Interview mit Thorsten Schrieber, Vorstand der DJE Kapital AG
Herr Schrieber, was verstehen Sie unter „Vermögensverwaltungslösungen 2.0“ und wie unterscheidet sich dieser Ansatz von klassischen Vermögensverwaltungsmodellen?
Dieser Ansatz ist sicher ein Ergebnis aus den langen Diskussionen um ein Provisionsverbot. Daraus entwickelte sich die Fragestellung, wie wir unseren 34f-lern und über Pools angebundenen Partnern auch zukünftig noch eine attraktive Provisionierung zukommen lassen können. Im Grundsatz haben wir die Antwort schon seit 2006 im Haus. Dieser Ansatz war aber ein klassisches Managed Depot mit Fonds und alles rein papierbasiert – an heute angepasst ist es nun ein gewisser Grundstock aktiver Fonds und eben ETFs sowie die komplette Digitalisierung als Variante „2.0“.
Welche fondsbasierten Ansätze bieten sich Ihrer Meinung nach besonders für eine moderne und effiziente Vermögensverwaltung an?
Eine moderne Vermögensverwaltung kann sich heute nicht mehr nur mit der Frage um aktive oder passive Fonds auseinandersetzen. Beides findet seinen Weg in eine effiziente Vermögensverwaltung. Haben wir heute die FNZ an das Managed Depot angebunden, muss man hier sicher zukünftig auch diverse Depotbank-Optionen bieten. Dadurch, dass wir unser Fondsmanagement in Deutschland haben, sind auch zielgerichtete Marktkommentierungen, Schulungen und Transparenz für den Vertrieb vorhanden. Und unsere Sales-Betreuer sind regional präsent, leicht zu finden, z. B. auf unserer Website unter Partner.
Sicher steht hier auch die Digitalisierung im Mittelpunkt. Wie wichtig ist diese Ihrer Meinung nach in der Vermögensverwaltung und wo sehen Sie die größten Potenziale für Optimierungen?
Wir haben nun über die letzten zwölf Monate zusammen mit Investify das DJE Managed Depot komplett digitalisiert, von der Antragsstrecke bis zum Reporting. Außerdem wurden die Anteile passiver Produkte stark ausgebaut, um die Kostenquote attraktiv zu halten. Die ersten Partner, die bisher das Managed Depot angeboten haben, wurden bereits auf das digitale Format eingewiesen. Das größte Potenzial des Produktes sehe ich in einer Variante, die eben neben Fonds und ETFs auch Direktinvestments in Aktien, Renten etc. tätigen kann. Das reduziert zum einen die Kosten weiter, schafft zusätzlich Attraktivität, bedingt aber zum anderen eine Depotbank, die auch Bruchteile von Aktien oder Renten verbuchen kann.
Welche Möglichkeiten haben Berater, mithilfe Ihrer Lösungen ihre Kundenbeziehungen zu verbessern? Gibt es Tools oder Strategien, die besonders hilfreich sind?
Eine Möglichkeit, die Identifikation des Beraters mit dem Produkt und dadurch auch die Bindung des Kunden an den Berater zu erhöhen, ist sicherlich die grundsätzliche Möglichkeit, größeren Partnern das Labeln eines solchen Produktes anzubieten. Wir haben auch aktuell individualisierte Label-Varianten des Managed Depots für größere Partner wie z. B. die easybank. Das bietet sich natürlich auch perfekt für ummantelte Produkte aus dem Versicherungsbereich an. Hierbei wäre die Ausgestaltung über Mindestanlage, Risikoklassen etc. definierbar. Hinsichtlich der Thematik eines Altersvorsorgedepots werden wir uns genau anschauen, was sich nach dem „Ampel-Aus“ wie entwickelt, und das Produkt ggf. auch an dieses Thema heranführen.
Apropos Berater: Alle paar Jahre kommt das Thema Provisionsverbot auf den Tisch.
