Entscheidend sind die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls gültigen Sicherheitsvorschriften
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) bleibt auch in zeitlicher Hinsicht nicht unklar, welche gesetzlichen oder behördlichen Sicherheitsvorschriften zu beachten sind. Zwar ist der Wortlaut der Bedingungen nicht eindeutig, ob lediglich die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags geltenden Vorschriften erfasst sind oder ob auch nach Vertragsschluss eintretende Änderungen oder neu hinzukommende Sicherheitsvorschriften berücksichtigt werden müssen. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer entnimmt jedoch aus dem Sinn und Zweck der Obliegenheit, dass es sich um eine dynamische Verweisung handelt. Entscheidend sind die Sicherheitsvorschriften, die zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls gelten. Die Verweisung auf Sicherheitsvorschriften außerhalb der Allgemeinen Versicherungsbedingungen mindert nicht die Bestimmtheit der Klausel. Der BGH betont, dass eine Bezugnahme auf andere Rechtsnormen im geltenden Recht üblich ist und auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ungewöhnlich ist.
Die Verpflichtung, gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften einzuhalten, sei also eine notwendige Bedingung, um den Versicherungsschutz zu erhalten.
Weitreichende Folgen für Versicherungsnehmer
Das Urteil hat grundsätzlich weitreichende Bedeutung für die Versicherungsnehmer, da es eine bisher umstrittene Rechtsfrage abschließend klärt und die Gültigkeit von Sicherheitsklauseln in Versicherungsverträgen bestätigt. Darauf weist unter anderem die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte hin. Demnach kann Versicherungsschutz auch dann gekürzt oder verweigert werden, wenn Versicherungsnehmer Sicherheitsvorschriften missachten, die nicht im Versicherungsvertrag, sondern in Gesetzen oder Verordnungen wie etwa den Landesbauordnungen enthalten sind.
„Es ist gut, dass der BGH zu dieser Klausel nun Rechtssicherheit geschaffen hat,“ so Tobias Strübing, Rechtsanwalt der Kanzlei, „obwohl wir dessen Rechtsauffassung nicht teilen. Immerhin waren Versicherungen auch ohne diese Klausel unter anderem mit § 81 VVG ausreichend geschützt und, ob Versicherungsnehmer tatsächlich das vom BGH postulierte Verständnis haben, darf bezweifelt werden.“
BGH, Urteil vom 25.09.2024 – Az: IV ZR 350/22
Vorinstanzen: LG Stade, Entscheidung vom 10.08.2021 – Az: 3 O 126/20
OLG Celle, Entscheidung vom 15.09.2022 – Az: 8 U 259/21
Bild: © bluedesign – stock.adobe.com
Seite 1 Obliegenheiten: Klausel zu Sicherheitsvorschriften wirksam
Seite 2 Entscheidend sind die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls gültigen Sicherheitsvorschriften
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können