Verpflichtende Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen
Was verlangt nun aber die Änderung in der Delegierten Verordnung zur IDD konkret von Beraterinnen und Beratern? Kunden müssen künftig nach ihren Präferenzen hinsichtlich eines Mindestanteils an nachhaltigen (gemäß Art. 9 Transparenzverordnung) und ökologisch nachhaltigen Investitionen (gemäß Art. 2 Nr. 17 Taxonomieverordnung) befragt werden.
Darüber hinaus gilt es, die individuelle Entscheidung zu berücksichtigen, ob die Investition nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt, wobei Art und Umfang durch die Kunden selbst zu definieren sind. Was dabei genau unter nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zu verstehen ist, wird in den technischen Regulierungsstandards zur Transparenzverordnung definiert, die voraussichtlich am 01.01.2023 in Kraft treten werden. Das sind beispielsweise der CO2-Fußabdruck, der Energieverbrauch und auch Kinderarbeit. Das klingt nicht nur komplex, sondern ist es auch. Aufgrund dieser schwer verständlichen Definition der Nachhaltigkeitspräferenzen, sind diese mit einer einfachen Fragenlogik nicht im geforderten Maße abbildbar.
Der bessere Weg besteht darin, das angebotene Anlageuniversum gemeinsam mit Kunden nach deren Vorlieben zu filtern und den Weg hin zu der gefundenen Lösung zu dokumentieren. Die Filterlogik muss sich dabei an den regulatorischen Anforderungen orientieren. Indem nicht durch eine komplexe Fragelogik alle Eventualitäten abgefragt werden (müssen) und anschließend kein passendes Finanzinstrument oder Versicherungsanlageprodukt angeboten werden kann, wird viel Frust verhindert. Für den bereits erwähnten AnlegerprofilFINDER des IVFP ist ein entsprechendes Update vorgesehen, um auch nach dem 02.08.2022 eine optimale Unterstützung bei der Ermittlung des passenden Versicherungsanlageproduktes zu gewährleisten.
Der Bedarf an einer derartigen Unterstützung dürfte aufgrund der neuen Anforderungen nie höher gewesen sein. Das gilt umso mehr, als es je nach empfohlenem Produkt notwendig sein kann, Kunden im Rahmen des Beratungsgesprächs besondere Hinweise zu geben und diese auch zu dokumentieren. Ein Beispiel dafür sind Produkte mit Garantien. Hier ist gegebenenfalls Kunden zu erläutern, dass für den Teil der Anlage, der für die Garantieerzeugung verwendet wird, keine Nachhaltigkeitspräferenzen berücksichtigt werden können, da dieser Teil im Sicherungsvermögen investiert ist. Eine automatisierte Lösung stellt dabei sicher, dass solche produktspezifischen Hinweise ausgegeben und dokumentiert werden.
Vertriebliche Chancen bei entsprechender Schulung
Die vorangegangene Beschreibung der komplexen Aspekte bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Beratung lässt erahnen, dass es in diesem Bereich einen gesteigerten Schulungsbedarf gibt. Einerseits gilt es, mögliche Fallstricke in der Beratungspraxis zu erkennen, andererseits bietet das Thema Nachhaltigkeit neben enormen vertrieblichen Chancen auch die Möglichkeit, die Reputation unserer Branchen zu steigern. Insbesondere das „Denken in langen Zeiträumen“ ist eng verbunden mit dem Nachhaltigkeitsbegriff – und wer könnte das besser vertreten als die Versicherungsbranche, deren Kernkompetenz (gerade im Vorsorgebereich) es schon immer war, Produkte und Dienstleistungen mit generationenübergreifendem Charakter zu entwickeln? Im Rahmen von Vorträgen und Seminaren schafft es die Akademie des IVFP, diese beiden Aspekte miteinander zu verbinden.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2022, S. 40 f., und in unserem ePaper.
Bild: © ETAJOE - stock.adobe.com
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