Die zu hohe Inflation hatte nun lange einen starken Grip auf die Gesellschaft und die Geldpolitik. Doch zunehmend geht der so in den Mittelpunkt geratene Prozentwert mittlerweile auch im Euroraum wieder auf die angestrebten 2% p. a. zu – und in den USA verweilt er bereits seit Juni 2023 immerhin zwischen 3% und 4%.
Bei wirtschaftlich Bewanderten kommt dann recht schnell die Frage auf, wann die Notenbanken denn die ersten Zinssenkungen in Angriff nehmen – oder zumindest, ob der Zinsgipfel erreicht ist. Und genau das deutete der Chef der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed), Jerome Powell, am vergangenen Freitag in einer Rede in Atlanta an, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Man könne sich nun angesichts der im Kampf gegen die Inflation schnell erreichten Fortschritte „vorsichtig vortasten“. Es sei zwar zu früh, über Zinssenkungen nachzudenken und die Fed würde ihre Politik bei Bedarf auch weiter verschärfen, doch die Geldpolitik sei aktuell ohnehin schon restriktiv.
Hoffnung auf Zinssenkung schürt Goldrallye
Wenig Worte, viel Effekt: Derartige Aussagen des Fed-Chefs hinterlassen ihre Spuren am Markt. Bereits seit Oktober spekuliert man auf sinkende Leitzinsen, insbesondere in den USA, wodurch vor allem die Goldpreise immer weiter in die Höhe getrieben werden – und zwar bis zum Rekordniveau, wie das Wochenende zeigte. In der Nacht zum Montag erreichte die Feinunze Gold (31,1 g) auch in Euro ihren bisherigen Rekord von 1.965 Euro.
Die Hintergründe dafür dürften mehrschichtig sein. Zum einen wird ein Nachteil zum Vorteil, denn das güldene Investment wirft keine laufenden Erträge ab, im Gegensatz zu festverzinslichen Wertpapieren. Diese aber sind attraktiver, solange die Zinsen bzw. Zinserwartungen hoch bleiben. Stehen perspektivisch Zinssenkungen an, dann wird der Mangel laufender Erträge weniger relevant. Zum anderen würden niedrigere Leitzinsen eine Schwächung des US-Dollars bedeuten, was die Goldnachfrage weiter anheben dürfte.
Außerdem wird das Aurum nach wie vor von vielen als ein „sicherer Hafen in unruhigen Zeiten“ gehandelt, was in den aktuellen, von geopolitischen Risiken geprägten Zeiten den Goldpreis weiter in die Höhe treiben dürfte.
Experten sehen Goldrallye skeptisch
Die Stimmung in der Finanzbranche sieht den Run auf Gold allerdings nicht ausschließlich als sinnvoll an. „tagesschau.de“ zitiert Sören Hettler, Marktbeobachter bei der DZ Bank damit, dass der sinkende Preisdruck für das unverzinste Gold zwar eine positive Nachricht sei, „die aktuell kursierenden Spekulationen zugunsten zeitnaher US-Leitzinssenkungen“ allerdings überzogen seien. Für den Goldpreis erwarte Hettler daher zunehmenden Gegenwind für den Goldpreis in den nächsten Wochen.
Ähnlich sieht es laut „tagesschau.de“ auch Barbara Lamprecht, Rohstoffexpertin bei der Commerzbank. Die Erwartungen von Fed-Zinssenkungen um 0,5 Prozentpunkte bis Jahresmitte 2024 dürften ihrer Ansicht nach enttäuscht werden, weswegen sie auch mit einer Korrektur am Goldmarkt rechne. (mki)
Bild: © Olivier Le Moal – stock.adobe.com
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