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18. Juni 2021
Gesundheitssystem unter Druck – Die Folgen für GKV und PKV

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Gesundheitssystem unter Druck – Die Folgen für GKV und PKV

Erwarten Sie Leistungskürzungen, um den steigenden Kosten bzw. Beiträgen entgegenzuwirken?

Dass Leistungen gekürzt bzw. aus dem Katalog herausgenommen werden, damit ist meiner Meinung nach nicht zu rechnen. Jedoch werden Leistungsausdehnungen bzw. -erweiterungen strikter gehandhabt werden – also Leistungen, die vor allem über den gemeinsamen Bundesausschuss in das System fließen. Hier wird das Vorgehen restriktiver ausfallen und Innovationen auf ihren Zusatznutzen strenger geprüft. Dies gilt vor allem für die Zulassung von Arzneimitteln. Es könnte auch sein, dass langfristig die Kostenbeteiligung von Patienten an Sachleistungen wie etwa Zahnersatz oder auch die Zuzahlungen für Versicherte bei Hilfs- und Heilmitteln erhöht werden. Damit ist aber nicht im kommenden Jahr schon zu rechnen, sondern eher mittelfristig.

Wenn neue Leistungen der gesetzlichen Kassen restriktiver behandelt werden, was bedeutet dies für die PKV-Anbieter in puncto Zusatzversicherung?

Überall dort, wo Zuzahlungen angehoben werden, ergibt sich ein Feld für die privaten Krankenversicherungen in Form von Zusatzversicherungen, um damit die gesetzlich Versicherten zu entlasten. Aber auch dort, wo die gesetzlichen Krankenkassen bei Innovationen zurückhaltender werden, kann sich die PKV ein entsprechendes Feld öffnen. Dies betrifft auch die vielfältigen digitalen Anwendungen. Wenn bei digitalen Anwendungen der Finanzierungsdruck zur Hemmschwelle wird und zu erwarten ist, dass die Prüfung durch den gemeinsamen Bundesausschuss oder die Bundesärztekammer zurückhaltender ausfallen wird, könnte die PKV diese Lücke füllen. Zum Teil macht sie es ja schon, indem digitale Anwendungen sehr viel großzügiger übernommen werden. Dies erhöht auf längere Sicht den Mut der Politiker zu Einsparungen im GKV-System.

Käme der PKV also die Rolle als „Innovationsmotor“ zu?

Je mehr die GKV bei Leistungen bremst, die innovativ ins System drängen, umso mehr kann die PKV Schrittmacher für Innovationen werden, indem sie diese Leistungen vorab über Zusatztarife abdeckt. Da ist das Feld riesengroß. Da sind dann nicht bloß die Privatversicherten, sondern alle Krankenversicherten angesprochen. Deswegen meine ich, dass sich längerfristig die Umorientierung der PKV hin zu einer Zusatzversicherung abzeichnet. Derzeit sind ja die privaten Krankenvollversicherten für die PKV als Kunden etwa fünf bis zehnfach ergiebiger als gesetzlich Zusatzversicherte. Aber auf längere Sicht dürfte sich das ändern.

Lassen Sie uns zum Abschluss nochmals auf das Thema Digitalisierung eingehen. Wie sehen Sie Deutschland hier aufgestellt?

Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen hat Spanien in Europa eine Vorreiterrolle übernommen, auch wenn die mögliche Geschwindigkeit noch lange nicht erreicht ist. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland hinterher. Es gibt neben dem Datenschutz als großem Hemmnis unter anderem auch beträchtliche administrative Hürden. Dazu gehört zum Beispiel die vorgeschriebene Mindestausstattung mit Pflegepersonal in den Krankenhäusern, was die Kosten in die Höhe treibt. Will ein Krankenhaus durch Digitalisierung rationalisieren, darf es trotzdem die vorgeschriebene Mindestausstattung nicht unterschreiten. Somit entstehen durch Digitalisierungsmaßnahmen Zusatzkosten statt Rationalisierungsgewinne. Das ist paradox und nicht durchdacht! Es darf nicht sein, dass wir Digitalisierung mit Zusatzkosten verbinden und die dann möglichen Einsparungen für Krankenhäuser ausbremsen.

Das Problem in Deutschland ist: Herkömmliche Strukturen sollen beibehalten, aber trotzdem die Digitalisierung durchgesetzt werden. Die positiven Effekte kommen dadurch nicht denjenigen zugute, die in Sachen Digitalisierung schneller agieren. Dies ist eine Widersprüchlichkeit, was vielleicht auch darin liegt, dass das Gesundheitssystem an vielen Stellen quasi verbeamtet ist Man ist behäbig, akzeptiert keine strukturellen Veränderungen, die durch die Digitalisierung ausgelöst bzw. angestoßen werden. Ein Ergebnis davon ist, dass das deutsche Gesundheitssystem in puncto Digitalisierung zurückbleibt, wie beispielsweise beim Einsatz von Robot-Assistenzsystemen. Es bleibt die Frage, wer die Kosten für Erstinvestitionen für Innovationen in den Krankenhäusern übernimmt. Neue Technologien sind wirtschaftlich unattraktiv für Kliniken, obwohl gerade die jungen Ärzte sie gerne einsetzen würden.

Die derzeitige Investitionsförderung durch die Länder bleibt weit hinter dem notwendigen Investitionsvolumen zurück und lässt die Krankenhausversorgung in Deutschland schrittweise veralten. Das jetzt aufgelegte Krankenhauszukunftsgesetz von 5 Mrd. Euro für drei Jahre kann den Investitionsstau und damit auch den Digitalisierungsnotstand bei Weitem nicht aufheben. Bezeichnend ist, dass 25% des Sonderfonds für den Datenschutz aufgewendet werden müssen.

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