Interview mit Matthias Schmidt, Gründer und CEO, und Marcus Renziehausen, Chief Strategy Officer (CSO) der Kompass Group AG
Die Kompass Group AG hat in den vergangenen Monaten Bestände anderer Versicherungsmakler übernommen. Wie ist die Gruppe heute aufgestellt?
Matthias Schmidt Wir haben in den letzten zweieinhalb Jahren rund 15 Bestandsdeals durchgeführt und verschiedene Unternehmen erworben. Vom Einzelunternehmer mit 350 Kunden bis zur Aktiengesellschaft mit 17.500 Kunden ist die Spanne groß. Die so gewonnene Expertise spielen wir mit unserer heutigen Struktur erfolgreich aus. Wir haben aktuell 160 Berater deutschlandweit und agieren an vier Standorten. Wir fokussieren uns auf Privat- und Gewerbekunden und treiben derzeit in erster Linie unsere M&A-Plattform voran. Wir wollen Verkäufer und Käufer von Finanzdienstleistungsunternehmen zusammenbringen und setzen dabei auf Erfahrung und digitale Tools. Allein die Digitalisierung von Bestandsverträgen hebt schon große Potenziale. Die eigentliche Wertschöpfung entsteht aber, wenn gut ausgebildete Berater mit diesen digitalen Beständen zum Wohle der Versicherungsnehmer arbeiten. Wenn ein Finanzdienstleistungsunternehmen zu uns passt, kann es auch vorkommen, dass wir selbst als Käufer auftreten.
Wie läuft ein solcher Deal bei Ihnen ab? Und wie finanzieren Sie diese Übernahmen?
Marcus Renziehausen Auch wenn künstliche Intelligenz und digitale Werkzeuge bei unseren Prozessen bereits eine tragende Rolle spielen, steht am Anfang eines jeden Geschäfts das persönliche Gespräch mit dem Verkäufer. Wir wollen die Beweggründe für den Verkauf verstehen und auch erfahren, wie der Verkäufer seinen Bestand einschätzt. Anschließend machen wir eine detaillierte Due Diligence. Passen die Parameter, kaufen wir.
MS Die persönliche Komponente ist für unseren Prozess entscheidend, sowohl bei der Akquise potenzieller Übernahmeziele als auch bei der Finanzierung. Wir bekommen inzwischen wöchentlich fünf bis zehn potenzielle Transaktionen angeboten. Oft empfehlen uns Geschäftspartner weiter. Auch läuft die Finanzierung unserer Käufe in der Regel über Fremdkapitalgeber, die unserer Due Diligence und letztlich dem gesamten Geschäftsmodell vertrauen.
Darüber hinaus bieten Sie anderen Maklern Dienstleistungen an. Welche sind das?
MS Käufer und Verkäufer können sich auf unserer M&A-Plattform registrieren. Wir analysieren die Daten und bringen potenzielle Partner zusammen. Das Ziel ist es, dass Verkäufer echte Nachfolger in ihrer Region finden. Dank unseres bestehenden Netzwerks können wir diese Geschäfte auch finanzieren – wir arbeiten gemeinsam mit unserem Banken- und Investorennetzwerk daran, im Bereich der Finanzierung komplett neue Standards zu setzen. Eines unserer Ziele ist es, dass Käufer Zusagen im Optimalfall innerhalb nur eines Tages erhalten werden. Anschließend bieten wir Käufern eine moderne digitale Infrastruktur, um Kunden- und Vertriebsprozesse zu steuern und bilden Berater in unserer Academy aus. Im Fokus stehen dabei unternehmerisches Denken, Vertrieb und die richtige Strategie. Wir liefern alle Bausteine, um Umsätze zwischen 50.000 und 250.000 Euro zügig zu skalieren.
Beraten Sie denn andere Makler auch dahingehend, wie sie Bestände aufkaufen?
MR Ja, auch auf diesen Bereich legen wir einen Fokus. Aktuell sind wir mit unserer „10x Roadshow“ in sieben Städten bundesweit unterwegs. Wir geben dabei unsere Erfahrungen im Kauf von Beständen weiter und räumen mit Vorbehalten auf, die es bei vielen Beratern mit Blick auf Altbestände noch gibt. Wir sind überzeugt davon, dass der Kauf von Versicherungsbeständen große Potenziale birgt – gerade für Berater mit dem richtigen Rüstzeug.
Welche Tipps haben Sie an der Stelle?
MR Berater brauchen eine Strategie. Es geht darum, mit neuen Beständen zu arbeiten, sie zu digitalisieren und Informationen, die in den Beständen stecken, für den weiteren Vertriebserfolg zu nutzen. Im Zentrum jeder Strategie sollten allerdings die Versicherungsnehmer stehen. Wer gut berät und Mehrwert bietet, wird auch Erfolg haben.
Konsolidierung findet in allen Umsatzsegmenten der Maklerunternehmen statt. Ist es gerade das untere Segment, in dem noch viel passieren wird?
MS Ja. Der Bereich mit Umsätzen bis 100.000 Euro ist am stärksten vom Generationenwechsel in der Versicherungswirtschaft betroffen. Auch stecken in diesen Unternehmen oft noch große Potenziale. Wir denken dabei vor allem an die Digitalisierung und die zeitgemäße Betreuung von Kunden.
Wie schätzen Sie den Versicherungsmarkt grundsätzlich ein? Was sind die Trends der nächsten Jahre?
MS Wir haben heute rund 440 Millionen Versicherungsverträge in Deutschland. Zugleich stehen immer mehr Berater vor dem Ruhestand. Die entscheidende Entwicklung wird sein, dass diese Verträge in gute Hände kommen und sich Kunden auch in Zukunft bei Beratern gut aufgehoben fühlen. Damit das gelingt, müssen Berater neben der persönlichen Beratungsleistung, die weiter entscheidend bleibt, auch mit der Zeit gehen. Digitale Prozesse und eine zeitgemäße Nutzererfahrung gewinnen an Bedeutung. Auch die Themen IT- und Datensicherheit spielen in diesem Zusammenhang eine immer größere Rolle.
MR Wir sind fest davon überzeugt, dass Versicherungsverträge auch in zehn Jahren nicht überwiegend im Internet, sondern bei einem Berater abgeschlossen werden. Berater der Zukunft müssen sichtbar sein und ihren Expertenstatus selbstbewusst nach außen tragen. Die Welt wird immer komplizierter und Themen wie Absicherung gewinnen an Bedeutung. Berater, die Kunden mit individuellen Lösungen positiv überraschen können, werden auf Jahre gute Umsätze generieren.
Bild: © Kompass Group
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