Kritik an intransparenten Ausschlüssen
Kritik an den AVB übt das Landgericht im Hinblick auf die Einschränkung des Versicherungsschutzes auf bestimmte übertragbare Krankheiten und Erreger. Denn mit dem Wortlaut aus § 1 Ziffer 1 AVB muss der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass der Versicherungsschutz umfassend sei und sich mit dem Infektionsschutzgesetz decke. Schließlich heißt es in dem Paragrafen, dass der Versicherer Entschädigung leistet, wenn die zuständige Behörde den versicherten Betrieb basierend auf dem Infektionsschutzgesetz schließt.
Abgleich zwischen Liste und Gesetzestexten unzumutbar
Wenn es in § 1 Ziffer 2 AVB dann heißt: „Versicherungsschutz besteht für die folgenden der in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten, beim Menschen übertragbaren Krankheiten und Erreger …“, sei davon auszugehen, dass ein Versicherungsnehmer nun eine bloße Wiedergabe der gesetzlich erfassten Krankheiten und Erreger erwartet und die Aufzählung nicht als Einschränkung des Versicherungsschutzes ansieht. Um den tatsächlichen Versicherungsschutz zu erfassen, müsste er ansonsten die gebotene Auflistung mit dem aktuell geltenden Infektionsschutzgesetz abgleichen. Eine derartige Klausel sei für den Versicherungsnehmer intransparent und somit unwirksam.
Ausschlüsse separat aufgeführt
Einen weiteren Hinweis, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer in § 1 Ziffer 2 AVB keine Ausschlüsse erwarte, sieht das Gericht darin, dass der anschließende § 1 Ziffer 3 AVB den Titel „Ausschlüsse“ trägt und somit den Eindruck erwecke, hier seien sämtliche Ausschlüsse zu finden.
Vertragsschluss zu Beginn der Pandemie
Erschwerend komme hinzu, dass der Versicherer auch nicht darauf abstellen könne, das neuartige Coronavirus sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch unbekannt gewesen. Immerhin war der Versicherungsvertrag am 04.03.2020 und somit im Hinblick auf eine drohende Corona-Pandemie geschlossen worden.
Kein wegweisendes Urteil
Gerade im Hinblick auf die Besonderheiten des Verfahrens, wie dem zuvor genannten Abschlusszeitpunkt, ist fraglich, ob sich aus dem Urteilsspruch eine Tendenz für weitere anhängige Verfahren ableiten lässt. Auch andere Gastronomiebetriebe, die unter Umständen einen höheren Anteil an Mitnahmeverkauf hatten, könnten anders beurteilt werden. (tku)
LG München I, Urteil vom 01.10.2020, Az.: 12 O 5895/20
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