Pragmatische Ansätze wagen
Altmaier plädiert dafür, das Problem pragmatisch anzugehen. Man müsse Brennstäbe nachbestellen, um im Falle einer andauernden Mangellage reagieren zu können. Man müsse mehr Gas fördern, aber eben auch mehr Windräder und Solarparks ans Netz nehmen. Die Regenerativen könnten das Problem zwar nicht zur Gänze lösen, aber jedes Windrad helfe und diejenigen, die sich gegen die Errichtung von weiteren Windkraftwerken wehren, sollten sich die Frage stellen, ob ein AKW in der Nachbarschaft die bessere Alternative wäre.
Hat sich Deutschland ohne Not von Russland abhängig gemacht?
Zum Ende des Gesprächs wagte Weimer dann doch noch die Offensive gegen den ehemaligen Bundesminister. Ihm sei es unverständlich, wie insbesondere nach der Annexion der Krim ernsthaft weiter an Nordstream 2 gebaut werden konnte. Man habe gewusst, wer Putin ist und zu was er fähig ist und habe sich dennoch ohne Not weiter in die Abhängigkeit vom russischen Gas begeben. Das gleiche geschehe im Moment mit dem Hamburger Hafen, der teilweise an China verkauft werde. Die Politik wiederhole die alten Fehler.
Das sieht Altmaier anders. Seiner Ansicht nach müsse sich die deutsche Gesellschaft entscheiden, ob man dem Markt in solchen Fällen freie Hand lassen solle oder ob man als Staat beherzt eingreife. Beim Roboterhersteller Kuka habe sich beispielsweise kein deutsches Unternehmen gefunden, das bereit gewesen wäre, ebenfalls ein ernsthaftes Übernahmeangebot zu unterbreiten. Schließlich ging das Augsburger Unternehmen an die Chinesen. Altmaier sagt, er habe sich auch offen für den Vorschlag gezeigt, das Unternehmen mit Staatsgeldern aufzukaufen und anschließend wieder zu privatisieren. Das sei jedoch von anderer Seite abgelehnt worden, die bei derartigen Eingriffen in den Markt Sozialismus wittert. Man müsse sich jedoch in dieser Hinsicht entscheiden: Markt oder Staat? Und mit den Konsequenzen dieser Entscheidung müsse man dann auch leben. (tku)
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