Haftung einer Bank
Auch eine Bank kann im Falle einer über Kredit finanzierten Kapitalanlage aufgrund ihrer Beteiligung an Vertriebsveranstaltungen in Haftung genommen werden. Hierüber hatte der BGH in einem Urteil vom 11.01.2022 (Az. XI ZR 215/19) zu entscheiden. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.03.2012 veranstaltete die Emittentin in einer Arena den sogenannten „2. Power Day“, eine Werbeveranstaltung, die sich an (künftige) Vermittler richtete, aber auch Anlegern offenstand. Bei dieser Veranstaltung traten ein Filialdirektor der Bank als Teilnehmer einer Gesprächsrunde und der Finanzvorstand der Bank als Referent auf.
Die Kapitalanlage – eine kreditfinanzierte Investition in eine Photovoltaikanlage – war nicht plausibel. Ein wesentliches Risiko des Konzepts hatte darin bestanden, ob die den Rentabilitätsberechnungen zugrunde liegenden Prognosen zum erzielbaren Stromertrag über das stets bestehende Prognoserisiko hinaus überhaupt korrekt erstellt gewesen seien oder nicht. Hier sei die Rentabilität des gesamten Konstrukts letztlich von einer schlichten und ungeprüften Behauptung des Initiators abhängig gewesen.
Der BGH hat hier aufgrund der Teilnahme der Bank an der Veranstaltung eine Haftung angenommen. Grundsätzlich haftet eine finanzierende Bank nicht für das Risiko der Kapitalanlage, also für das finanzierte Risiko.
Ausnahmsweise kommt eine Aufklärungspflicht des Darlehensgebers aber u. a. wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle in Betracht. Dies liegt dann vor, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand gegenüber potenziellen Anlegern geschaffen hat. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Darlehensgeber – nach außen erkennbar – Einfluss auf die unternehmerische Planung oder auf die Werbung genommen oder jedenfalls den zurechenbaren Anschein einer weitergehenden Zusammenarbeit mit den Initiatoren des Anlageobjekts erweckt hat oder wenn er die zu finanzierende Kapitalanlage befürwortet und dadurch beim Anleger den Eindruck erweckt hat, die Anlage mit der üblichen Sorgfalt einer Bank und mit positivem Ergebnis geprüft zu haben.
Der BGH hat in diesem Sinne ein Überschreiten der bloßen Kreditgeberrolle bejaht. Die Bank hat mit ihrer Mitwirkung an dem „2. Power Day“ und den von ihrem Filialdirektor und ihrem Finanzvorstand dort getätigten Äußerungen ihre Kreditgeberrolle überschritten, indem sie dadurch gegenüber den anwesenden Teilnehmern der Veranstaltung und damit nach außen erkennbar durch Ausnutzung des speziell in sie als Bank gesetzten Vertrauens Einfluss auf die Werbung für die Investition in den Solarpark genommen und den Eindruck einer Beteiligung an Konzept und Konzeptentwicklung erweckt hat.
Eine Haftung der Bank kommt in einem solchen Fall dann in Betracht, wenn Anleger, die an dieser Veranstaltung teilgenommen haben, aufgrund der Mitwirkung der Bank sich entscheiden, die Kapitalanlage zu zeichnen.
Fazit
Für falsche Versprechungen oder Angaben, die ohne Grundlage und notwendige Kenntnis gemacht wurden, haftet man; auch, wenn Risiken verharmlosend dargestellt werden. Eine Haftung kann aber auch entstehen, wenn sich ggf. jemand geriert, alles zu wissen und dabei verschweigt, dass entscheidungserhebliche Umstände nicht geprüft worden sind. Sich schlauer erscheinen zu lassen, als man ist, funktioniert oft. Wird man aber entlarvt, droht eine Haftung. Man sollte nicht davon ausgehen, dass andere nicht so schlau sind, wie man selbst zu sein glaubt.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2023, S. 116ff., und in unserem ePaper.
Bild oben: © magele-picture – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Oliver Renner
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