Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler
Versicherer gehen nicht pleite, so ein gerne bemühtes Klischee. Aber das gehört in die Rubrik „es war einmal“. Die Fakten: Der ehemals drittgrößte Versicherer, Gerling, stand bereits 2003 kurz vor der Pleite. Die Turbulenzen um die Mannheimer Leben führten ebenfalls 2003 zur Gründung von Protektor. Die AIG konnte 2009 nur mithilfe der US-Regierung in Höhe von mehr als 180 Mrd. US-Dollar vor der Pleite gerettet werden. Und nun: Cogitanda, Element, FWU sind insolvent. Die üblichen Verdächtigen reflektieren erwartungsgemäß als Erstes das Thema Maklerhaftung. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob und wie Makler die Finanzstärke von Versicherern beurteilen können oder müssen.
Versicherungsmakler sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihrem Rat an den Versicherungsnehmer eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zugrunde zu legen, sodass sie nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abgeben können, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 VVG). Dazu ist eine objektive, ausgewogene Marktuntersuchung erforderlich.
Objektive, ausgewogene Marktuntersuchung
Welche Anforderungen im Einzelnen an die Durchführung und Intensität der objektiven, ausgewogenen Marktuntersuchung bestehen, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach den Marktverhältnissen in dem Versicherungsbereich, in dem der Makler für seinen Kunden tätig wird. Im überwiegend standardisierten Breitengeschäft wird es als ausreichend angesehen, wenn regelmäßige Marktuntersuchungen durchgeführt werden, die nicht für jeden einzelnen Kunden wiederholt werden.
Ist dagegen abzusehen, dass Versicherer die Deckung für den nachgefragten Versicherungsschutz individuell tarifieren, wird der Makler eine Ausschreibung nicht vermeiden können. Maßgeblich kommt es aber darauf an, dass es dem Makler gelingt, dem Kunden einen sachgerechten, individuell passenden Versicherungsschutz zu verschaffen. Das ist für Makler im Grunde genommen nichts Neues; der BGH hat schon in der Sachwalterentscheidung von 1985 eine derartige Verpflichtung des Versicherungsmaklers gesehen.
Risikoanalyse und Auswahlkriterien
Damit der zu vermittelnde Versicherungsschutz auf den individuellen Bedarf des Kunden zugeschnitten werden kann, muss der Makler vor der Marktuntersuchung zunächst die Kundenrisiken erfassen und analysieren. Bei der anschließenden Marktuntersuchung geht es darum, für die vorgefundenen Risiken passende Versicherungsverträge auszuwählen. Dabei stellt sich die Frage, welche (fachlichen) Kriterien der Makler bei der Auswahl von Versicherern und Versicherungsverträgen berücksichtigen muss, damit der Versicherungsschutz „passt“. In Betracht kommen unter anderem etwa Finanzstärke, Bedingungen, Preis, Antragsgestaltung, Tarifmerkmale, Schadenregulierung und Service.
Notwendigkeit externer Informationen
Während die Beurteilung und Auswahl angemessener Versicherungsbedingungen, Tarife und Preise für das Kundenrisiko sowie die Einschätzung der Servicefähigkeit der Versicherer von jeher zu den Kernkompetenzen der Versicherungsmakler zählt, ist die Beurteilung insbesondere der Finanzstärke von Versicherungsunternehmen von den meisten Maklern ohne externe Informationen in der Regel nicht zu leisten. Gleichzeitig trifft der Makler hierbei auf ein reichhaltiges Angebot.
Seite 1 Die Bedeutung von Ratings für Makler
Seite 2 Ratings, Gütesiegel & Co.
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