Vermeidung von Interessenkonflikten
Versicherer müssen zudem auf Dauer wirksame organisatorische und verwaltungsmäßige Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen treffen, um zu verhindern, dass Interessenkonflikte den Kundeninteressen schaden (§ 48a Abs. 2 VAG). Auch Vermittler von Versicherungsanlageprodukten müssen gem. § 18 VersVermV angemessene Maßnahmen treffen, um Interessenkonflikte zu erkennen und zu vermeiden, die zwischen ihnen und den Versicherungsnehmern oder zwischen den Versicherungsnehmern auftreten können. Darüber hinaus enthält die Delegierte Verordnung zu den Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten detaillierte Vorschriften zum Umgang mit Interessenkonflikten. Sie gelten unmittelbar und haben Anwendungsvorrang gegenüber dem nationalen Recht.
Ergebnis der BaFin-Studie
In der Studie hat die BaFin deutsche Lebensversicherer nach den Effektivkosten und weiteren Informationen zur Kostenbelastung von Versicherungsanlageprodukten befragt. Die Effektivkosten der meistverkauften Fondspolicen lagen im Mittel bei 1,9%, teilweise auch deutlich höher bis oberhalb von 4%. Die dem jeweiligen Vertrag zugrunde liegenden Kapitalanlagen müssten also mindesten entsprechend hohe Renditen erzielen, damit die Kunden nicht ins Minus laufen. Insbesondere bei den überdurchschnittlich hohen Effektkosten sieht die BaFin Mängel im Produktfreigabeverfahren und potenzielle Interessenkonflikte im Vertrieb. Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) hat ausgerechnet, dass eine Effektivkostenquote von 1,9% rechnerisch einen Abzug von 29,2% auf jeden eingezahlten Betrag bedeutet.
Darüber hinaus zahlen die KVGs bei etwa einem Drittel des Neugeschäfts Rückvergütungen an den jeweiligen Lebensversicherer oder an den Vermittler. Die Höhe der Rückvergütung liegt zwischen 0,3% und über 1,2% des Fondsguthabens. Bei etwa 80% der Versicherer werden die Rückvergütungen in Form spezieller Überschussanteile teilweise oder vollständig an die Versicherungsnehmer weitergegeben. Bei den restlichen 20% werden die Rückvergütungen nur in der versicherungstechnischen Ertragsrechnung verbucht und nur bei einem positiven übrigen Ergebnis auf der kollektiven Ebene des Bestands nach Maßgabe der Mindestzuführungsverordnung berücksichtigt. Bei etwa 19% des Neugeschäfts werden Rückvergütungen direkt an Vermittler gezahlt, im Mittel rund 0,5%.
Die Rückvergütung wird zwar bei der Berechnung der Effektivkosten gem. VVG-InfoV berücksichtigt. Sie zählen aber nicht zu den einkalkulierten Abschlusskosten, die als Gesamtbetrag mitzuteilen sind. Durch diese Intransparenz kann nach Ansicht der BaFin ein falscher Eindruck von der faktischen Gesamthöhe der Abschlusskosten entstehen. Sowohl bei Versicherern wie auch bei Vermittlern können durch die Rückvergütungen Interessenkonflikte entstehen: Bei Versicherern kann die Höhe der Rückvergütung die Fondsauswahl beeinflussen, bei den Vermittlern die Auswahl der Fondspolice.
Fazit
Versicherungsmaklern ist zu empfehlen, sich intensiv mit der Kostenbelastung von Fondspolicen zu befassen. Bei überdurchschnittlichen Kosten wird es im Streitfall schwierig, die Produktempfehlung mit fachlichen Kriterien zu begründen. Policen mit schlanken und transparenten Kostenstrukturen begründen dagegen ein langfristig erfolgreiches Geschäftsmodell. Auf jeden Fall ist zu klären, ob und in welchem Umfang Versicherer Rückvergütungen erhalten. Ist dies der Fall, sollten diese zu 100% an die Kunden weitergeleitet werden. Erhält ein Versicherer keine Rückvergütung, ist der Vermittler auf der sicheren Seite, wenn er darüber eine schriftliche Bestätigung hat. Rückvergütungen an Vermittler indizieren Interessenkonflikte und sollten deshalb gemieden oder zumindest offengelegt und an den Kunden weitergeleitet werden. Vor den genannten Hintergründen ist es auch kontraproduktiv, wenn Pools von Versicherern noch höhere Provisionen verlangen und/oder Geschäftsmodelle anbieten, bei denen für die – nicht regulierte – Vermittlung von Vermögensverwaltungen laufende Provisionen gezahlt werden, die letztlich den Kundennutzen schmälern. Die Aufsicht wird sich darum kümmern.
Über Hans-Ludger Sandkühler
Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.
Lesen Sie auch: Die Bedeutung von Ratings für Makler
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2025 und in unserem ePaper.
Seite 1 Kundennutzen von Fondspolicen
Seite 2 Vermeidung von Interessenkonflikten
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können