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22. November 2022
17 Ziele für eine nachhaltige Welt – und für die Kundenansprache
17 Ziele für eine nachhaltige Welt – und für die Kundenansprache

17 Ziele für eine nachhaltige Welt – und für die Kundenansprache

Was hilft in der Beratungspraxis, wenn Kunden kein oder lediglich geringes Vorwissen beim Thema Nachhaltigkeit mitbringen? Die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN können eine Unterstützung bei der Kundenansprache darstellen. Doch um welche Ziele handelt es sich genau und wie sind sie entstanden?

Ein Artikel von Dr. Alexander Ströhl, AssCompact

„Wollen Sie nachhaltig investieren?“ So oder so ähnlich könnte eine der ersten Fragen im Beratungsgespräch über Versicherungsanlageprodukte lauten. Denn seit August 2022 gilt für Makler bei der Vermittlung dieser Vorsorgelösungen die Pflicht, die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kundschaft abzufragen. Interessiert sich der Kunde zum Beispiel für eine fondsgebundene Lebensversicherung, hat ihn der Vermittler zu fragen, ob er sich auch für ein nachhaltiges Produkt interessieren könnte und – falls ja – dann dem Kunden entsprechend seiner individuellen Nachhaltigkeitspräferenz ein passendes Angebot zu machen.

Mit der Einführung dieser Abfragepflicht, die übrigens in der gesamten Europäischen Union gilt, soll nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers die Mobilisierung von privatem Kapital in nachhaltige Investments forciert werden. Mark Branson, Chef der Aufsichtsbehörde BaFin, hält diese Abfragepflicht daher für einen Gamechanger der Nachhaltigkeitswende.

Nachhaltigkeitsziele für Kundenansprache in der Beratungspraxis

Zu Beginn des Beratungsgesprächs geht es also darum herauszufinden, welche Vorstellung der Kunde von Nachhaltigkeit hat – denn Nachhaltigkeit ist kein geschützter und ausdefinierter Begriff, sondern eine individuelle Einstellung und Wertehaltung. Erkennbar wird diese Einstellung durch den Stellenwert von Nachhaltigkeit für den Kunden, im Detail aber durch die Bedeutung, die er einzelnen Aspekten davon beimisst.

Doch was soll eigentlich in der Beratungspraxis geschehen, wenn die Kundschaft selbst kein oder nur ein sehr ungenaues Vorwissen beim Thema Nachhaltigkeit mitbringt? An diesem Punkt im Beratungsgespräch ist es sinnvoll, der Kundschaft anhand der 17 Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung einen Überblick über die unterschiedlichen Facetten von Nachhaltigkeit zu verschaffen. Doch worum handelt es sich bei den Nachhaltigkeitszielen überhaupt und wie lautet ihre Entstehungsgeschichte?

Viele Millenniums-Entwicklungsziele blieben unerreicht

Angesichts der gravierenden Entwicklungsrückstände in den Entwicklungsländern der Erde verständigten sich die Vereinten Nationen (UN), die Weltbank sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) unter Moderation des UN-Generalsekretärs Kofi Annan in der sogenannten Millenniumserklärung vom 09.09.2000 auf acht Millennium-Entwicklungsziele. Bis 2015 sollten in den unterentwickelten Ländern unter anderem extreme Armut, Hunger, Kindersterblichkeit, HIV und Malaria bekämpft, Primärschulbildung für alle und die Gleichstellung der Geschlechter erreicht werden. Auch das Ziel einer ökologischen Nachhaltigkeit zum Beispiel durch die Eindämmung des Ressourcenverbrauchs, die Bewahrung der Biodiversität und die Halbierung des Anteils der Menschen ohne dauerhaft gesicherten Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser wurde damals bereits formell in den Menschheitszielen verankert.

Als 2015 bei den UN Bilanz gezogen wurde, waren allerdings nur drei von acht Millennium-Entwicklungszielen flächendeckend erreicht. Beispielsweise lebten noch immer viele Hundert Millionen Menschen in extremer Armut, besuchten etwa 50 Millionen Kinder im Grundschulalter keine Schule oder nutzten nur etwas mehr als 40% der Weltbevölkerung das Internet.

17 Ziele sollen es nun richten

Wie sollte es jetzt also angesichts der weiterhin großen Entwicklungsunterschiede zwischen den Regionen der Welt weitergehen? Welche Vorgaben sollten die Menschen und Staaten in den kommenden 15 Jahren anspornen, sich weiter für eine gerechte, lebenswerte und klimafreundliche Welt einzusetzen?

An dieser Stelle kommen nun die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung ins Spiel. Denn bei der UN-General­versammlung in New York am 25.09.2015 haben sich 193 Staaten in langwierigen und komplizierten Verhandlungen auf 17 Ziele geeinigt, die wiederum 169 Unterziele beinhalten. Diese Ziele heißen „Nachhaltige Entwicklungsziele“ oder „Sustainable Development Goals“ (SDGs) und treten nun an die Stelle der Millennium-Entwicklungsziele. Diese Ziele sollen die Welt bis zum Jahr 2030 nachhaltig gestalten. Dieser Vereinbarung vorangegangen waren Vorschläge einer 30-köpfigen Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern der UN-Mitgliedsstaaten zusammengesetzt hatte.

Das Besondere an den SDGs: Die vereinbarten Zielvorgaben gehen weit über die Millenniumsziele hinaus. Während diese hauptsächlich noch Vorgaben für die Länder des globalen Südens machten, richten sich die universellen SDGs an alle Staaten. Denn ein Leben in Würde ist für künftige Generationen nur möglich, wenn sich Konsumverhalten und Lebensstil auch in den Industrie- und Schwellenländern ändern. Im Kern verbinden die SDGs die soziale, ökologische und ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit. Damit verknüpfen sie die Bekämpfung von Armut mit dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Denn sozialer Fortschritt in allen Weltregionen ist ohne die Berücksichtigung der planetarischen Grenzen nicht dauerhaft möglich.

Die Ziele im Überblick
17 Ziele für eine nachhaltige Welt – und für die Kundenansprache

Die Grafik zeigt die 17 Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung.

Doch auf welche Ziele hat sich die Weltgemeinschaft nun 2015 geeinigt? Ziel Nummer eins ist die Beseitigung von Armut, gefolgt von der Bekämpfung von Hunger und der Verbesserung von Gesundheit und Wohlergehen. Erstaunlich ist, dass umweltbezogene Aspekte im Vergleich zu den sozialen Zielen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Während sich konkret auf Umweltthemen drei Ziele fokussieren – Maßnahmen zum Klimaschutz, Leben unter Wasser und Leben über Wasser –, sind es bei den sozialen Aspekten ganze acht Ziele. Auf die Wirtschaft bezogen haben es zwei Ziele auf die Agenda der Vereinten Nationen geschafft: menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum sowie Industrie, Innovation und Infrastruktur. Insgesamt eignen sich die 17 SDGs damit bei Kunden mit wenig Vorwissen rund um das Thema Nachhaltigkeit, die individuelle Einstellung des Kunden strukturiert und kategoriengeleitet zu ermitteln – und auch die deutschen Versicherer bekennen sich laut Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) zu den SDGs der Vereinten Nationen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2022, S. 96 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Olivier Le Moal – stock.adobe.com; Grafik Quelle: Vereinte Nationen 2022