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8. Oktober 2024
Pflegeversicherung vor Pleite: Branche Teil der Lösung?
Pflegeversicherung vor Pleite: Versicherungsbranche Teil der Lösung?

Pflegeversicherung vor Pleite: Branche Teil der Lösung?

Steht die Pflegeversicherung vor der Pleite? Die Bundesregierung streitet dies ab, räumt aber ein, dass sie sich in einer schwierigen finanziellen Lage befindet. Lauterbach kündigt ein Finanzkonzept an. Welche Lösungsansätze kann die Versicherungsbranche beisteuern?

Ist die finanzielle Schieflage der Pflegeversicherung noch ernster als bereits angenommen? Anfang dieser Woche zirkulierten Medienberichte, laut denen die Pflegeversicherung bereits im Februar zahlungsunfähig sein könnte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stritt dies jedoch sogleich ab. Die Pflegeversicherung sei weder insolvent, noch „drohe ihr die Insolvenz“.

Was er dann doch zugeben muss, ist, dass sich die Pflegeversicherung in einer schwierigen finanziellen Lage befindet. „Wir haben eine Schwäche bei den Einnahmen und hohe Ausgaben“, sagt Lauterbach. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) rechnet mit einem Defizit von 1,8 Mrd. Euro bis zum Jahresende für die Pflegeversicherung. Nächstes Jahr könnte diese Summe auf 3,4 Mrd. Euro anwachsen.

Lauterbach kündigt neues Finanzkonzept an

So weit, so bekannt. Auch wenig überraschend dürfte es sein, dass sich die Probleme in den weiteren Jahren nur noch verstärken werden. Mit dem nahenden Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand muss damit gerechnet werden, dass in den kommenden 25 Jahren 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf pflegerische Unterstützung angewiesen sein werden. So zumindest die Prognose des Pflegereports der Krankenkasse DAK-Gesundheit, der im April veröffentlicht wurde. Allein im laufenden Jahr rechne man mit einem Anstieg von 400.000 Personen.

Bürger müssen sich aber keine Sorgen machen, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium. Die Bundesregierung bürge dafür, dass „die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass die Pflegeversicherung für die Versorgung bezahlt und für die Leistungen aufkommt“, so Lauterbach. Dafür will der Minister in den nächsten Wochen ein Finanzkonzept vorlegen, um die Pflegeversicherung auf solide finanzielle Beine zu stellen. Erst dann werde er auch sagen, ob und in welchem Umfang die Beiträge angehoben würden.

PKV-Verband: Leistungsausweitungen sind ausgeschlossen

Was in diesem Konzept enthalten sein wird, bleibt abzuwarten. Der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV-Verband) hat allerdings bereits eine sehr gute Vorstellung davon, was nicht enthalten sein sollte, und zwar Leistungsausweitungen. „Die aktuelle, dramatische Entwicklung der sozialen Pflegeversicherung lässt keinerlei Spielraum für zusätzliche Leistungen“, warnt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. „Obergrenzen für die Eigenanteile oder gar eine Pflegevollversicherung sind Sozialpolitik mit der Gießkanne – weder zielführend noch bezahlbar.“

Was die Pflegefinanzierung brauche, sei ein „Neustart“, heißt es vonseiten des Verbands. „Dringend notwendig ist dazu ein Ausbau der privaten und betrieblichen Pflegevorsorge. Durchgerechnete Konzepte für eine Absicherung zu bezahlbaren Beiträgen liegen auf dem Tisch“, so Reuther.

bPV als Licht am Ende des Tunnels?

Wenn eine betriebliche Pflegeversicherung (bPV) Teil der Lösung sein könnte, warum ist sie also noch so wenig verbreitet? AssCompact hat sich bereits vor einigen Monaten in der Branche umgehört, um herauszufinden, wie eine Ausweitung der bPV helfen könnte, die Situation zu verbessern.

Demnach wird die bPV in der Branche durchaus als ungenutztes Potenzial zur Entlastung der gesetzlichen Pflegeversicherung gesehen. Angesichts der demografischen Entwicklung und steigender Pflegekosten bieten bereits Unternehmen wie Henkel ihren Mitarbeitern eine betriebliche Pflegezusatzversicherung an. Die bPV kann sowohl ambulante als auch stationäre und teilstationäre Pflege abdecken. Für Unternehmen bedeutet das eine Möglichkeit, die Versorgungslücke im Pflegefall zu schließen und gleichzeitig ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Aktuell beschäftigen sich Mitarbeiter mit dem Thema insbesondere damit, wenn es um die Pflege von Angehörigen geht.

Nachfrage von Arbeitgebern nach bPV steigt

Carolin Birken, Direktionsbevollmächtigte Kompetenzcenter Firmenkunden bei der Hallesche Krankenversicherung a.G., sagt, dass das Angebot an betrieblichen Pflegeversicherungen am Markt relativ jung und überschaubar sei. 

Aber: Obwohl die bPV derzeit noch wenig verbreitet ist, gibt es Anzeichen, dass sie an Bedeutung gewinnen könnte – ähnlich wie die betriebliche Krankenversicherung (bKV), die sich immer weiter etabliert und u. a. auch als Benefit zur Arbeitgeberattraktivität beiträgt. Arbeitgeber profitieren durch den zusätzlichen Schutz ihrer Mitarbeiter, während die gesetzliche Pflegeversicherung entlastet wird. So bietet die betriebliche Pflegeversicherung eine Chance, auf die Herausforderungen der „Pflegekrise“ zu reagieren und gleichzeitig Unternehmen als attraktive und verantwortungsbewusste Arbeitgeber zu positionieren.

Frauke Fiegl, Vorsitzende des Vorstands der ERGO Krankenversicherung AG und der DKV Deutsche Krankenversicherung AG sowie Mitglied des Vorstands der ERGO Deutschland AG, meint: „Immer mehr Arbeitgeber sprechen uns proaktiv auf das Thema bPV an. Pflege ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das auch aktuell wieder im Fokus der Medien steht und an deutlicher Präsenz gewinnt – sowohl aus vertrieblicher als auch aus Kundensicht.“

Potenzial für Vermittler

So sehen Experten auch für Versicherungsmakler viel Potenzial in der Vermittlung der bPV. Andreas Hofmann, Vorstand der Pension Benefits AG (Tochter der Fonds Finanz), erkennt gute Chancen für Makler, die sich mit dem Thema bPV auseinandersetzen und es in die Betriebe tragen: „Jeder Makler und Vermittler muss dieses Thema bei den Arbeitgebern ansprechen und zukünftig wird das sicherlich auch mit in die Beraterhaftung aufgenommen werden.“ Und er betont: „Die Politik wird auch sicherlich in den nächsten Jahren die gesetzliche Pflegeversicherung neu aufstellen müssen und dann wird jeder Bürger und auch die Firmen mehr in die Verantwortung genommen, privat vorzusorgen. Demnach stehen die Chancen für jeden Vermittler sehr gut und einige müssen einfach weg von dem reinen Produktverkauf.“

Die bPV könnte somit einen mehrfachen Nutzen bieten: Sie unterstützt Arbeitnehmer in einer zentralen Lebensfrage und hilft Unternehmen, ihre Mitarbeiter langfristig zu binden und zu motivieren. Und auch für die Makler- und Versicherungsbranche besteht in diesem Bereich Potenzial. (js/lg)

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