Ein Interview mit Norman Wirth, Vorstand beim Bundesverband Finanzdienstleistung AfW
Herr Wirth, welche Bedeutung erlangen nachhaltige Geldanlagen gegenwärtig für Finanzberaterinnen und -berater im Vermittlungsgeschäft?
Im Moment nehmen nachhaltige Geldanlagen im Vermittlungsgeschäft noch keine allzu große Bedeutung ein, wobei wir wissen, dass die Nachfrage von Kundenseite wirklich erheblich zunimmt. Entsprechend unserem aktuellen Vermittler-Barometer – eine jährliche Umfrage mit diesmal über 2.000 teilgenommenen Vermittlerinnen und Vermittlern – verspüren die Befragten eine deutlich höhere Nachfrage nach nachhaltigen Geldanlagen als noch ein Jahr zuvor.
Wie ist denn die Einstellung beim Thema „Nachhaltige Geldanlagen“ unter den Vermittlerinnen und Vermittlern überhaupt?
Die Vermittlerschaft ist bei diesem Themenkomplex noch recht konservativ eingestellt. Den meisten muss das Thema Nachhaltigkeit noch aktiv nähergebracht werden. Ich habe den Eindruck, dass die Thematisierung im Vermittlerbetrieb eher vom Kunden und vom Gesetzgeber aus geht. Sicherlich, es gibt auch viele engagierte Finanzberaterinnen und -berater. Aber allgemein betrachtet ist es eher so, dass der Impuls für dieses Thema von außen kommen muss.
Welche Bedeutung hat die EU-Transparenzverordnung – auch jetzt schon – für den Vermittlerbetrieb und welche Serviceeinheiten, beispielsweise Website, sind davon betroffen?
Für den einzelnen Vermittler oder die einzelne Vermittlerin weist die EU-Transparenzverordnung, die nun seit März 2021 in Kraft ist, zunächst eine recht geringe Bedeutung auf. So ergaben sich daraus für sie nur wenige Pflichten und diese ließen sich auch relativ leicht umsetzen. Die Hauptinformationspflichten aus der Verordnung kann man auf der eigenen Website, sofern man eine hat, abbilden. Für diejenigen, die keine Website haben, gelten die meisten Informationspflichten aus der Transparenzverordnung nicht; der europäische Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass alle Vermittlerinnen und Vermittler eine eigene Website haben. Insgesamt fördert die Verordnung unter der Vermittlerschaft also eher das erste Kennenlernen mit dem komplexen Thema Nachhaltigkeit. Ich bezeichne sie daher regelmäßig als einen „kleinen Gruß aus der Küche“ des europäischen Gesetzgebers in Richtung Vermittlerschaft. Auf die Produktgeber dagegen, also die Versicherer, Banken und Investmentgesellschaften, hat die Verordnung indes einen ungleich höheren Einfluss.
Welche neuen Pflichten ergeben sich aus der Verordnung konkret?
Versicherungsmaklerinnen und -makler sind verpflichtet, den Kundinnen und Kunden bestimmte Informationen zu geben. Das muss, wenn vorhanden, auf der Website des Finanzberaters – so der Vermittleroberbegriff in der Verordnung – erfolgen, und das zudem mit den vorvertraglichen Informationen. Dabei geht es unter anderem um Fragen zur
- Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei der Vermittlung und Beratung und zur
- Einbeziehung von nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Anlage- oder Versicherungsberatung.
Klingt kompliziert, aber: Gemeinsam haben der AfW und sein Partnerverband VOTUM praxisnahe und leicht umsetzbare Hinweise und Formulierungsvorschläge zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten entwickelt. Viel wichtiger für den Beratungsalltag sind unterdessen die nach aktuellem Stand ab 02.08.2022 geltenden Änderungen bei IDD und MiFID II …
Seite 1 „Branche jongliert mit Begriffen, die noch keine Standards sind.“
Seite 2 … Sie sprechen hier die Ergänzung der Vertriebsrichtlinie IDD und der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit an …
Seite 3 Das erscheint tatsächlich nicht sinnvoll. Was macht der AfW dagegen?
Seite 4 Die Schwierigkeiten haben wir bereits oben thematisiert. Welche Vorteile ergeben sich denn für Finanzberaterinnen und -berater durch die EU-Regulierung?
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