Interview mit Nadja Schiller, Finanzberaterin Finanzideen Berlin sowie Mitglied bei ökofinanz-21, und Dr. Marcel Malmendier, Finanzberater und Geschäftsführer Qualitates sowie Vorstandsmitglied bei ökofinanz-21, einem bundesweiten Netzwerk von nachhaltigen Beratern
Frau Schiller, Sie beraten Kunden bei der Entwicklung einer persönlichen Anlagestrategie, die nachhaltigen Kriterien entspricht. Was bedeutet für Sie das Thema Nachhaltigkeit?
Nadja Schiller: Nachhaltigkeit bedeutet für mich sowohl einen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen als auch ein ehrliches und faires Miteinander im beruflichen wie im privaten Bereich. Für Investments heißt dies, dass in jede Empfehlung eine Reihe von Nachhaltigkeitskriterien eingehen. Research in diesem Bereich ist in meiner Arbeit zentral. Für meine Beratung bedeutet das unter anderem einen ganzheitlichen Blick auf die Situation und Wünsche meiner Mandanten und eine langfristig vertrauensvolle Geschäftsbeziehung.
Das Interesse an nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten steigt. Schlägt sich das auch schon in Ihrem Beratungsalltag nieder?
Nadja Schiller: Die Berücksichtigung individueller Wertvorstellungen und nachhaltiger Anlagekriterien gehört seit dem Beginn meiner selbstständigen Tätigkeit vor gut fünfzehn Jahren zu meinem Beratungsalltag. Das spricht sich herum und deshalb fragt der Großteil der neuen Mandanten gezielt nach nachhaltigen Finanz- und Versicherungslösungen. Darüber hinaus beobachte ich bei den Verbrauchern ein zunehmendes Bewusstsein über die eigenen Werte und die Auswirkungen ihrer finanziellen Entscheidungen.
Wie setzt sich denn Ihr Kundenstamm zusammen?
Nadja Schiller: Zu meinen Kunden gehören überwiegend Privatkunden. Es sind überwiegend gut ausgebildete, informierte und anspruchsvolle Menschen auf der Suche nach einer ganzheitlichen Beratung und einem umfassenden Blick auf ihre finanzielle und Versorgungssituation.
Herr Malmendier, wird das Thema Nachhaltigkeit angesichts der Corona-Krise noch wichtiger? Und wie nehmen Sie die Entwicklung innerhalb Ihres Netzwerks wahr?
Marcel Malmendier: Diesen Zusammenhang kann man teils bereits beobachten, teils erahnen. Zunächst ist diese globale Krise Folge des Eindringens der Menschen in die Lebensräume anderer Spezies. In vielen solchen Fällen sind die Folgen schleichend. Diesmal hat das expansive menschliche Verhalten unmittelbar spürbare Auswirkungen, die gleichzeitig unsere Lebensweise, Gesundheit und Ökonomie hart treffen. Damit wird der Zusammenhang zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialen wie ethischen Fragen, der seit den Anfängen des Club of Rome die zentrale Idee hinter dem Begriff der Nachhaltigkeit ist, für jeden unmittelbar erlebbar. Und dies geschieht, wenn auch mit erheblichen sozialen Unterschieden, global über alle regionalen und politischen Grenzen hinaus.
Die Corona-Krise ist ein Brennglas, das den Menschen ihre Achillesferse zeigt, die mit ihrem eigenen Verhalten verbunden ist. Und sie zeigt, dass wir als Weltgesellschaft reagieren können. Eine solche kollektive Erfahrung wird die Umsteuerung auf Nachhaltigkeit in jedem Fall pushen. Wir werden das auch in unserer Branche sehen. Und schließlich ein Wort zum Finanzsystem: Schuldenkrise, Oligopolisierung und große spekulative Volumen an Finanzkapital sind kein Ausweis von Nachhaltigkeit. Da ist entschiedenes Gegensteuern gefragt, das sicherlich aus dem politischen System initiiert werden muss. Nachhaltige Investitionskriterien werden es in diesen Themenbereichen nicht richten.
Seite 1 „Berater sollten sich ernsthaft mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen“
Seite 2 Die EU hat einige regulatorische Maßnahmen auf den Weg gebracht, um sicherzustellen, dass das Thema Nachhaltigkeit auch in der Finanzberatung mehr berücksichtigt wird.
Seite 3 Worin liegt denn die größte Herausforderung in der Beratung rund um nachhaltige Finanz- und Versicherungsprodukte?
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