Deutschlands Sachversicherer bewegen sich in einem gesättigten Markt und liefern sich einen harten Preiswettbewerb. In solch einer Situation sollten die Unternehmen laut Bain & Company vor allem ihre Bestandskunden langfristig binden. Schließlich ist der wirtschaftliche Wert besonders loyaler Versicherungsnehmer laut dem „Deutschen Versicherungsreport 2014“ der Managementberatung siebenmal höher als der von Kritikern und viermal höher als der von neutralen Kunden. Dennoch verlieren einige Sachversicherer die Kundenbedürfnisse offenbar vermehrt aus dem Blick oder nehmen sie nach wie vor nicht ernst genug. Bei den 10.000 befragten Versicherungskunden in Deutschland hielten sich begeisterte und kritische Kunden daher gerade einmal die Waage.
Empfehlungsbereitschaft nur knapp im positiven Bereich
Der Net Promoter Score (NPS), der aus der Frage resultiert, wie wahrscheinlich Kunden ihre Versicherung einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen würden, lag bei den deutschen Sachversicherern mit 1% nur noch minimal im positiven Bereich. Die Versicherten differenzieren dabei sehr genau zwischen einzelnen Anbietern. HUK Coburg und HUK24 gelingt es etwa den Studienergebnissen zufolge, mit einem klaren Leistungsversprechen und einer durchgängig guten Leistung zu begeistern. Generell schneiden Versicherungsvereine der Studie zufolge in der Gunst der Kunden überdurchschnittlich ab. Ihr NPS übersteigt mit 15% den Durchschnittswert der Branche deutlich. Multinationale Konzerne erhalten von ihren Kunden lediglich einen NPS von -10%.
Wer die Kunden kontaktiert, profitiert
Ein gelungener Dialog erhöhe die Loyalität wie kein zweiter Faktor. Bei mindestens einem Kontakt in den vergangenen zwölf Monaten erreichten die Versicherer einen NPS von 12%, ohne Interaktion dagegen -13%. Wichtig seien vor allem eine schnelle und transparente Abwicklung sowie eine regelmäßige, serviceorientierte Kommunikation. „Wer hier punktet, legt die Basis für eine langfristige Kundenbeziehung“, erläutert Bain-Partner Dr. Henrik Naujoks, Leiter der Praxisgruppe für die Beratung von Finanzdienstleistern in Europa und Co-Autor der Studie. Auch andere gelungene Interaktionen fördern der Untersuchung zufolge die Loyalität – von einfachen Auskünften über das Beratungsgespräch bis hin zur Vertragsänderung.
Kommunikation auf mehreren Wegen
Der Kundendialog steht laut Bain & Company vor einer großen Herausforderung. In den kommenden drei bis fünf Jahren wird die Zahl der Nutzer digitaler Kanäle von knapp 50% auf rund 80% steigen. Die Mehrheit dieser Kunden möchte je nach Anlass selbst entscheiden, über welchen Kanal die Kontaktaufnahme erfolgt. Dabei erwarten sie, dass bei Online-Vertragsabschluss, sämtliche Daten zwischenzeitlich erfasst und hinterlegt sind. Das setze eine Verzahnung analoger und digitaler Angebote auf Basis einer Omnikanalstrategie voraus – und damit einen weitreichenden Umbau der IT. Die Versicherer müssten sich konsequent zu einer kundenzentrierten Organisation entwickeln. In der Studie wurden dafür vier wichtige Schritte identifiziert:
- Priorisierung der Kundensegmente und Geschäftsfelder
- Fokus auf entscheidende Kundeninteraktionen
- Kundenbindung durch innovative Produkte und herausragenden Service
- Beschleunigung der Digitalisierung des Geschäftsmodells
Der damit verbundene Aufwand lohne sich, da gerade die damit erreichten Kundengruppen vergleichsweise jung, einkommensstark und loyal sind. Ihr NPS liegt bei 19%. „Um Omnikanalfähigkeit zu erreichen, ist eine nachhaltige Transformation unerlässlich“, stellt Bain-Experte Naujoks fest. „Diese erfasst vom Vertrieb über die Preisgestaltung bis hin zur IT und dem Backoffice sämtliche Bereiche. Mit diesem Kraftakt tragen die Versicherungsunternehmen der Digitalisierung Rechnung. Zugleich steigern sie die Loyalität ihrer Kunden. „Und eine höhere Kundenloyalität“, ergänzt Naujoks, „verschafft ihnen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil in einem hart umkämpften Markt.“ (mh)
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