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13. Februar 2024
Offene Immobilienfonds: Unterwegs auf schwierigem Terrain
Offene Immobilienfonds: Unterwegs auf schwierigem Terrain

Offene Immobilienfonds: Unterwegs auf schwierigem Terrain

Die Zeiten sind herausfordernd für offene Immobilienfonds. Mittelabflüsse machen ihnen zu schaffen, Immobilienpreise stehen unter Druck. Doch ein Abgesang auf die Branche ist die falsche Reaktion, wie die Fonds-Analystin Sonja Knorr von der europäischen Ratingagentur Scope verdeutlicht.

Ein Beitrag von Sonja Knorr, Managing Director / Head of Alternative Investments bei der Scope Fund Analysis GmbH

Offene Immobilienfonds befinden sich in einer herausfordernden Lage. Durch das hohe Leitzinsniveau sind sie unter Druck geraten – und das gleich in mehrerlei Hinsicht. Zum einen haben die hohen Zinsen das Transaktionsgeschehen auf den Immobilienmärkten gebremst. Denn sie erschweren die Finanzierung, was Kaufwillige vom Erwerb von Gebäuden abhält. Das hemmt den Handel und drückt die Immobilienpreise, was sich auch auf die Bewertungen der Objekte in den Fondsportfolios auswirkt. Zum anderen sorgen die hohen Zinsen dafür, dass Alternativen für Anleger attraktiver werden. Wer Tages- oder Festgeld nutzen kann, das 3 bis 4% pro Jahr abwirft, sieht sich kaum veranlasst, offene Immobilienfonds zu kaufen, die im Durchschnitt niedriger rentieren, weniger liquide sind und noch dazu höhere Risiken aufweisen.

Mehr Abflüsse als Zuflüsse

Seit einigen Monaten übersteigen deshalb die Abflüsse aus den Fonds die Zuflüsse. Ende November etwa, dem aktuell verfügbaren Stand, verloren die Produkte unter dem Strich 262 Mio. Euro. Die vergangenen fünf Monate waren in Summe laut Bundesbankzahlen negativ, mit steigender Tendenz auch für den Monat Dezember. Der Trend weist in eine klare Richtung: 2024 werden die Fonds in der Gesamtsicht sehr wahrscheinlich per Saldo mit Mittelabflüssen rechnen müssen. Eine solche Situation hat es seit mehr als zehn Jahren nicht gegeben.

Einige Fonds werden die Abflüsse aus ihren Cash-Beständen kompensieren können, die bei vielen Produkten deutlich über die gesetzlich vorgeschriebene Mindestliquidität von 5% des Fondsvermögens hinausgehen. Gewichtet nach Fondsvolumen liegt die Liquiditätsquote derzeit bei durchschnittlich 15,2% und ist damit höher als 2021 und 2022. Über alle offenen Immobilienfonds hinweg sind momentan 18,3 Mrd. Euro verfügbar, um ausstiegswillige Anleger auszuzahlen.

Immobilienverkäufe teilweise unumgänglich

Fonds, deren Liquidität dafür nicht ausreicht, werden um Immobilienverkäufe nicht herumkommen. An dieser Stelle sind Produkte im Vorteil, die kleinere Objekte mit einem Wert von weniger als 100 Mio. Euro veräußern können (und wollen). Denn für diese interessieren sich mehr Käufer als für Großimmobilien, beispielsweise Eigenkapitalinvestoren wie Family Offices.

Wie in der Finanzkrise sind besonders große Objekte mangels geeigneter Fremdfinanzierungsmöglichkeiten derzeit eher Ladenhüter. Dramatisch ist das für die Fonds aber nicht, denn oft sind dies die Perlen im Portfolio: Immobilien in erstklassigen Lagen und häufig recht jung, die meist den neuen Anforderungen an Flexibilität und Nachhaltigkeit genügen und über gute Cashflows auf hohem Mietniveau verfügen. Die Fondsmanager wollen diese ohnehin halten, auch um die Qualität des Portfolios zu sichern.

