Neben den Versicherern können sich Verbraucher beim Ombudsmann auch über Vermittler beschweren. In welchem Verhältnis befinden sich die Vermittlerbeschwerden im Vergleich zu den Unternehmensbeschwerden?
Wir haben traditionell deutlich weniger Vermittlerbeschwerden als Beschwerden gegen Unternehmen. Das liegt auch daran, dass dann, wenn Vermittlerhandeln in Rede steht, der Vermittler aber als Erfüllungsgehilfe eines Versicherers gehandelt hat, dem Unternehmen das Handeln des Vermittlers zuzurechnen ist. Deshalb führen wir solche Beschwerden als gegen das Unternehmen gerichtete, weil das für den Kunden günstiger ist. Denn zu seinen Gunsten können wir das Unternehmen verpflichten. Diese Möglichkeit haben wir gegenüber den Vermittlern nicht. Hier können wir nur Empfehlungen aussprechen. Mit anderen Worten: In den Beschwerden gegen Unternehmen stecken noch viele drin, die im Kern Vermittlerhandeln betreffen.
Worüber beklagen sich denn Verbraucher in ihren Vermittlerbeschwerden besonders häufig?
Oft geht es um behauptete oder wirkliche Beratungsfehler. Also um die Vermittlung nicht benötigten oder unpassenden Versicherungsschutzes.
In erster Linie handelt es sich beim Ombudsmann um eine Schlichtung zwischen Verbraucher und Versicherer. Inwiefern kann die Schlichtungsstelle Verbrauchern überhaupt bei Vermittlerbeschwerden weiterhelfen und wo liegen die Unterschiede im Vergleich zu den Versicherern?
Wie schon gesagt: Unsere Mitgliedsunternehmen haben uns die Befugnis eingeräumt, auch für sie bindend zu entscheiden. Die Vermittler sind zwar per Verordnung verpflichtet, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Wir können jedoch in der Sache nur mit guten Gründen für eine Abhilfe werben, einen Vergleich vorschlagen oder, wenn das Vermittlerhandeln in Ordnung war, dem Kunden die Gründe erläutern und hoffen, dass unsere unabhängige Prüfung Befriedungswirkung hat. Hat der Kunde recht, hält er mit unserer gutachtlichen Stellungnahme eine von Expertise getragene Hilfe in Händen. Das kann es ihm erleichtern, sich darüber klar zu werden, ob er den Klageweg beschreitet. Übrigens: Auch Vermittler sind bei Meinungsverschiedenheiten mit ihrem Kunden gut beraten, diesem den Vorschlag zu machen, die Sache durch den Ombudsmann beurteilen zu lassen.
Sie üben das Amt nun gut drei Jahre aus. Welche Erkenntnisse haben Sie in der Zeit beim Themenkomplex Verbraucherschutz in der Versicherungswirtschaft gewinnen können?
Es hat sich sehr viel getan in der Branche. Die Unternehmen haben durchweg ein effektives Kundenbeschwerdemanagement. Viele haben sich den Qualitätsstandards des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) verpflichtet.
Auch die Vermittler mit ihren Verbänden, die übrigens in unserem Beirat vertreten sind, legen großen Wert auf eine kundengerechte Beratung. Dennoch zeigen die Beschwerdezahlen, dass es einen Bedarf auch an Schlichtung gibt, an alternativer Streitbeilegung, die den Prinzipien folgt: schnell, sachkundig, kostenfrei für die Verbraucher. Das ist ein großartiges, effektives Modell.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 92 ff., und in unserem ePaper.
Bild: Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier, Versicherungsombudsmann e. V.
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