Interview mit Patrick Dahmen, Venture Partner bei AlphaQ Venture Capital (AQVC) und Gründer von Valytics, und Marius Weber, Gründungspartner von AQVC
Herr Dahmen, die Initiative für Wagnis- und Wachstumskapital für Deutschland nimmt Form an. Was sind ihre Schlüsselpunkte und inwiefern ist sie interessant für die Versicherungsbranche?
Patrick Dahmen: Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, das Ökosystem und die Kultur für Wachstums- und Innovationskapital in Deutschland zu stärken. Es wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket entwickelt. Der mit Abstand wichtigste Punkt ist, dass Vertreter von führenden Banken und Versicherungen eine Erklärung unterzeichneten, rund 12 Mrd. Euro bis 2030 in die weitere Stärkung des deutschen Venture-Capital-Ökosystems zu investieren.
Herr Weber, warum erfährt diese Art der wirtschaftlichen Förderung genau jetzt ein höheres Level an Aufmerksamkeit von der Bundesregierung?
Marius Weber: Deutschland ist geprägt durch den erfolgreichen Mittelstand. Start-ups, also der potenzielle Mittelstand von morgen, benötigen Kapital, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen und zu Wohlstand und Innovation in Deutschland beizutragen. Das jährliche Deal-Volumen auf dem deutschen Markt hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als vervierfacht. Diese bisherigen Erfolge sollen durch Maßnahmen wie der WIN-Initiative weiter gestärkt werden.
Venture Capital gilt als eher riskant – nicht umsonst steckt „Wagnis“ darin. Sind Investments in diese Anlageklasse in Zukunft also attraktiver?
Marius Weber: Investitionen in Venture Capital (VC) sind traditionell als riskant bekannt, da sie in junge Unternehmen fließen, die zwar hohes Wachstumspotenzial, aber auch eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit haben. Dennoch ändert sich dieses Bild aufgrund verschiedener Entwicklungen und Trends.
In der heutigen Wirtschaft wird Innovation immer stärker als Wachstumstreiber angesehen, insbesondere in Bereichen wie künstliche Intelligenz, Biotechnologie, nachhaltige Technologien (CleanTech), FinTech und erneuerbare Energien. Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung sind zu wichtigen Faktoren bei Investmententscheidungen geworden. Viele VC-Fonds richten ihren Fokus zunehmend auf Unternehmen, die Lösungen im Bereich Environmental, Social, and Governance (ESG) bieten. Dieser Trend sollte das Risiko in VC-Investitionen verringern, da ESG-Kriterien häufig als eine langfristig wertsteigernde Strategie angesehen werden. Historisch niedrige Zinssätze und hohe Liquidität haben vermehrt Kapital in risikoreichere Anlageklassen wie Venture Capital gelenkt. Sollten die Zinsen in naher Zukunft relativ niedrig bleiben, könnten Investoren weiterhin nach höheren Renditen suchen, was das Interesse an VC-Investitionen aufrechterhalten oder sogar steigern wird.
Zudem hat sich die VC-Branche weiter professionalisiert, was zu einer besseren Risikosteuerung geführt hat. Erfahrene Fondsmanager nutzen mittlerweile ausgefeiltere Due-Diligence-Verfahren und haben Zugang zu umfangreichen Netzwerken, die es ihnen ermöglichen, die vielversprechendsten Start-ups zu identifizieren und strategisch zu unterstützen. Dies reduziert ebenfalls das Risiko und erhöht die Erfolgschancen.
Der Versichererverband GDV hat Maßnahmen angekündigt, in Venture Capital investieren zu wollen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Was versprechen sich Versicherer davon?
Patrick Dahmen: Für Versicherer ist die Anlageklasse der Private Markets, also Private Equity und Private Debt, zu der ich auch Venture-Capital-Investments zähle, nicht neu und macht gemäß Aussagen der BaFin bei Versicherern ca. 10% der Kapitalanlagen aus. In Zeiten niedriger Zinsen bieten Private-Market-Asset-Klassen höhere Renditen bei gleichzeitig guten Korrelationseigenschaften mit den restlichen Kapitalanlagen. Venture Capital ist eine logische Ergänzung dieser auf Private Markets ausgerichteten Strategie – es bietet interessante Renditen und das Risiko lässt sich durch verschiedene Maßnahmen in den Griff bekommen.
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