Ein Artikel von Marian Klemm, Geschäftsführer der Green Growth Futura GmbH
Steckt die nachhaltige Transformation der Wirtschaft in der Krise? Zunehmende geopolitische Krisenherde, ein neuer Rüstungswettlauf und die boomenden Rohstoffmärkte haben die globale Nachhaltigkeitsagenda in den Hintergrund gedrängt. Die Weltbank warnte jüngst vor einem „verlorenen Jahrzehnt“ für die nachhaltige Transformation, da aufgrund der lahmenden Weltkonjunktur notwendige Investitionen in Nachhaltigkeitsmaßnahmen zur Erreichung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zurückgefahren würden.
Doch auch wenn das Tempo der Transformation scheinbar zu erlahmen droht, kann man nicht von einer Kehrtwende sprechen. Allein das von vielen Wirtschaftsnationen und -regionen wiederholt ausgesprochene Ziel der Klimaneutralität bis 2050 hat zu einem globalen Wettbewerb um die Führungsrolle innerhalb dieses Prozesses geführt.
Der European Green Deal und die Corporate Sustainability Reporting Directive
Die Europäische Union hat mit dem European Green Deal ein besonders ambitioniertes und umfassendes Maßnahmenpaket aufgelegt, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Ein Element davon ist die seit 2023 geltende EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen je nach Größe, Umsatz und Bilanzsumme in den kommenden Jahren schrittweise dazu verpflichtet, einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht innerhalb ihres Geschäftsberichts zu veröffentlichen. Ab 2027 greift die Richtlinie auch für kleine und mittelgroße börsennotierte Unternehmen (KMU), wobei diese durch ein „Opt-out“ die Möglichkeit haben, den Einstieg auf 2029 zu verschieben.
Small und Mid Caps rücken ins Rampenlicht von nachhaltigen Investoren
Für KMU ist die CSRD ein zweischneidiges Schwert: Zwar entwirft die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) aktuell Berichtsstandards, die sich explizit an KMU richten und entsprechend weniger komplex sind als die derzeitigen Vorgaben, doch nichtsdestotrotz wird die Einführung zu einer großen Herausforderung für die Unternehmen, da Nachhaltigkeitsabteilungen, sofern sie überhaupt schon bestehen, in diesem Segment mehrheitlich weder über die finanziellen noch über die personellen Ressourcen verfügen, um die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.
Auf der anderen Seite haben KMU aber auch Grund zum Optimismus, denn viele von ihnen werden erheblich von den neuen Pflichten profitieren. Beispielsweise ist davon auszugehen, dass schon allein die Erhebung und systematische Darstellung von Nachhaltigkeitsdaten sich positiv auf die Geschäftsentwicklung und die Bewertungen der KMU auswirken werden. Aber noch viel entscheidender: Die Umsetzung der CSRD wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass sich infolge einer verbesserten Verfügbarkeit von ESG-Daten kleinerer Unternehmen die Vergleichbarkeit von Unternehmen unterschiedlicher Gewichtsklassen signifikant erhöhen wird, sodass KMU mittelfristig einen besseren Zugang zu Investoren und damit nachhaltigen Portfolios erhalten und sie seltener oder gar nicht mehr aufgrund fehlender Nachhaltigkeitsinformationen benachteiligt werden.
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