es sich sicherlich – und würde keine falschen Hoffnungen wecken.
Ähnlich wie in der BU wird aber ja nun auch in der Grundfähigkeitsversicherung an den Leistungen geschraubt und spezifiziert. Eine Entwicklung, die Sie auch so wahrnehmen?
Ich sage nur „Marktmechanismen“. Die einen wollen oder müssen vergleichen, die anderen wollen möglichst schlecht vergleichbar sein, aber besser als der Wettbewerb aussehen. Wir haben jetzt schon die Situation, dass eine Grundfähigkeitsversicherung mit allerlei Zusatzbausteinen das Gleiche wie eine BU-Versicherung kosten kann. Es ist eine absurde, aber logische Entwicklung. An deren Ende steht die XXL-Mega-Grundfähigkeitsversicherung, die das Gleiche wie eine sehr gute BU-Versicherung kostet, aber deren Qualität dennoch längst nicht erreicht.
Sie sind Experte für die BU. Warum haben Sie sich so eng spezialisiert?
Zum einen, weil es sehr befriedigend ist zu sehen, wie hilfreich und existenzsichernd eine BU im Ernstfall wirklich ist. Zum anderen, weil erst eine Spezialisierung überhaupt ermöglicht, sich einem Thema in einer Intensivität zu widmen, die man als Allrounder niemals erreichen kann.
Über Matthias Helberg
Versicherungsmakler Matthias Helberg (helberg.info) ist BU-Versicherungsspezialist und erreichte mit seinem Blog Bekanntheit über die Branche hinaus. Für Aufmerksamkeit sorgte vor allem seine Kritik an BU-Versicherungstests des Verbrauchermagazins Finanztest. Sein Maklerbetrieb unterstützt soziale Projekte, etwa vom Kinderhilfswerk „terres des hommes“ und der „Ärzte ohne Grenzen“.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2022, s. 48 f., und in unserem ePaper.
Weitere Beiträge zum Sonderthema Existenzschutz finden Sie hier.
Bild: © Matthias Helberg Versicherungsmakler e. K.
Seite 1 Wie existenzsichernd eine BU im Ernstfall ist
Seite 2 Zweites großes Thema in der BU ist die Covid-Erkrankung und Long Covid. Gibt es hier aus Ihrer Sicht Probleme?
Seite 3 In den vergangenen Jahren wurde viel über die Alternativen zur BU-Versicherung gesprochen. Heute grenzt man wesentlich deutlicher ab. Haben die Grundfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung ihren – richtigen – Platz am Markt gefunden?
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Leserkommentare
Comments
RE: BU-Rente
Hallo Herr Daffner,
schönen Dank, dass Sie meinen Blogartikel gelesen haben.
Da der Kunde eine volle EWR bekommt, werden keine GKV-Beiträge auf die BU-Rente fällig.
Er muss höchstens gut 500.- € der BU-Rente mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern (den Ertragsanteil).
Herzliche Grüße
Matthias Helberg
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