Schlussfolgerungen für die Beratungs- und Dokumentationspraxis
Aus der Entscheidung des BGH lassen sich wichtige Schlussfolgerungen für die Beratungs- und Dokumentationspraxis ableiten. Nach wie vor werden die meisten Versicherungsvermittler von der Unsicherheit begleitet, wie eine „richtige“ Beratungsdokumentation auszusehen hat. Die gesetzliche Vorgabe ist umständlich formuliert und enthält zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe. Gemäß § 61 VVG muss jede Dokumentation die Elemente Befragung, Beratung, Angabe der Gründe für jeden Rat enthalten. Das Gesetz verhält sich aber nicht darüber, wie und was der Vermittler fragen, beraten und begründen muss. Dies ist von der individuellen Situation abhängig. Insoweit eröffnet sich dem Vermittler ein von fachlichen Kriterien begleiteter Ermessensspielraum, seine Befragung und Beratung der individuellen Situation anzupassen. Insoweit verbieten sich vorgefertigte Beratungsdokumentationen mit Kästchen zum Ankreuzen, die ebenso wenig Rückschlüsse auf die individuelle Beratung zulassen wie schlichte, aber inhaltsleere Dokumentationen. Idealiter gibt die Beratungsdokumentation eine Beratung so wieder, dass sich ein Dritter einen Überblick über den Ablauf der Beratung verschaffen kann.
Eine gute Beratungsdokumentation entlarvt aber auch Beratungsfehler. Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, eine gute Beratungsdokumentation schütze vor Haftung. Vor Haftung schützt nur eine kundengerechte Beratung. Die Beratungsdokumentation sorgt dafür, die kundengerechte Beratung im Streitfall zu belegen. In einem Gerichtsverfahren ist es ex post natürlich „leichter“ zu erkennen, was man in der streitbefangenen Beratung möglicherweise besser gemacht hätte bzw. wie eine „richtige“ Beratung ausgesehen hätte. Es ist also für Versicherungsvermittler wichtig, dies zu antizipieren. Das bedeutet, die wesentlichen Beratungselemente im Vorfeld zu durchdenken und dabei die wichtigsten Punkte zu identifizieren, in der Beratung anzusprechen und zu dokumentieren. Auch und gerade bei Umdeckungen.
Über Hans-Ludger Sandkühler
Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2023, S. 76 f., und in unserem ePaper.
Bild: © Daniel Berkmann – stock.adobe.com
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