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28. November 2023
Grundsteuer: Finanzgericht zweifelt an Verfassungsmäßigkeit

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Grundsteuer: Finanzgericht zweifelt an Verfassungsmäßigkeit

Grundsteuer: Finanzgericht zweifelt an Verfassungsmäßigkeit

Sind die Bewertungsregeln des neuen Grundsteuer-Bundesmodells verfassungswidrig? Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zwei Eilanträgen gegen die Grundstücksbewertung stattgegeben. Die Richter haben Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide und an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregeln.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat sich mit zwei Eilanträgen zu den Bewertungsregeln des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts befasst. Die Finanzrichter haben entschieden, dass die Vollziehung der entsprechenden Grundsteuerwertbescheide wegen „ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit“ auszusetzen ist (Beschlüsse vom 23.11.2023; Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23). Somit konnten Steuerpflichtige erstmals vor einem Finanzgericht mit ihren Einwänden gegen die Bewertung der Grundsteuer nach dem sogenannten Bundesmodell durchdringen.

Dem Gericht zufolge bestünden „nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsregeln“.

Ermittlung der Bodenrichtwerte im Visier der Richter

Die Richter bezweifeln vor allem, ob die Bodenrichtwerte, die entscheidend in die Bewertung eingeflossen sind, rechtmäßig zustande gekommen seien. Das Finanzgericht stellt die Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse in Frage. Nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung könnten Einflussnahmemöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden, heißt es dazu. Zudem äußern die Richter Bedenken bezüglich der Datengrundlage, die zur Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendig ist. In den zur Ableitung der Bodenrichtwerte geführten Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse seien Datenlücken zu befürchten, die zu Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte führen könnten.

Abweichung vom typisierten Grundsteuerwert nachweisen können

Wie das Finanzgericht Rheinland-Pfalz weiter mitteilt, sollten Steuerpflichtige außerdem die Möglichkeit haben – im Einzelfall und unter bestimmten Bedingungen –, einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachweisen zu können. Dies leitet das Gericht aus einer verfassungskonformen Auslegung des Bewertungsrechts ab. Andernfalls könnten wegen einer fast vollständig typisierten Besteuerung erhebliche Härten entstehen. Für einen solchen Nachweis besteht nach Auslegung der Richter keine Verpflichtung eines förmlichen Sachverständigengutachtens.

Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bewertungsregelungen bekundeten die Richter im Hinblick auf eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Der Gleichheitssatz begründe für das Bewertungsrecht ein Gebot der realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung. Den Richtern zufolge sei bereits nicht eindeutig, was der genaue Belastungsgrund der Grundsteuer sein solle. Nicht klar sei außerdem, wie überprüft werden könne, ob die durch das Bewertungssystem erreichten Bewertungsergebnisse „relationsgerecht“ seien, also tatsächlich bestehende Wertunterschiede angemessen abbilden könnten.

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