Herr Schrieber, welche Themen und Entwicklungen werden Sie 2024 als Asset Manager besonders im Blick haben?
Wir erwarten, dass das Jahr 2024 im Fondsvertrieb, wie auch 2023, stark von der Zinsentwicklung geprägt sein wird. Sollten sich die wirtschaftlichen Perspektiven weiter eintrüben und die Inflation sich weiter in die richtige Richtung bewegen, dann sind doch schneller Zinssenkungen möglich als allgemein angenommen. Das würde auch bedeuten, dass die derzeitigen attraktiven Angebote von Zinsderivaten und Zinsplattformen ihren kompetitiven Vorteil einbüßen und traditionelle Fondsanlagen wie Multi-Asset wieder in den Vordergrund rücken. Langfristig ist eine positive Real-Rendite letztendlich nur durch Investitionen in Produktivkapital möglich. Wir gehen davon aus, dass neben den Multi-Asset-Anlagen auch die KI-getriebenen Tech-Themen relevant sein werden. Mit Blick auf regulatorische Anpassungen auf europäischer Ebene kann auch das Thema ELTIF, gerade in Bezug auf Infrastrukturthemen, positives Momentum in 2024 erlangen. Bei erneuten krisenbezogenen Entwicklungen sollte der Gold- und Ressourcenbereich nicht unberücksichtigt sein.
Welche Anlageprodukte werden unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen im Fokus stehen?
Wie u. a. vom Deutschen Aktieninstitut belegt haben sich Aktien über 120 Jahre, von 1900 bis 2020, in 16 Industrienationen um den Faktor 750 vervielfacht, wohingegen Anleihen sich nur verelffachen konnten. Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet dies, dass sie im Rahmen der individuellen Risiko-Ertragserwartung zumindest in Mischfonds investiert sein sollten. Wir glauben daher nach wie vor an diese Anlagekategorie. Aber solange das Kapitalmarktumfeld bei Staats- und Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich Renditen zwischen 4 und 6% abwirft, sollte man durchaus zugreifen. Hier empfehlen sich dann solide Rentenfonds wie der DJE – Zins Global, der aktuell eine Ablaufrendite von 5,6% aufweist.
Welche vertrieblichen Vorhaben haben Sie?
Für unser Haus liegt ein starker Schwerpunkt bei Banken und Sparkassen, das wird auch im kommenden Jahr so sein. Getrieben durch regulatorische Entwicklungen, insbesondere das Damoklesschwert des Provisionsverbots, werden wir dem Vermittlermarkt, insbesondere Pools, auch den Zugang zu unseren Vermögensverwaltungsdienstleistungen anbieten: sowohl bei Einzeltiteln mit unserer Online-Vermögensverwaltung Solidvest als auch mit unserer Fondsvermögensverwaltung (Fonds und ETFs), die bis Frühjahr 2024 dann komplett digitalisiert sein wird.
Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?
Digitalisierung bedeutet für uns u. a., KI-basierte Prozesse im Bereich Marketing und Vertrieb einzusetzen. Seit 2014 nimmt bei uns die Digitalisierung im Investmentprozess breiten Raum ein und wird ständig weiterentwickelt. Heute kümmern sich bereits fünf Datenanalysten darum, unsere Engine „Trendfinder“ im KI-Sinne zu begleiten. Als aktiver Fondsmanager gehen wir aber davon aus, dass auch morgen noch Anlageentscheidungen persönlich getroffen werden, aber KI das Werkzeug zur Datenaufbereitung und -interpretation sein wird.
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können