Deckungsinhalte und Höhe der Risiken entscheidend
Dennoch ist die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung kein „Hexenwerk“. Ihren besonderen Charakter erhält sie durch den Umstand, dass sie für jeden Versicherungsvermittler eine Art Lebensversicherung darstellt, denn bei hohen Schäden droht der Verlust der finanziellen Substanz. Daher ist jeder Vermittler gut beraten, sich bei der Auswahl der persönlichen Berufshaftpflichtversicherung auch näher mit den Deckungsinhalten zu beschäftigen und sich nicht nur an den Prämien zu orientieren. Es kann sonst im Schadenfall eine Deckungslücke bestehen, die im schlimmsten Fall die Existenz kosten kann. Beispiele dafür gibt es bereits heute genug.
Der Versicherungsschutz sollte – wie bei jeder anderen Versicherung auch – grundsätzlich den Bedürfnissen und der individuellen Situation des Versicherungsnehmers entsprechen. Eine fachkundige Beratung kann helfen, den passenden Versicherungsschutz zu finden. Wenig hilfreich sind lediglich plakative Werbeaussagen der Anbieter, insbesondere dann, wenn sie geeignet sind, den Vermittler zu Leichtfertigkeit zu verführen. So etwa, wenn ein „Spezialist“ damit wirbt, dass die gesetzliche Dokumentationspflicht in seiner Police nicht als besondere Obliegenheit genannt sei. Natürlich befreit eine Police dieses Inhalts den Versicherungsvermittler nicht von seinen gesetzlichen Beratungs- und Dokumentationspflichten. Möglicherweise wird aber dieser Eindruck bewusst oder unbewusst von dem „Spezialisten“ erzeugt. Im Schadenfall ist hier der Vermittler der Verlierer.
Von existenzieller Bedeutung ist dagegen eine ausreichende Versicherungssumme. Die gesetzliche Versicherungssumme wird bei Versicherungsrisiken mit hohem Probable Maximum Loss (PML) in der Regel nicht annähernd ausreichen. Es ist deshalb eine besonders sorgfältige Analyse auch der Höhe der eigenen Risiken erforderlich. Danach muss die Versicherungssumme bedarfsgerecht angehoben werden.
Soweit neben Versicherungen auch Finanzanlagen und/oder Immobiliardarlehen vermittelt werden, ist auf die entsprechende gesetzliche Versicherungspflicht zu achten.
Qualität und Erfahrung des Anbieters
Neben den Deckungsinhalten sollten auch die Qualität und Erfahrung des Anbieters in der Schadenbearbeitung, Bestandsgröße und -zusammensetzung und Schadenquote betrachtet werden, soweit dies möglich ist. Dumpingprämien haben in der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nichts zu suchen. Sie sind auch hier nur ein Beschleuniger von schlechten Schadenquoten und damit instabilen Vertragsbeständen. Die Folge sind Prämienerhöhungen und/oder Versichererhopping sog. Konzeptanbieter. Was das dann für den Versicherungsschutz der betroffenen Vermittler bedeutet, ist meist ungewiss und selten vorteilhaft.
Fazit: Mehr als nur Vertrauenssache
Die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ist für Vermittler mehr als nur Vertrauenssache, sie ist die Existenzgrundlage für ihr tägliches Handeln. Die Auswahl der persönlichen Berufshaftpflichtversicherung als Basis für die Berufsausübung des Vermittlers bedarf daher einer genauen Untersuchung des zu versichernden Risikos. Das gilt insbesondere, wenn Versicherungsvermittler oder Verbände „Konzepte“ anbieten. Konzepte sind keine Verträge. Es drängen sich zahlreiche Fragen auf. Ist der Verband der Vermittler? Oder steht ein Vermittler hinter dem Verband? Wie sind die rechtlichen Beziehungen? Bin ich selbst Versicherungsnehmer oder nur „mitversichert“? Gibt es Informationen über die Beratungsgrundlage des Vermittlers? Gibt es eine Beratungsdokumentation? Wer bearbeitet Schäden? Mit welchem Know-how? Welche Schadenerfahrung gibt es? Gibt es Antworten? Versicherungsvermittler sollten in eigenen Angelegenheiten mindestens so kritisch sein wie bei ihren Kunden.
Praxistipp
Eine gute Hilfestellung bietet die VSH-Checkliste des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V., die auf der Website des Verbandes zum Download bereitsteht.
Über Hans-Ludger Sandkühler
Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2024 und in unserem ePaper.
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