Ich glaube, grundsätzlich sollten sich die Berater auf ihre Kunden konzentrieren können. Es ist nur wenigen Beratern möglich, dezidierte Timing-Entscheidungen zu treffen, wann und wie und in welche ETFs z. B. zu investieren ist. Allein schon dieser Umstand zwingt zu einer ausgelagerten Asset-Allokation-Entscheidung wie beim DJE Managed Depot. Das Provisionsverbot wird weiterhin in Wellenbewegungen an die Branche herangetragen. AfW und BVI versuchen ihr Mögliches, um das Provisionsverbot abzuwehren, aber warum nicht gleich mit einer nicht provisionsorientierten Variante einer Vermögensverwaltung dieses Thema eliminieren?
Das DJE Managed Depot nutzt die Möglichkeiten, dass der Berater als Tippgeber auftritt und im Sinne einer Qualitätsverbesserung als Berater seiner Kunden dafür einen Anteil aus der Vermögensverwaltergebühr erhält. Nach heutigen Maßstäben die perfekte Lösung.
Wie wird das Reporting für die Kunden in Ihrer Vermögensverwaltungslösung gestaltet und welche Rolle spielen Apps und digitale Schnittstellen dabei?
In der heutigen Zeit ist die mobile Kommunikation alles entscheidend und gewisse Reporting-Wege werden auch von MiFID vorgegeben. Wir werden sowohl bei unserer rein einzeltitelbasierten Vermögensverwaltung Solidvest als auch beim DJE Managed Depot diesen Anforderungen auf Kunden- und Vertriebspartnerseite gerecht.
Welche technischen oder regulatorischen Herausforderungen sehen Sie derzeit bei der Implementierung derartiger Lösungen und wie begegnen Sie diesen?
Wir sehen es immer wieder, dass die Herausforderungen insbesondere in den offenen Schnittstellen (APIs) liegen. Gute digitale Ideen lassen sich nur dann verwirklichen, wenn die Systemarchitektur der angebundenen Partner gegeben ist. Mit Investify haben wir einen exzellenten Technologiedienstleister gefunden, um unsere Ideen und die regulatorischen Anforderungen umzusetzen und unsere Vertriebspartner entsprechend regulatorisch zu entlasten.
Trägt Ihre Lösung auch etwas zur Kostenoptimierung bei, sowohl für die Kunden als auch für die Berater?
Dadurch, dass wir zukünftig auch planen, unser heutiges Modell des DJE Managed Depots um Einzeltitel zu ergänzen, kommt es zwangsläufig zu einer visiblen Reduzierung der Gesamtkostenquote. Das derzeitige Modell erreicht diesen Effekt primär über ETFs, die aber natürlich teurer sind als direkte Investitionen in Aktien und Renten.
Wo sehen Sie die Vermögensverwaltung in fünf bis zehn Jahren, und welche weiteren Innovationen erwarten Sie in der Branche?
Die Branche wird sich weiter digitalisieren, es werden auch KI-Modelle in der Vermögensverwaltung ihren Platz finden. Aber bis bei KI wirklich Mehrwerte erzielt werden, wird es noch eine Weile dauern. DJE ist mit seinem Investment-Ansatz, der Fundamental-Monetär-Markttechnik-Methodik sowie der Kombination aus qualitativen (Top-down und Bottom-up) wie quantitativen Elementen gut aufgestellt. Ab 2027 erwarten wir mit Open Finance (FIDA) durchaus eine Erhöhung des Wettbewerbs auch durch Anbieter aus dem Non-Financial-Bereich wie Amazon, Google etc. Dann braucht es eine enge Phalanx zwischen Beratern, Pools, Versicherern etc. und Fondsmanagern wie uns, um dem erfolgreich begegnen zu können. Gegebenenfalls wird sich auch die Produktbreite zwangsläufig erhöhen. Eine spannende Branche, nicht wahr?
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 12/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Thorsten Schrieber, DJE Kapital
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