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4. Juni 2024
Verbraucherschutz oder produktbezogene Beratung?

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Verbraucherschutz oder produktbezogene Beratung?

Die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers – gerne als das höchste Gut genannt, weil dadurch die Bedürfnisse des Verbrauchers im Vordergrund stehen. Inwiefern trifft dies zu und wo können Makler ansetzen, um Verbraucherschutz zu einem größeren Bestandteil ihrer Beratung zu machen?

Interview mit René Kurzok, Speaker und Coach für die Versicherungsbranche
René, frei raus gefragt: Was bedeutet für dich Verbraucherschutz in der Versicherungsbranche?

Die Aufgabe steckt ja bereits im Namen. Der Verbraucher soll geschützt werden. Wir als Verbraucher sind es mittlerweile gewohnt, die AGB und Cookies mit einem Klick zu bestätigen. Nur die Wenigsten lesen sich das Kleingedruckte wirklich durch. Das ist in der Versicherungsbranche nicht anders. In meiner Laufbahn hat sich nur eine sehr geringe Anzahl an Kunden mit den Vertragsbedingungen beschäftigt. Das kann an ihrer Motivation, ihren Fähigkeiten oder auch an mir gelegen haben. Oder auch am Vertrauen in den Verbraucherschutz?

Die Leitlinie beim Versicherungsmakler ist ja oft: Er kann unabhängig beraten, also steht der Kunde bei der Beratung im Mittelpunkt. Können Makler am besten im Sinne des Verbraucher(schutzes) agieren?

Im Rahmen der Versicherungsberatung kann jede vermittelnde Instanz, egal welchen Status sie hat, im Sinne des Verbrauchers handeln. Ob sie es tut, bleibt ihren eigenen Werten überlassen. Doch gerade bei Versicherungsmaklern kann dieses Credo am wahrscheinlichsten vermutet werden. Alle Makler, die ich bisher kennengelernt habe, haben dieses Berufsethos inne.

Zudem ist allein der bürokratische Aufwand für die Dokumentation von Beratungsinhalten beim Makler am größten. Und wir wissen ja: Wer schreibt, der bleibt. Diese Bürokratie dient dem Schutz des Verbrauchers. Denn sind die Dokumentation und Beratung nicht ordentlich auf den Kunden abgestimmt, kann es zu Haftungsansprüchen des Kunden gegen den Makler kommen und nicht nur gegen die Versicherungsgesellschaft.

Trotzdem haben Vermittler und auch Makler gesellschaftlich betrachtet nicht das beste Berufsbild. Woran liegt’s?

Dieses Bild kommt nicht vom Makler, sondern vom Versicherungsvermittler und schlechten Erfahrungen mit Vertrieben. Dass ein Makler eine grundsätzlich umfangreichere Aufgabe hat als die reine Vermittlung, ist nicht ausreichend in der Gesellschaft angekommen.

Wenn jemand sich als Versicherungsmakler oder -maklerin vorstellt, entgegnet das Gegenüber häufig: „Für welche Versicherungsgesellschaft?“

Wäre denn ein besseres Bild des Berufs sozusagen auch „Verbraucherschutz“, weil sich dann mehr Menschen unabhängiger beraten lassen?

Das sehe ich kritisch. Entspräche das nicht einem Schmücken mit falschen Federn? Letztendlich ist der Makler auch wirtschaftlich orientiert. Aus reiner Nächstenliebe wird sich der Kühlschrank nicht füllen. Ich finde, der Begriff Verbraucherschutz und Vermittlung und produktbezogene Beratung schließen sich aus. Beim Verbraucherschutz geht es um Rahmen, in denen sich alle Teilnehmer bewegen können.

Wie könnte man den Makler als „Berater im Sinne des Kunden“ besser positionieren?

Was unterscheidet einen Makler von einem Versicherungsvermittler? Wenn der Unterschied zur reinen Vermittlung der Gesellschaft klarer wird, wird auch die Positionierung besser. Das Berufsethos des Maklers darf also mehr kommuniziert werden. Gerade bei jüngeren Maklern kann man diese erfolgreiche Strategie in den sozialen Medien verfolgen.

Um mal auf den Makleralltag einzugehen: Was bedeutet Verbraucherschutz denn konkret im Beratungsalltag?

Es bedeutet Weiterbildung, Bürokratie, langfristige wirtschaftliche Ausrichtung und Empathie.

Bereits bei der Analyse der Interessentensituation gilt es, die richtigen Fragen zu stellen. Nur die wenigsten Kunden haben eine klare Vorstellung von ihrem wirklichen Bedarf.

Einige grundsätzliche Aspekte, auf die man tagtäglich achten sollte:

  • bei der Auswahl der Produkte nicht nur auf bunte Flyer der Versicherer verlassen, sondern genau in die Bedingungen schauen.
  • die Kosten für den Kunden im Auge behalten, und zwar in Balance mit der eigenen wirtschaftlichen Situation.
  • die Dokumentationen sauber führen und auch den Kunden daran entlangführen. Konsequenzen von Antragsfragen erläutern und beim Befüllen beratend zur Seite stehen.

Und so weiter … Und auch sollte man Hilfe von anderen Dienstleistern heranziehen, wenn das eigene Know-how nicht ausreicht. Das beobachte ich gerade in der jüngeren Generation immer stärker.

 
Ein Interview mit
René Kurzok