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14. Oktober 2024
Zum Rücktrittsrecht bei Fondspolicen aus Liechtenstein
Zum Rücktrittsrecht bei Fondspolicen aus Liechtenstein

Zum Rücktrittsrecht bei Fondspolicen aus Liechtenstein

Fehlerhafte Belehrungen bei fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen aus Liechtenstein könnten für Versicherte ein Rücktrittsrecht bedeuten. Darüber haben kürzlich Verbraucherschützer informiert. Einige Versicherer sehen sich davon aber gar nicht betroffen.

Kürzlich informierte der Bund der Versicherten (BdV) über ein Rücktrittsrecht bei fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen Liechtensteiner Lebensversicherer im Falle einer fehlerhaften Belehrung und bot sich als Sparringspartner für Verbraucher an. Wegen Kursverlusten und hoher Kosten würde die Rendite derartiger Policen deutlich hinter den Erwartungen zurückliegen, teilweise lägen sie sogar unterhalb der eingezahlten Prämien, so der BdV. Dies könnte zu dem Wunsch nach einem Rücktritt führen. „Versicherte könnten ihre Verluste schmälern, indem sie von ihrem Vertrag zurücktreten, was unter gewissen Voraussetzungen möglich ist“, erläutert BdV-Vorstandssprecher Stephen Rehmke. „Eine komplette Rückabwicklung von schlecht performenden liechtensteinischen Fondspolicen ist auch für deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher möglich. Wir stehen ihnen dabei zur Seite und prüfen, ob ein Rücktrittsrecht besteht.“

Gegen Honorar klärt der Verbraucherschutzverein, ob ein Rücktritt vom Vertrag möglich ist und erläutert, wie ein solches Recht gegen die Versicherungsunternehmen nach Liechtensteiner Recht durchgesetzt werden kann. Bei einem Rechtsfall wird dann eine Liechtensteiner Anwaltskanzlei hinzugezogen. Über die Anzahl der betroffenen Verträge liegen keine Zahlen vor. Schätzungen gehen von Zehntausenden Verträgen aus. Vertrieben werden die Produkte in Deutschland über die üblichen Vertriebswege – also auch von Versicherungsmaklern und Bankberatern.

Erste Rechtsprechungen zugunsten von Versicherungsnehmern

Bereits im April hatte die Süddeusche Zeitung (Paywall) über Fälle im Zusammenhang mit der Swiss Life Liechtenstein berichtet. Dort hatte die Kanzlei Schwärzler Rechtsanwälte aus Liechtenstein Entscheidungen zugunsten der Versicherten erreichen können. Eine weitere Klage sei in Vorbereitung, teilt die Kanzlei auf Nachfrage mit. Viele Fälle würden aber auch verglichen. Bei den Fällen gehe es oft um Policen mit Einmaleinlagen, teilweise werden aber auch über Jahre hinweg Einzahlungen getätigt. Die Policensummen reichen von 30.000 Euro bis zu mehreren Millionen Euro.

Rücktrittsrecht für ältere Policen bleibt

Zwischen den Versicherungsunternehmen gebe es große Unterschiede und es seien Versicherungsnehmer auch korrekt über ihre Rücktrittsrechte belehrt worden. Nach Ansicht der Kanzlei sind diese aber in der Minderheit. Viele Versicherer haben mittlerweile ihre AVB angepasst. Bei älteren Policen könne sich der Versicherte aber auf das Rücktrittsrecht berufen.

„In den Jahren 2010 bis 2016 gab es eine erste große Welle schadenersatzrechtlicher Zivilverfahren gegen liechtensteinische Versicherungen, deren Produkte schlecht performt hatten und mit extrem hohen Kosten belastet waren. Viele Versicherungsnehmer verpassten damals jedoch die Gelegenheit, Klage einzureichen, da unter anderem die Verjährungsfristen bereits abgelaufen waren. Das Rücktrittsrecht bietet diesen und anderen geschädigten Versicherungsnehmern nun die Möglichkeit, den erlittenen Schaden auch nach vielen Jahren noch geltend zu machen. Dies gilt sogar dann, wenn die Police bereits beendet wurde“, so Rechtsanwalt Martin Hermann, Partner der Kanzlei Schwärzler.

Mehrere Versicherer ohne einzige Rückabwicklungen

Während es also bei Swiss Life Liechtenstein bereits Geld für Versicherungsnehmer zurückgab, erläutern andere Versicherer, keinen einzigen Fall in ihrem Haus zu haben. Das gilt für Prisma Life als auch für Liechtenstein Life. Von der Liechtenstein Life heißt es gegenüber AssCompact: "In unserer gesamten Unternehmensgeschichte wurde noch nie eine Widerrufsbelehrung oder Rücktrittsbelehrung im Zusammenhang mit einer Police von Liechtenstein Life durch ein Gericht beanstandet. In keinem Fall kam es zu einer Rückabwicklung aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung.“ Man biete den Kunden ein Höchstmaß an Transparenz und die Produkte würden bezüglich der vorvertraglichen Informationspflichten stets die Bestimmungen des Europäischen Wirtschaftsraums sowie die Vorgaben aller Zielmärkte bezüglich der vorvertraglichen Informationspflichten erfüllen.

Bei Rückabwicklung eingezahlte Beiträge plus Zinsen zurück

Wie der BdV erklärt, gibt es im liechtensteinischen Recht bei einem Rücktritt zwei Varianten: Den Rücktritt wegen Informationsdefiziten und ein zusätzliches voraussetzungsloses Rücktrittsrecht nur bei Lebensversicherungen. Beide Rücktrittsrechte können bei fehlerhafter Belehrung noch Jahre nach Kündigung und Ablauf der jeweiligen Frist geltend gemacht werden. Nach aktueller Rechtslage in Liechtenstein würden die Versicherten bei einer Rückabwicklung ihre eingezahlten Beiträge zurückbekommen zuzüglich 5% Zinsen für die letzten drei Jahre. Betroffen seien alle Fondspolicen ab 01.01.2002 verschiedener Liechtensteiner Lebensversicherer. (bh)

 

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