Ist die finanzielle Schieflage der Pflegeversicherung noch ernster als bereits angenommen? Anfang dieser Woche zirkulierten Medienberichte, laut denen die Pflegeversicherung bereits im Februar zahlungsunfähig sein könnte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stritt dies jedoch sogleich ab. Die Pflegeversicherung sei weder insolvent, noch „drohe ihr die Insolvenz“.
Was er dann doch zugeben muss, ist, dass sich die Pflegeversicherung in einer schwierigen finanziellen Lage befindet. „Wir haben eine Schwäche bei den Einnahmen und hohe Ausgaben“, sagt Lauterbach. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) rechnet mit einem Defizit von 1,8 Mrd. Euro bis zum Jahresende für die Pflegeversicherung. Nächstes Jahr könnte diese Summe auf 3,4 Mrd. Euro anwachsen.
Lauterbach kündigt neues Finanzkonzept an
So weit, so bekannt. Auch wenig überraschend dürfte es sein, dass sich die Probleme in den weiteren Jahren nur noch verstärken werden. Mit dem nahenden Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand muss damit gerechnet werden, dass in den kommenden 25 Jahren 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf pflegerische Unterstützung angewiesen sein werden. So zumindest die Prognose des Pflegereports der Krankenkasse DAK-Gesundheit, der im April veröffentlicht wurde. Allein im laufenden Jahr rechne man mit einem Anstieg von 400.000 Personen.
Bürger müssen sich aber keine Sorgen machen, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Die Bundesregierung bürge dafür, dass „die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass die Pflegeversicherung für die Versorgung bezahlt und für die Leistungen aufkommt“, so Lauterbach. Dafür will der Minister in den nächsten Wochen ein Finanzkonzept vorlegen, um die Pflegeversicherung auf solide finanzielle Beine zu stellen. Erst dann werde er auch sagen, ob und in welchem Umfang die Beiträge angehoben würden.
PKV-Verband: Leistungsausweitungen sind ausgeschlossen
Was in diesem Konzept enthalten sein wird, bleibt abzuwarten. Der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV-Verband) hat allerdings bereits eine sehr gute Vorstellung davon, was nicht enthalten sein sollte, und zwar Leistungsausweitungen. „Die aktuelle, dramatische Entwicklung der sozialen Pflegeversicherung lässt keinerlei Spielraum für zusätzliche Leistungen“, warnt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. „Obergrenzen für die Eigenanteile oder gar eine Pflegevollversicherung sind Sozialpolitik mit der Gießkanne – weder zielführend noch bezahlbar.“
Was die Pflegefinanzierung brauche, sei ein „Neustart“, heißt es vonseiten des Verbands. „Dringend notwendig ist dazu ein Ausbau der privaten und betrieblichen Pflegevorsorge. Durchgerechnete Konzepte für eine Absicherung zu bezahlbaren Beiträgen liegen auf dem Tisch“, so Reuther.
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