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22. Oktober 2024
Obliegenheiten: Klausel zu Sicherheitsvorschriften wirksam
Obliegenheiten: Klausel zu Sicherheitsvorschriften wirksam

Obliegenheiten: Klausel zu Sicherheitsvorschriften wirksam

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Klausel in der Wohngebäudeversicherung, die den Versicherten zur Einhaltung gesetzlicher, behördlicher und vertraglicher Sicherheitsvorschriften verpflichtet, das Transparenzgebot nicht verletzt. Das Urteil hat weitreichende Folgen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, die dem Versicherungsnehmer die „Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen und vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften“ vorschreibt, nicht gegen das Transparenzgebot verstößt. Der BGH stellte zudem klar, dass diese Klausel den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteilige und wirksam sei. Mit diesem Urteil werden frühere Entscheidungen aufgehoben, und der Fall wird zur weiteren Verhandlung an das Oberlandesgericht Celle (OLG) zurückverwiesen.

Nichteinhaltung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten?

In dem Versicherungsfall fordert der Kläger nach einem Brandschaden an einem Wohngebäude weitere Versicherungsleistungen. Die Beklagten, drei Versicherer mit unterschiedlicher Beteiligung an der verbundenen Wohngebäudeversicherung, verlangen jedoch widerklagend die Rückzahlung bereits geleisteter Vorschüsse in Höhe von 100.000 Euro.

Der Brand wurde durch einen Pizzaofen verursacht, den der Kläger an der Hausfassade errichtet hatte. Der Schornsteinfeger hatte zwar Bauvorgaben gemacht, aber der Ofen wurde ohne die erforderliche Abnahme in Betrieb genommen. Die Beklagten werfen dem Kläger eine arglistige Obliegenheitsverletzung und einen vorsätzlichen Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften durch die Inbetriebnahme des Ofens ohne die gemäß Landesbauordnung erforderliche Abnahme vor. Sie stützen sich dabei auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen, die besagt, dass der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls alle gesetzlichen, behördlichen und vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften einzuhalten hat.

Während das Landgericht Stade (LG) die Klage abwies, entschied das Oberlandesgericht zugunsten des Klägers und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung ans LG Stade. Die Beklagten legten Revision ein, um das ursprüngliche Urteil wiederherzustellen.

BGH: Obliegenheiten und Sicherheitsvorschriften klar benannt

Der BGH stellte fest, dass die betreffende Klausel nicht zu unbestimmt und somit transparent ist. Sie ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich. Dieser erkennt aus der Klausel, dass er zum Erhalt seines Versicherungsschutzes vor Eintritt des Versicherungsfalls vertraglich vereinbarte Obliegenheiten erfüllen muss. Zudem wird deutlich, dass zu diesen Obliegenheiten die Einhaltung bestimmter Sicherheitsvorschriften gehört, die aus unterschiedlichen Quellen stammen können, namentlich aus gesetzlichen, behördlichen und vertraglichen Regelungen. Die Bezugnahme auf gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften, neben den vertraglichen, ist somit nicht als intransparent angesehen.

Entscheidend sind die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls gültigen Sicherheitsvorschriften

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) bleibt auch in zeitlicher Hinsicht nicht unklar, welche gesetzlichen oder behördlichen Sicherheitsvorschriften zu beachten sind. Zwar ist der Wortlaut der Bedingungen nicht eindeutig, ob lediglich die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags geltenden Vorschriften erfasst sind oder ob auch nach Vertragsschluss eintretende Änderungen oder neu hinzukommende Sicherheitsvorschriften berücksichtigt werden müssen. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer entnimmt jedoch aus dem Sinn und Zweck der Obliegenheit, dass es sich um eine dynamische Verweisung handelt. Entscheidend sind die Sicherheitsvorschriften, die zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls gelten. Die Verweisung auf Sicherheitsvorschriften außerhalb der Allgemeinen Versicherungsbedingungen mindert nicht die Bestimmtheit der Klausel. Der BGH betont, dass eine Bezugnahme auf andere Rechtsnormen im geltenden Recht üblich ist und auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ungewöhnlich ist.

Die Verpflichtung, gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften einzuhalten, sei also eine notwendige Bedingung, um den Versicherungsschutz zu erhalten.

Weitreichende Folgen für Versicherungsnehmer

Das Urteil hat grundsätzlich weitreichende Bedeutung für die Versicherungsnehmer, da es eine bisher umstrittene Rechtsfrage abschließend klärt und die Gültigkeit von Sicherheitsklauseln in Versicherungsverträgen bestätigt. Darauf weist unter anderem die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte hin. Demnach kann Versicherungsschutz auch dann gekürzt oder verweigert werden, wenn Versicherungsnehmer Sicherheitsvorschriften missachten, die nicht im Versicherungsvertrag, sondern in Gesetzen oder Verordnungen wie etwa den Landesbauordnungen enthalten sind.

„Es ist gut, dass der BGH zu dieser Klausel nun Rechtssicherheit geschaffen hat,“ so Tobias Strübing, Rechtsanwalt der Kanzlei, „obwohl wir dessen Rechtsauffassung nicht teilen. Immerhin waren Versicherungen auch ohne diese Klausel unter anderem mit § 81 VVG ausreichend geschützt und, ob Versicherungsnehmer tatsächlich das vom BGH postulierte Verständnis haben, darf bezweifelt werden.“

BGH, Urteil vom 25.09.2024 – Az: IV ZR 350/22

Vorinstanzen: LG Stade, Entscheidung vom 10.08.2021 – Az: 3 O 126/20

OLG Celle, Entscheidung vom 15.09.2022 – Az: 8 U 259/21

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