Objekte, die nicht mehr zukunftsfähig sind, werden aktuell mit sehr hohen Abschlägen bepreist. Der Fokus bei Transaktionen wird daher künftig auf Immobilien liegen, die ein Volumen von weniger als 100 Mio. Euro haben und weiterhin gute Objekt- und Vermietungsparameter aufweisen. Hier sollten die Abschläge im Verkaufsprozess geringer ausfallen.

Setzt sich der Abwertungsdruck fort?

Wie sich der bestehende Abwertungsdruck bei den Immobilien fortsetzt, ist offen. Die Rendite offener Immobilienfonds ist bereits gesunken: Nachdem sie 2022 im Durchschnitt 2,5% betrug, liegt sie 2023 im Mittel bei 1,2% für Gewerbeimmobilienfonds und bei 1,7% für Wohnimmobilienfonds. Mehrere Fonds weisen insbesondere infolge von Abwertungen bereits negative Renditen auf.

Und die Immobilienbewertungen könnten weiter fallen. Besonders gefährdet sind Objekte in schlechter Lage und mit ungünstiger Energiebilanz, außerdem US-Immobilien vor allem aus dem Büro-Sektor. Jenseits des Atlantiks sind Auswirkungen des Home-Office bereits deutlicher sichtbar als hierzulande, was die Leerstände von US-Bürohäusern signifikant erhöht hat. Besonders hoch fällt der Abwertungsdruck bei Objekten aus, die während der Hochpreisphase von 2019 bis 2022 erworben wurden.

Breit aufgestellte Fonds mit geringeren Risiken

Nicht allen offenen Immobilienfonds macht die aktuelle Lage gleichermaßen zu schaffen. Bei breit aufgestellten Fonds, die über verschiedene Nutzungsarten und Länder (wenngleich nicht in den USA) investiert sind, sind die Risiken geringer. Hohe Vermietungsquoten und langfristig laufende Mietverträge sind ebenfalls von Vorteil, genauso wie geringe Kreditquoten und hohe Cash-Bestände. Ältere Fonds sind im Vorteil, denn sie haben oft geringere Anteile ihres Portfolios in der Hochpreisphase erworben. Unter diesen Bedingungen dürften sich die Renditen der einzelnen Fonds weiter auseinander entwickeln. Auch vereinzelte Rücknahmeaussetzungen sind nicht auszuschließen.

Höhere Einnahmen infolge der Inflation

Ein Lichtblick ist, dass die hohen Inflationsraten in den vergangenen zwei Jahren die Einnahmen der Fonds erhöht haben. Denn viele Mietverträge arbeiten mit Indexierungen: Steigt die Teuerungsrate, steigt die Miete. Das konnte den Abwertungsdruck, dem die Portfolios ausgesetzt sind, teilweise kompensieren. Ein weiterer positiver Aspekt: Die Bestände vieler Immobilienfonds sind relativ jung. Das erhöht die Vermietbarkeit der Immobilien und stabilisiert ihren Wert.

Die hohen Zinsen haben im Übrigen auch einen positiven Effekt: Die Cash-Bestände der Fonds werfen endlich wieder Erträge ab. Während der Nullzinsphase war Liquidität eine Performance-Bremse, jetzt steigert sie die Rendite der Produkte.

Als Pluspunkt sind darüber hinaus die Bestrebungen der Bundesregierung zu erachten, offenen Immobilienfonds mehr Möglichkeiten zuzugestehen, in Erneuerbare-Energien-Anlagen zu investieren. Bisher scheiterte ein verstärktes Engagement etwa in Solaranlagen an steuerlichen Hürden, die ein solches Investment unattraktiv machten. Im Laufe des Jahres soll das Investmentsteuerrecht angepasst werden, sodass offene Immobilienfonds bis zu 15% ihres Vermögens in erneuerbare Energien investieren können. Das verbessert die Diversifikation der Produkte und sollte sich belebend auf die Rendite auswirken.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2024 und in unserem ePaper.

Bild oben und Bild Newsletter: © Steffen Kögler – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Scope

 
Ein Artikel von
Sonja Knorr