Ein Artikel von Gregor Hirt, Global CIO Multi Asset bei Allianz Global Investors
Mit dem Ende des Zinserhöhungszyklus entwickeln sich die Aussichten für die bedeutenden Volkswirtschaften stärker auseinander. Nachdem die Zentralbanken in den USA und Europa im Kampf gegen die Inflation über viele Monate hinweg weitgehend den gleichen Weg gegangen sind, wird nun zunehmend deutlich, dass sie auf neue Daten unterschiedlich reagieren werden. Denn die Länder stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen und müssen diesen mit unterschiedlichen Maßnahmen begegnen. Hinzu kommen weiterhin oder erneut expansive geldpolitische Ausrichtungen in Japan und China.
Regionale Divergenzen können nach vorne schauend zu einer größeren Performancestreuung zwischen Anlageklassen führen. Aus Sicht von Multi-Asset-Investoren eröffnen sich dadurch Möglichkeiten für ein gezieltes Engagement in Bereichen mit Outperformance-Potenzial. So sind nach den aggressiven Leitzinserhöhungen etwa im Anleihebereich traditionelle „sichere Häfen“ wie US-Staatsanleihen wieder attraktiv geworden. Spreads von Hochzinsanleihen hingegen boten per Jahresbeginn 2024 in den USA keinen großen Puffer mehr für den Fall, dass sich die Wirtschaft weiter abschwächt und die Volatilität zunimmt.
Rückbesinnung auf Wachstum kann Wiederherstellung historischer Korrelationen fördern
Diversifikation ist ein Grundprinzip von Multi-Asset-Strategien. Sie zahlt sich umso mehr aus, je weniger die Renditen der einzelnen Anlageklassen miteinander korreliert sind. Seit der Jahrtausendwende waren US-Anleihen und -Aktien überwiegend negativ miteinander korreliert. Das führte zu größeren Diversifikationsvorteilen für Multi-Asset-Portfolios, die in der Regel schwerpunktmäßig in diesen zwei Anlageklassen investiert sind. Seit 2021 wiesen Aktien und Anleihen allerdings oftmals eine stark positive Korrelation auf. Das erschwerte selbst sehr aktiven und flexiblen Multi-Asset-Investoren die Arbeit.
Unserer Einschätzung nach ist die seit der zweiten Jahreshälfte 2023 erneut positive Korrelation zwischen Aktien und Anleihen weitgehend auf strukturelle Inflationsrisiken im postpandemischen Umfeld sowie auf Zentralbankmaßnahmen zurückzuführen, die diese Märkte tendenziell in die gleiche Richtung gedrängt haben. Nachdem der Inflationsdruck inzwischen nachlässt und der Straffungszyklus der Zentralbanken sein Ende gefunden hat, dürfte sich der Markt-Fokus zunehmend von der Inflation auf das Wirtschaftswachstum verlagern. In der Folge sollten auch die Korrelationen wieder eher dem vor 2020 typischen Muster entsprechen. Daher können traditionelle Portfoliogewichtungen wie etwa 60:40 – Depotaufteilungen mit 60% in Aktien, 40% in Anleihen – oder 30:70-Vermögensaufteilungen wieder ein gewisses Comeback feiern. Im aktuellen Umfeld sollten allerdings auch alternative Anlageklassen wie Rohstoffe und Private-Markets-Anlagen in Betracht gezogen werden.
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