Herr Schwartz, immer wieder ist die Rede davon, dass der Assekuranz die Fachkräfte ausgehen. Wie erleben Sie die Situation als Personalberater?
Es ist tatsächlich schwieriger geworden, Fachkräfte zu finden. Hier bestätigt sich in unserer Branche auch der allgemeine Trend. In der Versicherungswirtschaft kommt hinzu, dass unsere Branche nicht erste Wahl ist, zum Beispiel bei Studienabsolventen. Dabei bietet sie in vielen Bereichen spannende Aufgaben und hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten. Ich denke hier zum Beispiel an die Themen Digitalisierung und Vertrieb. Letzterer hat immer noch das negative Image früherer Jahrzehnte. Dies ist mit Abstand aber nicht mehr der Realität entsprechend.
Nun gibt es ja aber auch Fachkräfte, die einen neuen Job suchen. Klaffen die Ansprüche der Unternehmen und die Qualifikation der Bewerber zu weit auseinander?
Nein, das würde ich generell so nicht unterschreiben. Allerdings gibt es gerade in der etwas tradierten Versicherungswirtschaft aus Bewerbersicht noch viele Entwicklungsfelder, etwa das Stichwort New Work. Hiermit setzen sich viele Unternehmen intensiv auseinander und implementieren interessante Konzepte.
Im Zuge der Digitalisierung wandeln sich mit Aufgaben und Tätigkeiten der Berufsbilder auch die Anforderungen an Mitarbeiter. Mangelt es in der Branche an digitaler Fitness?
Ja, die Versicherungswirtschaft hat in der Vergangenheit die Digitalisierung ein Stück verschlafen. Hier muss man ihr allerdings fairnesshalber zugutehalten, dass die Ausgangsvoraussetzungen mit enormen Datenmengen auf Systemen der 1970er- und 1980er-Jahre eine deutlich schwierigere ist als in vielen anderen Branchen. Auch durch die InsurTechs ist viel Bewegung in die Branche gekommen, sodass das Thema Digitalisierung in meiner Wahrnehmung bei allen Unternehmen auf Platz 1 der Agenda steht.
Haben im Ringen um Digital Natives ältere Fachkräfte zunehmend das Nachsehen?
Genau das halte ich für einen großen Fehler. Es kommt auf einen ausgewogenen Mix von Jung und Alt an. Beide Gruppen können sich wechselseitig bereichern und sind für den Erfolg der Unternehmen unverzichtbar. Auf die Erfahrung der älteren, der Zukunft gegenüber aufgeschlossenen Mitarbeiter zu verzichten und alles auf digitalen Nachwuchs auszurichten, ist ein Kardinalfehler. Dies sollte auch bei den New-Work-Konzepten bedacht werden. Das zeichnet dann auch eine gesunde Unternehmenskultur aus.
Wie beurteilen Sie die Chancen für Quereinsteiger in der Assekuranz? Und vermitteln Sie auch Fachkräfte aus anderen Branchen an Versicherer?
Quereinsteiger haben es in der Assekuranz in unserer Wahrnehmung immer noch schwer, weil ihnen aus Sicht vieler Entscheider der Stallgeruch fehlt. Nicht ganz zutreffend ist das allerdings für Start-ups, die sich dann aber auch wiederum Menschen aus der Branche in ihre Unternehmen holen, um das Geschäftsmodell und die Prozesse besser zu verstehen. Impulse aus anderen Branchen tun der Versicherungswirtschaft sehr gut. Hier sollte man gerne noch etwas offener sein.
Seite 1 „Die Zeiten für klassische Generalisten sind schwierig“
Seite 2 Sie unterstützen Versicherer auch mit Maßnahmen zum Newplacement von Mitarbeitern. Wie gestaltet sich ein solcher Prozess?
Seite 3 Sie beraten auch selbstständige Agenturinhaber. Kommt es denn vor, dass sich Vermittler an Sie wenden, die ihre Selbstständigkeit aufgeben wollen?
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