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24. Juli 2024
„Sehe Branche als spannend mit extremem Potenzial“

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„Sehe Branche als spannend mit extremem Potenzial“

Was würden Sie aus Ihrer Erfahrung denn als die größten Herausforderungen bei der Digitalisierung von Maklerbetrieben bezeichnen?

Die größten Herausforderungen sind die Menschen und die Bereitschaft bzw. Möglichkeit, Ressourcen zu investieren. Die Digitalisierung entwickelt sich schneller, als wir Menschen lernen können. Wir müssen in der Lage und gewillt sein, uns an die Geschwindigkeit der Entwicklungen an sinnvollen Stellen anzupassen und an allen anderen gelassener zu werden. Wenn die Menschen das Know-how und die notwendige Einstellung besitzen, wird der Wandel gelingen. Am Ende des Tages ist es nämlich (noch) der Mensch, der die Entscheidungen trifft und einen Großteil der Tätigkeiten ausführt oder zumindest anstoßen muss.

Außerdem geht mit der Digitalisierung in den Maklerhäusern eine zunehmende Abhängigkeit einher. Das halte ich für bedenklich, aber ich beobachte gespannt die Entwicklungen. Werden die Unternehmerinnen und Unternehmer sich dieser Abhängigkeit bewusst und sind sie bereit, Ressourcen für ihre unternehmerische Freiheit zu investieren? Die eigenen Geschäftsmodelle und das Unternehmen müssen flexibel bleiben und aufgrund des Tempos fluide gedacht und angelegt werden. Da können externe Dienstleister, Apps oder Tools, die z. B. komplette Prozesse vorgeben, zu einer Bremse werden.

Sie haben noch viele weitere Interessen und Talente. Einer Ihrer Schwerpunkte liegt aber auf betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) und Employer Branding. Für wie wichtig halten Sie diese Themen für die Versicherungsbranche, speziell Maklerhäuser?

Als Hochbegabte verfüge ich über Kapazitäten, mich mit vielen Themen tiefgehend auseinanderzusetzen. Mit BGM nimmst du direkten und auch langfristig einen positiven Einfluss auf das Leben der Menschen, mit denen du arbeitest. Mit Employer Branding redest du darüber und zeigst, was du machst. Beides sind Maßnahmen, die nicht direkt am nächsten Tag eine Wirkung zeigen. Dafür halten die positiven Wirkungen nachhaltig an.

Außerdem liegt der Altersdurchschnitt der Maklerbranche laut AfW-Vermittlerbarometer bei knapp 54 Jahren. Sie hat ein sehr schlechtes Image. Der Nachwuchs und die Fachkräfte fehlen. Für all diese Miseren sind BGM und Employer Branding ein Lösungsansatz. Deshalb halte ich diese beiden Themen für sehr wichtig. Und je gesünder, glücklicher und befähigter die Menschen durch dich bzw. dein Unternehmen werden, desto gesünder und besser wird dein Unternehmen, dessen Umfeld und damit auch die Leistungen, die du für deine Kunden bietest.

Es gibt tolle Versicherungsprodukte, die jedes Maklerhaus für sich und auch seine Kundinnen und Kunden einsetzen kann, um sowohl das BGM als auch das Employer Branding positiv zu gestalten.

Wie könnte die Branche bei diesen oder anderen Themen vielleicht auch ansetzen, um speziell das Berufsbild Makler zu verbessern und für junge Leute allgemein – und besonders für Frauen – attraktiver zu machen?

Da Frauen immer noch den Großteil der Care-Arbeit leisten, wäre der erste Ansatz, sich von dem Gedanken zu trennen, dass nur eine Vollzeitkraft eine vollwertige Arbeitskraft ist. Ob Mann oder Frau, Gen X, Y oder Z – alle Menschen können davon profitieren, wenn Jobs, egal auf welcher Hierarchiestufe, im Tandem möglich werden. Das Unternehmen profitiert davon extrem: Sofort (!) erhöht sich der potenzielle Bewerberpool um weitere 66% aller erwerbstätigen Mütter und 7% aller erwerbstätigen Väter, wie aus einer Destatis-Statistik hervorgeht. Die Kreativität, Innovationskraft und das Optimierungspotenzial bekommen einen Booster, da zwei Köpfe sich austauschen und gemeinsam an einer Sache arbeiten. Die Stelle ist nie unbesetzt, weil man sich im Urlaub gegenseitig vertritt. Und es gibt noch viele Gründe, die dafürsprechen.

Welchen Stand hat Ihrer Meinung nach denn die Diversität – als Teil der Nachhaltigkeit – aktuell in der Maklerschaft? Beschäftigen sich Maklerhäuser damit oder liegt der Fokus eher woanders?

Die Maklerbranche besteht aus einer homogenen Gruppe, deren Altersdurchschnitt wie gesagt bei knapp 54 Jahren liegt. Da hatte Diversität in den letzten Jahrzehnten offensichtlich keinen hohen Stellenwert. Das ist alles andere als nachhaltig. Gleichzeitig bietet das jetzt eine große Chance. Die Versicherungsbranche hat die Möglichkeit, Vorreiter in Sachen Diversität zu werden. Vielleicht muss sie es sogar, weil es vielleicht der einzige Weg ist, damit die Maklerschaft nicht kollabiert.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Andreas Bierwirth, ABmotion GmbH & Co. KG

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Ein Interview mit
Stefanie Weidner