Ein Artikel von Prof. Dr. Martin Werding, Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen, Ruhr-Universität Bochum, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Die Renteneintritte der Babyboomer erzeugen in Deutschland in den nächsten 10 bis 15 Jahren einen massiven Alterungsschub. Mit einschneidenden Reformen hat sich die Rentenpolitik Ende der 1980er- und Anfang der 2000er-Jahre schrittweise auf diese seit Langem absehbare Herausforderung vorbereitet. 2018 setzte die damalige Große Koalition eine Kommission ein, die weitere Reformpläne für die nun anstehende Phase akuter demografischer Alterung erarbeiten sollte, aber keinen Konsens erreichte. Im Koalitionsvertrag für die jetzige Legislaturperiode hat sich die neue Bundesregierung von einer Fortsetzung des Reformkurses für die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) weitgehend abgewandt. Geplant sind jedoch Neuregelungen im Bereich der privaten Altersvorsorge sowie der betrieblichen Altersversorgung.
„Rentenpaket II“: Ein Schritt in die falsche Richtung
Die demografische Alterung setzt die Finanzen umlagefinanzierter Alterssicherungssysteme wie der GRV unter Druck. Mit den Reformen der Jahre 2001 bis 2007 wurde in Deutschland eine Reformstrategie eingeschlagen, bei der die daraus resultierenden Lasten zwischen den beteiligten Generationen geteilt werden. Ältere Versicherte sollten länger arbeiten und mit anhaltenden Dämpfungen der Anhebungen ihrer Renten leben. Jüngere Versicherte sollten verstärkt für eine ergänzende Altersvorsorge sparen und gleichzeitig langsam, aber sicher steigende Beitragssätze zur GRV zahlen. In der Folgezeit hat eine unerwartete Trendwende bei der Arbeitsmarktentwicklung in Verbindung mit stark gestiegener Zuwanderung den Anstieg der Beitragssätze zwar aufgehalten, für die Zukunft sind die Perspektiven diesbezüglich aber weiter ungünstig.
Trotzdem beendet das aktuell im Gesetzgebungsverfahren stehende „Rentenpaket II“ die bisher vorgesehene Lastenteilung. Die geplante Fixierung des Sicherungsniveaus gesetzlicher Renten und die bereits im Koalitionsvertrag festgehaltene Absage an weitere Anhebungen der Regelaltersgrenze, die bis 2031 auf 67 Jahre steigt, stellen ältere Versicherte von einer Beteiligung an den ab sofort stark steigenden Lasten der demografischen Alterung frei. Die Rechnung dafür wird einseitig den zukünftigen Beitragszahlern des Rentensystems sowie – wegen eines verstärkten Anstiegs des Bundeszuschusses zur GRV – zukünftigen Steuerzahlern auferlegt.
Seite 1 Wirtschaftsweiser Werding: Wohin steuert die Rentenpolitik?
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Leserkommentare
Comments
Weniger Beitragszahler, 40% mit Mindestlohn-unlösbar?
Jetzt haben wirklich alle die Lösung für lebenslange adäquate Renten, die Überzeugung der Verantwortlichen, Jahr für Jahr, seit vielen Jahren. Das stimmt bestenfalls für die Versicherer und Vermittler. Das ist so, wie wenn man ein schiefes Haus bei instabiler Bodenbeschaffenheit ungerührt weiterbaut, vielleicht abstützt, es wird alles nicht helfen, und garantiert irgendwann einstürzen.
Mit Renditen um 0%, nach allen Kosten, selbst bei 2% Inflation, mit dem Mantra-jetzt haben wir die Lösung für die eigenen Kunden, blockt man seelenruhig die Innovation für 9% Rendite. Vorerst für eine Gesellschaft mit Alleinstellung, innerhalb Jahresfrist von allen kopiert, weltweit einsetzbar, für wenige Cents. Wie lange will man den Bürgern, selbst bei 2% berechnet, reelle Altersversorgung noch vorenthalten? Beispiele:
€ 300,00 monatlich 47 Jahre erzielen aktuell bestenfalls 2%= € 280.903,63, bei 4% € 488.973,15. Über uns aber 9% € 2.685.637,92.
Ein Kindersparplan €100,00 monatlich 62 Jahre, bei 2% € 473.989,22. Bei 9% € 3.294.736,23!
Wenn das den Bürgern mal klar wird, sind auch die Arbeitsplätze aktueller Versicherungsmultis bedroht.
Ist der Ruf erstmal ruiniert……
Packen wir es gemeinsam, im Interesse aller Beteiligten an-JETZT! Seit 7 Jahren bereit
Wilfried Strassnig
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