Niedrigzinsen erschweren Altersvorsorge für Versicherte und Unternehmen
Aufgeschlüsselt auf die einzelnen Versicherungssparten veröffentlichte die DAV nun in „Aktuar aktuell“ vom Dezember 2021 folgende Zinsmindereinnahmen: In der Lebensversicherung summieren sich die Mindererträge auf mindestens 77,5 Mrd. Euro. Diese resultieren aus 25,6 Mrd. Euro bis 2020 und weiteren 52 Mrd. Euro aus den zu diesen niedrigen Zinssätzen bereits getätigten Kapitalanlagen in den kommenden neun Jahren; viel Geld, das für die Überschussbeteiligung und damit für die aufzubauenden Mittel der Altersvorsorge der Versicherten fehlt. Bei den Krankenversicherern belaufen sich die Mindereinnahmen auf etwa 15,6 Mrd. Euro. Im bAV-Bereich liegen nach DAV-Angaben nur sehr grobe Schätzungen über die Höhe und Verteilung der Kapitalanlagen vor. Allerdings ist auch hier von erheblichen Zinsverlusten auszugehen. Die DAV schlussfolgert daher: „Diese Zinsmindereinnahmen durch die EZB-Zinspolitik erschweren die Altersvorsorge der Bürgerinnen und Bürger. Im Bereich der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung belasten diese Mindereinnahmen zusätzlich die deutschen Unternehmer, wenn diese Leistungszusagen erteilt haben, deren Erfüllung aufgrund der ausbleibenden Zinserträge zusätzliche Finanzierungsbeiträge vonseiten der Unternehmen erfordert.“
Zinstief erzwingt höhere Zinszusatzreserve
Außerdem wirkt sich die Nullzinspolitik der EZB auch negativ auf die seit 2011 bestehende Zinszusatzreserve in der Lebensversicherung aus. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e.V. betrug diese Reserve Ende 2020 etwa 87 Mrd. Euro. Die DAV kommt in ihren Berechnungen nun zu dem Ergebnis, dass sich auf Basis konservativer Schätzungen diese Zinszusatzreserve ohne diese massiven geldpolitischen Maßnahmen nur auf etwa 61 Mrd. Euro beziffern würde. „Zur Absicherung der Zinsverpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern infolge der expansiven Geldpolitik der EZB ist die deutsche Lebensversicherungsbranche also gezwungen worden, etwa 26 Mrd. Euro mehr für die Zinszusatzreserve aufzubringen, als bei einer Zinsentwicklung ohne Markteingriffe der EZB notwendig gewesen wäre“, resümiert dazu die DAV.
Auch Versicherungsprodukte werden teurer
Abschließend ermittelte die DAV-Studie die Verteuerung von Versicherungsprodukten für Versicherte infolge des geldpolitischen Rahmens in der Eurozone. Nach den Berechnungen führt ein zinspolitisch bedingter Rückgang des Rechnungszinses um einen Prozentpunkt für einen heute 30-Jährigen zu einem Beitragsanstieg für eine Krankenvollversicherung von ca. 8%, für eine Risikolebensversicherung bis Alter 67 Jahre von etwa 9%, für eine Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherung bis Alter 67 Jahre von ca. 12% oder für eine Pflegeversicherung sogar von etwa 34%. Diese Preisanstiege gefährdeten nach DAV-Aussagen zunehmend eine nachhaltige private Vorsorge mit zusätzlichen Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland. Trotz dieser gesamtwirtschaftlich sicher berechtigten EZB-Zinspolitik ergeben sich also für Versicherer und Versicherte in Deutschland auch erhebliche nachteilige Effekte. (as)
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