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29. April 2025
Unfallversicherung: Kein Anspruch ohne sicheren Kausalitätsnachweis
Unfallversicherung: Kein Anspruch ohne sicheren Kausalitätsnachweis

Unfallversicherung: Kein Anspruch ohne sicheren Kausalitätsnachweis

Nach einer Grippeschutzimpfung erlitt die an Multipler Sklerose erkrankte Ehefrau eines Versicherungsnehmers eine schwerwiegende Erkrankung mit bleibenden Folgen. Ob daraus ein Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung entsteht, entschied das OLG Düsseldorf.

In der privaten Unfallversicherung ist die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität ein zentrales Thema – denn die Versicherung zahlt nur dann Leistungen, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung (Invalidität) besteht. Dabei gelten besondere rechtliche und medizinische Anforderungen.

Die Frage, wann eine Kausalität zwischen Unfall und Invalidität vorliegt, beschäftigt auch immer wieder die Gerichte. So ging es bei einem Fall vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) darum, wer die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität beweisen musste und ob die Wahrscheinlichkeit der Kausalität bereits ausreichend war. Auf das Urteil weist aktuell die Kanzlei Jöhnke & Reichow in ihrem Newsletter hin.

Grippeimpfung, GBS und der Streit um den ursächlichen Zusammenhang

In dem Fall war die Ehefrau des Versicherungsnehmers seit 2005 an Multipler Sklerose erkrankt. Am 13.11.2017 erhielt sie eine Grippeschutzimpfung, woraufhin kurz später ein Guillain-Barré-Syndrom (GBS) diagnostiziert wurde. Aufgrund eines schweren Verlaufs musste sie intensivmedizinisch behandelt werden. Die Lähmungen besserten sich, dennoch blieben erhebliche Bewegungseinschränkungen zurück.

Am 18.01.2018 beantragte der Versicherungsnehmer Leistungen aus der Unfallversicherung. Mit Schreiben vom 01.06.2018 erkannte der Versicherer das Vorliegen eines Unfalls an und kündigte eine Auszahlung an, machte jedoch deutlich, dass Dauerhaftigkeit und Zusammenhang mit der Vorerkrankung noch zu prüfen seien.

Mit Schreiben vom 08.05.2019 bescheinigte die behandelnde Ärztin eine voraussichtlich dauerhafte Invalidität. Ein impfmedizinisches Gutachten vom 20.05.2020 hielt einen Kausalzusammenhang für wahrscheinlich, konnte diesen aber nicht sicher bestätigen. Weitere Privatgutachten konnten den Zusammenhang ebenfalls nicht sicher belegen. Da der Versicherer Leistungen verweigerte, klagte der Versicherungsnehmer vor dem Landgericht Kleve (LG). Die Klage wurde abgewiesen, der Versicherungsnehmer legte Berufung ein.

Urteil des OLG Düsseldorf: Wahrscheinlichkeit genügt nicht

Der Versicherer vertrat die Auffassung, dass keine Kausalität zwischen Unfall und Invalidität vorlag. Die Grippeimpfung sei nicht ursächlich für das GBS gewesen; vielmehr habe die Multiple Sklerose zu mindestens 80% mitgewirkt. Demgegenüber war der Versicherungsnehmer überzeugt, das GBS sei ausschließlich auf die Impfung zurückzuführen und stehe in keinem Zusammenhang mit der MS. Zudem sah er die Beweislast nicht bei sich, sondern beim Versicherer.

Das OLG Düsseldorf bestätigte die Entscheidung des LG Kleve: Ein Anspruch bestehe nicht, da der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Invalidität nicht hinreichend belegt sei.

Das Schreiben vom 01.06.2018 enthielt weder ein Schuldanerkenntnis noch ein Schuldversprechen. Es handelte sich lediglich um eine Absichtserklärung zum Unfallanerkenntnis, ohne verbindliche Zusage zu weiteren Anspruchsvoraussetzungen. Eine Beweislastumkehr trat daher nicht ein. Diese wäre nur bei einem echten Schuldanerkenntnis denkbar.

Zudem kam der Versicherungsnehmer seiner Beweislast nicht nach. Keines der vorgelegten Gutachten konnte den Kausalzusammenhang sicher bestätigen. Die im impfmedizinischen Gutachten geäußerte Wahrscheinlichkeit reichte für einen Leistungsanspruch nicht aus.

Fazit: Nur gesicherte Kausalität begründet Anspruch

Laut Kanzlei Jönke & Reichow zeigt das Urteil des OLG Düsseldorfs deutlich, dass nur die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität zwischen Unfall und Invalidität nicht ausreicht, um einen Anspruch aus der Unfallversicherung zu begründen. Sie rät Personen, denen Leistungen aus der Unfallversicherung verweigert werden, sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten und die genauen Umstände prüfen zu lassen. (bh)

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2024 - Az.: 13 U 108/23