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5. Juli 2023
Haftung bei Produktschulungen für Kapitalanlagen

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Haftung bei Produktschulungen für Kapitalanlagen

Angaben zur Einlagensicherung ohne Kenntnis hierüber

Nach einem weiteren Urteil des OLG Celle haftet der Leiter einer Struktur eines Handelsvertretervertriebes den Anlegern aus § 826 BGB wegen Sittenwidrigkeit, wenn er – anstelle wahrheitsgemäßer Anweisung an die Vertreter, wonach sie erklären müssten, dass über die Art der Anlage der Gelder nichts bekannt sei – den Strukturmitarbeitern erklärt, die Anlage erfolge bei einer renommierten ausländischen Bank, die einem Einlagensicherungssystem angehöre, und er damit rechnet, dass diese Aussage an die Anleger weitergegeben wird (OLG Celle, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 11 U 107/05).

Das sittenwidrige Verhalten wurde wie folgt begründet: „Dass ihm die Sittenwidrigkeit des Einwerbens und Einwerbenlassens von Geldern für ein nicht einmal im Ansatz umrissenes Anlagekonzept klar war, ergibt sich daraus, dass er Mitglieder seiner Struktur dahin schulte, dass die Anlagen in einem Sicherungssystem abgesichert sein würden, wobei ihm klar war, dass diese das an die Interessenten weitersagen würden, obwohl er tatsächlich derartige Erkenntnisse nicht hatte und über die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen und die Entscheidungen der Gesellschaft (der S&D G. Plc) selbst als deren overseas director gar nichts wusste, über diese auch nicht informiert wurde und nicht einmal die geringsten Erkenntnisse darüber hatte, wie mit dem Anlagekapital die in Aussicht gestellte Rendite erwirtschaftet werden sollte und ob diese plausibel sein konnte“ (OLG Celle, Urteil vom 15.12.2005 – 11 U 107/05).

Von vollmundigen Erklärungen sollte man daher Abstand halten, wenn man sie nicht ohne gesicherte Grundlage und Kenntnis vornimmt. Wird dies im Nachhinein offenbar, dann sind einer Haftung Tür und Tor geöffnet.

Garantieversprechen

Eine Haftung für Empfehlungen auf Schulungsveranstaltungen kann sich nach einer Entscheidung des BGH auch dadurch ergeben, dass Anleger unabhängig vom Inhalt des Prospekts durch Täuschung zur Übernahme der Fondsbeteiligung bestimmt wurden.

Im Sachverhalt hat ein Anleger einen Referenten einer Schulungsveranstaltung verklagt. Im Prozess hat der Anleger behauptet, der Referent habe auf Schulungsveranstaltungen den Vermittlern empfohlen, anlässlich von Verhandlungen über den Erwerb von Fondsanteilen gegenüber den Interessenten zu erklären, bei Scheitern des Fonds gewährleiste er persönlich die Erfüllung der Rückzahlungsansprüche der Anleger. In Befolgung dieses Hinweises habe der Anleger gegenüber dem Fondsvermittler bei Abschluss des Vertrages geäußert, der namentlich benannte Referent stehe persönlich O für den Fonds ein. Im Vertrauen auf die Seriosität des Referenten habe der Anleger die Anlage dann gezeichnet. Tatsächlich habe der Referent seine Zusage von vornherein nicht einhalten wollen. Träfe dieser Vortrag zu, so der BGH, so kam es dem Referenten darauf an, dem Fonds mithilfe seiner unrichtigen Erklärung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Als Geschädigter, Ersatz seines negativen Interesses beanspruchen kann, ist der Anleger dann vom Referenten unter Ausgleich aller Vor- und Nachteile so zu stellen, wie der Anleger ohne die Täuschung gestanden hätte (BGH, Urteil vom 28.02.2005 – Az. II ZR 13/03).

Anzuraten ist daher, von persönlichen Haftungs- oder Garantieerklärungen Abstand zu nehmen, wenn hierdurch beim Anleger der Eindruck entstehen könnte, dass der Referent auf Schulungsveranstaltungen hierfür persönlich geradestehen möchte, obwohl dies gar nicht gewollt ist. Dies schafft ggf. Vertriebs- und Kaufanreize, aber auch ein unüberschaubares Haftungsrisiko.

Verharmlosung von Risiken

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm) haftet der Betreiber eines Strukturvertriebs gegenüber Kapitalanlegern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung für Schadensersatz, wenn er die für ihn tätigen Werber dahingehend schult, Risiken der Anlage gegenüber Anlageinteressenten zu verharmlosen oder gar nicht zur Sprache zu bringen (OLG Hamm, Urteil vom 25.02.2010 – Az. I-28 U 78/09).

Aber auch für erstellte Leitfäden, anhand derer Vermittler handeln sollen, kann eine Haftung begründet werden. Wird bei der Vermittlung einer Kapitalanlage ein Leitfaden verwendet, mit dem ein Bild von der Anlage gezeichnet wird, das die nachfolgenden Risikohinweise entwertet oder jedenfalls mindert und wird durch konkrete Angaben in dem Leitfaden maßgeblich zu einer falschen Beratung beigetragen und billigend in Kauf genommen, dass sich der Anleger, beeindruckt durch das Präsentationsgespräch, der Fehler und Widersprüchlichkeiten zwischen Leitfaden und Prospekt oder Beratungsprotokoll nicht bewusst wird und eine Anlage zeichnet, die er ohne die falschen und beschönigenden Angaben im Leitfaden nicht gezeichnet hätte, so haftet das den Leitfaden herausgebende Unternehmen dem Anlageinteressenten wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB auf den Zeichnungsschaden (OLG München, Urteil vom 29.04.2013 – Az. 20 U 4151/1 ).

Auch der Vorstand einer Emittentin kann persönlich in Haftung genommen werden, wenn er Vermittler bewusst so schult, dass zentrale Risiken des Produkts verschwiegen werden sollen (LG Memmingen, Urteil vom 05.02.2009 – Az. 3 O 894/08). Sowohl in Schulungsveranstaltungen als auch in schriftlichen Unterlagen sollten daher bestehende Risiken nicht nur nicht verschwiegen, sondern auch nicht verharmlosend dargestellt werden.

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Ein Artikel von
Oliver Renner