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9. April 2024
Haftet Versicherer für Fehlverhalten des Mehrfachvertreters?

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Haftet der Versicherer stets für ein Fehlverhalten des Mehrfachvertreters?

Haftet Versicherer für Fehlverhalten des Mehrfachvertreters?

Schlussfolgerungen des Urteils

Das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden hat weitreichende Auswirkungen für die Haftung eines Versicherers für das Fehlverhalten eines Mehrfachvertreters, mit dem der Versicherer kooperiert. Während nämlich der Versicherungsmakler treuhänderähnlicher Sachwalter seines Kunden ist, dessen Interessen er wahrzunehmen hat, muss sich der Versicherer grundsätzlich ein Fehlverhalten des von ihm eingesetzten Versicherungsvertreters gem. § 278 Bürgerliches Gesetzbuch zurechnen lassen.

Bei einem Ausschließlichkeitsvertreter, der keine Versicherungsprodukte anderer Versicherer anbietet, ist dies grundsätzlich nachvollziehbar. Etwas anderes gilt aber für das Verhältnis zwischen einem Mehrfachvertreter und den Versicherern, mit denen der Mehrfachvertreter zusammenarbeitet. In der Phase der Risikoerfassung wird sich der Mehrfachvertreter meist noch gar nicht für ein konkretes Versicherungsprodukt entschieden haben. In dieser frühen Phase der Tätigkeit eines Mehrfachvertreters, die das Oberlandesgericht Dresden als „Anbahnungsphase“ bezeichnet, muss sich ein Versicherer das Fehlverhalten eines Mehrfachvertreters in der Tat noch nicht zurechnen lassen, da in dieser frühen Phase der Tätigkeit auch für den Kunden noch gar nicht erkennbar ist, für welchen Versicherer der Mehrfachvertreter tätig werden will. Häufig und so auch im konkreten Fall unterscheidet sich das Tätigwerden des Mehrfachvertreters in der Anbahnungsphase nicht sehr viel von der Tätigkeit eines Versicherungsmaklers, dessen Fehlverhalten sich ein Versicherer ebenfalls nicht zurechnen lassen muss.

Anders sieht es natürlich dann aus, wenn sich die Entscheidung des Mehrfachvertreters schon auf das Versicherungsprodukt eines konkreten Versicherers konkretisiert hat. Das war im konkreten Fall allerdings nicht so, sodass die gegen den Versicherer gerichtete Klage zu Recht abgewiesen wurde. Das aktuelle Urteil des Oberlandesgerichts Dresden zeigt, wie wichtig es ist, bei der Vermittlung eines Versicherungsvertrags durch einen Mehrfachvertreter genau zu klären, worin die behauptete Pflichtverletzung besteht und in welcher Phase des Vermittlungsprozesses sich die Pflichtverletzung ereignet haben soll.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © olly – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dr. Frank Baumann