Ein Artikel von Prof. Dr. rer. pol. Matthias Müller-Reichart, Studiengangleitung Insurance and Banking, und Kim Vanessa Graumann, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Risikomanagement der Wiesbaden Business School, sowie Daniel Haisch, Director Marketing & Customer Experience Management der Europ Assistance SA, Niederlassung für Deutschland
Exponentiell gestiegene existenzbedrohende Naturkatastrophen haben durch ihre Schadenhäufigkeit und ihren Schadendurchschnitt die Notwendigkeit nachhaltigen Lebens und Wirtschaftens schmerzlich verdeutlicht. Das 21. Jahrhundert muss zwangsläufig zum „Jahrhundert der Nachhaltigkeit“ werden, will die Menschheit ihre ökologischen, sozialen und ethischen Risiken zur Rettung ihrer Spezies bewältigen. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Union das ESG-Primat postuliert: den Fokus aller Märkte auf ökologische (Environment), soziale (Social) und unternehmensethische (Governance) Risiken. In ihrem Sustainable-Finance-Gesetzespaket vom 21.04.2021 hat die EU-Kommission für die Finanzmärkte Vorschläge zu den Delegierten Verordnungen zur Änderung der Level-2-Vorgaben unter MiFID II und IDD unterbreitet. Beratungsorgane werden mit diesen Adaptionen verpflichtet, Nachhaltigkeitspräferenzen (sustainability preferences) ihrer Kunden/Versicherungsnehmer ab August 2022 abzufragen.
Bezieht sich diese Nachhaltigkeitsabfrage in erster Linie auf Vermögensanlagen (sogenannte Artikel-6-Produkte als nicht nachhaltige Vermögensanlagen im Vergleich zu Artikel-8- und Artikel-9-Produkten, die als „light green“ und „dark green“-Abstufungen ökologisch nachhaltige Finanzinstrumente kennzeichnen), werden sich die Nachhaltigkeitspräferenzen der Versicherungsnehmer nach der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) schnell auf die weiteren ESG-Kriterien einer sozialen sowie unternehmensethischen Nachhaltigkeit erstrecken. Nach der Offenlegungsverordnung werden die subjektiven Verbrauchererwartungen zur maßgeblichen Richtschnur des Nachhaltigkeitsverständnisses – die ESG-Erwartung der Kunden wird somit zum Gradmesser der Finanz- und Versicherungsberatung.
Eine Fokussierung der subjektiven Kundenpräferenzen erscheint angesichts standardisierter Finanz- und Versicherungsprodukte schwierig, womit insbesondere additive Service- und Problemlösungsbestandteile (Assistance) an Bedeutung zur Erfüllung der Nachhaltigkeitspräferenzen gewinnen. Assistance wird somit zum Wegbereiter einer agilen, nachhaltigen Transformation der Versicherungswirtschaft. Eine Beratung unter IDD- und MiFID-II-Gesichtspunkten muss sich somit auf die Assistance-Komponenten der vermittelten Versicherungsprodukte konzentrieren, da eine nachhaltige Beratung über die rein materielle Schadenleistung hinausgeht.
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Seite 5 Hindernisse bei der Einführung
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